~Kp 22~

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Die Sonne, hinter Wolken verborgen, näherte sich langsam dem Horizont und nahm ihr helligkeitsspendendes Licht mit sich, ließ es immer weniger werden, um ihrem Gegenspieler dem Mond Platz zu machen. Wir hatten eine Mittagspause eingelegt und etwas von dem Proviant gegessen, bevor wir dann wieder Stundenlang weiter marschiert waren. Nach einiger Zeit kamen wir an den Fluss Ur, den wir dann leichter als gedacht überquert hatte und nun stapften wir in der schwindenden Sonne weiter durch den Wald. Zwar war schweigen und gehen immer noch das meiste was wir taten, so hatten ich und Dream doch ein paar unbedeutende Konversationen geführt. Alles nur distanzierte Gespräche von Fremden gewesen, doch es war besser, als die ganze Zeit in klemmender Stille zu wandern.

Mein ganzer Körper jedoch schwieg schon lange nicht mehr, sondern beschwerte sich andauernd bei mir über die unüblich viele Belastung und so wurde die Anzahl an Pausen, die wir wegen mir einlegen mussten immer größer. Nun ging es schon langsam Richtung Abend und die Frage, wo wir schlafen würden kam in meinem Kopf auf. Ich hatte noch nie eine Nacht unter freiem Himmel verbracht und freute mich nicht sonderlich darauf im Freien zu schlafen. Noch dazu in einem Wald, in dem lauter wilde Tiere lebten. Wie Dream schon festgestellt hatte, konnte ich mich gegen keinen Angreifer verteidigen, sondern wäre einfach nur leichte Beute. Doch bevor ich mich weiter in diesem Gedankenfaden verstricken konnte sprach Dream: "Hier werden wir unser Nachtlager aufbauen."

Ich blickte ihn verdutzt an. "Hier? Aber hier ist doch... gar nichts" Er schwang seinen Rucksack von den Schultern und setzte ihn auf den Boden ab bevor er antwortete: "Eben. Es ist perfekt zum Übernachten und wir sind schon weit genug für den ersten Tag gekommen" Er kniete sich hin und entnahm dem Rucksack die Decke, welche er dann auf dem Grasboden ausbreitete. Ich tat es ihm nach und fragte: "Wie viel haben wir denn noch vor uns?" Dream nahm ein Stück hartes Brot aus seinem Rucksack und begann diese zu verschlingen. "Ich schätze wir haben schon etwas mehr als die Hälfte geschafft. Eigentlich hatte ich erwartete, dass du langsamer bist und mehr Pausen brauchst." Ich entnahm ebenfalls ein Brot aus meinem Proviant und setze mich auf meine nun ausgebreitete Decke. Ich ignorierte Dreams beleidigenden Kommentar, denn ich war einfach nur froh darüber nicht mehr gehen zu müssen und endlich still zu sitzen, auch wenn ich etwas Angst vor der bevorstehenden Nacht hatte.

Ein erleichtertes Seufzen entfuhr mir, während die Stille des abendlichen Waldes uns umgab. In circa einer Stunde würde die Sonne komplett weg sein und diese nun eher gemütliche Stille in eine unheimliche verwandeln, bei der man jedes Geräusch mit einer Mischung aus Angst und Misstrauen vernehmen würde.

"Dream?" Ein durch einen vollen Mund erklingendes "Ja" ertönte von ihm und ich blickte ihn an. Er saß im Schneidersitz auf seiner Decke und kaute scheinbar genüsslich auf seinem harten Brot. "Brauchen wir nicht noch ein Feuer oder so, um die Tiere fernzuhalten?" Er stoppte mir dem Kauen und schüttelte ungläubig den Kopf. "Du hast noch nie im Freien übernachtete oder?"

"Nein, ich bin in einem Schloss aufgewachsen, schon vergessen?"

"In diesem Wald brauchen wir uns keine Sorgen über wilde Tiere zu machen und wegen der Jahreszeit brauchen wir auch kein Feuer für seine Wärme. Falls dir kalt ist, ist in deinem Rucksack noch eine zusätzliche Decke." Ich nickte, war jedoch nicht ganz überzeugt, doch mir blieb nichts anderes übrig als Dream zu vertrauen. Einem Fremden zu vertrauen.

Ich knabberte an dem harten Stück Brot herum, das ich normalerweise nicht einmal angesehen hätte, doch mein immer stetig knurrender Magen machte mir klar, dass er Nahrung brauchte, auch wenn sie hart und nicht wirklich geschmacksvoll war. Dream schien mein verzogenes Gesicht zu bemerken und sagte: "Wenn wir in dem Unterschlupf sind, dann werde ich auch besseres Essen besorgen. Essen das auch einem verwöhnten Prinzen Magen schmeckt" Schon wieder kam das Prinz so spöttisch aus seinem Mund und ich sah den Ansatz eines neckenden Lächeln auf seinen Lippen.

"Und wie willst du da anstellen?", fragte ich in dem gleichen Ton zurück.

"Mit meinen unglaublichen Jagdkünsten werde ich uns das beste und schönste Tier erlegen" Er legte sich auf den Rücken, verschränkte seine Armen hinter seinem Kopf und blickte in den mit immer mehr Sternen bedeckten Himmel, an dem die Wolken in stiller Harmonie vorbeizogen. Er wirkte ruhig und entspannt, ganz anders als noch auf dem Schlossgelände und ich kam nicht umher diesen Dream, den ruhigen gelassenen in die Sterne blickenden Dream, etwas sympathisch zu finden. Natürlich gab ich mir das nicht bewusst zu. Er war immer noch ein Verbrechern, den ich nur dazu verwendete von meinem Onkel und meiner Verantwortung zu flüchten. Ein Verbrecher, den ich wahrscheinlich nachdem unser Deal beendet war nie wieder sehen würde.

Ich ließ mich ebenfalls auf meine Decke nieder und drehte mich zur Seite, mein Rücken zu Dream und erneut kam mir der Gedanke an ein bequemes kuscheliges Bett meilenweit entfernt vor. Entschlossen senkte ich meine Augenlider und wartete auf den Schlaf.

Mehrmals wachte ich in der Nacht durch Geraschle auf und meinte Geräusche von bedrohlichen Tieren zu hören, doch nie schien sich uns irgendetwas zu nähern und so driftete ich immer wieder nach vielen tiefen Atemzügen in den Schlaf.

Doch plötzlich schüttelte mich etwas Warmes an meinem Arm und augenblicklich schoss ich in die Höhe. Adrenalin pumpte durch meinen Körper als ich mit weitgeöffneten Augen meine Umgebeung scannte.

"Wooo, ganz ruhig, Prinzessin", ertönte Dream Stimme rechts von mir und ich wirbelte herum nur um zu sehen wie er vor mir mit gehobenen Händen in Hocke saß. Die Anspannung fiel von mir ab, als ich realisierte dass das Geschüttle nur Dream war der mich wecken wollte. "Mach dich fertig, wir müssen weiter", sagte er, stand dabei auf und ging auf seinen schon gepackten Rucksack zu. "Wie spät ist es überhaupt?", fragte ich, meine morgendliche Stimme tiefer und rauer als normal und Dreams Kopf schnellte auf einmal zu mir herum. Dieses Brennen seines Blickes fing wieder an und verlegen fuhr ich mir durch meine wahrscheinlich komplett verstrubelten Haare. War er so überrascht darüber, dass meine morgendliche Stimme so anders klang?

Es vergingen für mich ewig dauernde Sekunden bevor Dream erwiderte: "Was?" Täuschte ich mich oder wirkte seine Stimme etwas verändert? Ich konnte nicht genau sagen was, doch irgendwie so als müsste er sich etwas räuspern um normal zu klingen. "Wie spät ist es?", wiederholte ich meine Frage erneut, während dieses intensive Brennen mich komplett jeder Bewegungsmöglichkeit raubte. Was zum Teufel war dieser Blick?

"Oh", war Dreams Antwort, doch dann wandte er sich endlich nach einem geräuschvollen Räuspern von mir ab und ich stieß einen angehaltenen Atem aus. "Es dürfte so sechs Uhr sein. Wieso?", antwortete er mit wieder normalen Stimme. Ich war gerade dabei aufzustehen als er dies sagte und ich traute seinen Worten nicht. "Sechs Uhr?!", rief ich beinahe und erntete dabei einen strafenden Blick von Dream, der selbst durch die Maske seine Wirkung nicht verfehlte. "Shhhhhh! Nur weil hier keine gefährlichen Tiere sind heißt das nicht, dass wir alleine sind!", zischte er mich an und ich nickte schnell. Trotzdem konnte ich es nicht glauben, dass er mich wirklich um sechs Uhr geweckt hatte. Das war einfach viel zu früh für mich. Dort ging doch gerade erst die Sonne auf. "Steh nicht nur so rum und roll endlich deine Decke zusammen.", riss mich Dream aus meinen Gedanken. Er selbst stand schon mir seinem Rucksack auf den Schultern bereit zum weitergehen. Schnell tat ich wie geheißen und wir setzen unseren Weg fort, in dem noch frischen und kühlen Morgen des Tages.

Hatte am Wochenende leider keine Zeit ein Kapitel hochzuladen, deshalb kommt es erst jetzt.

~S.~

Die Träne der Königin// DNFWhere stories live. Discover now