Lennox' Opfer

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Für einen kurzen Augenblick schien alles stillzustehen. Alea konnte nur noch an die Waffe in der Hand des Darkoners denken und an den Finger, der jeden Moment den Abzug betätigen konnte, wenn Orion es nur befahl. Das Meeresrauschen verstummte plötzlich. Die Planken der Crucis knarzten nicht mehr. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Pistole ihr das Leben aushauchte.

Alea wurde das erst in diesem Moment richtig bewusst. Sie würde sterben. Sie durfte nicht sterben! Sie war die Elvarion der letzten Generation, die einzige Chance für die Ozeane und Meerkinder...

Sie machte den Mund auf und wollte etwas sagen, doch sie brachte keinen Ton über die Lippen.

Dafür sprang auf einmal Lennox auf. „Stopp!", brüllte er und brachte es trotz der gefesselten Füße fertig, aufrecht auf dem Boden stehen zu können. „Aufhören – stopp!" Zwei Darkoner waren rasch bei ihm und zwangen ihn wieder in die Ecke. Orion verdrehte bloß genervt die Augen, doch er grinste. „Zu spät, Lennox. Du kannst nichts mehr machen."

„Ich werde alles tun, was Sie verlangen", brachte er hervor. „Aber lassen Sie die anderen leben, bitte!"

Alea sah ihn schockiert an, aber Orion schüttelte den Kopf. „Du würdest nur wieder türmen und zu deiner geliebten Elvarion zurückkehren. Was zählt da dein Wort?" Der Doktor sah nun ärgerlich aus. „Wie gesagt, du hast deine Chance schon längst verspielt. Und jetzt wirst du dafür bezahlen – mit ihrem Leben." Er nickte in Richtung Alpha Cru. Dann blickte er zu dem Darkoner und wollte etwas sagen, doch Lennox redete ihm dazwischen.

„Ich werde bei allem mitmachen, was Sie wollen, bei Müllausladungen, bei..."

„Halt jetzt endlich den Mund!", fuhr Orion ihn an und wies zwei seiner Männer an, ihn zu knebeln. Lennox blickte verzweifelt zu Alea und sie bat ihn stumm in Gedanken, damit aufzuhören. Wenn sie, Tess, Ben und Sammy schon sterben würden – und das würden sie ganz bestimmt – dann sollte er nicht auch noch für Orion arbeiten!

Aber Lennox war noch nicht fertig. „Ich werde alles tun, was Sie wollen", wiederholte er und sah die ganze Zeit zu Alea, „wenn sie es mir befielt."

„Was!?" Sie schüttelte heftig mit dem Kopf. Das war absurd!

Orion stutzte auch, schien den Gedanken jedoch interessant zu finden. Er nahm die Brille ab und säuberte die Gläser an seinem Anzug. In seinem Kopf schienen tausend Dinge gleichzeitig vorzugehen. „Hmm", machte er und setzte sie sich wieder auf. „Der Tausch scheint mir ein bisschen ungleich, weißt du. Die Elvarion, die die Zeitenwende einleiten soll, gegen dich?" Allerdings spielte Orion trotzdem mit dem Gedanken herum, das konnte man an den Denkfalten auf seiner Stirn erkennen. Alea hoffte in Gedanken, dass er ihn wieder verwarf. Niemals würde er sie gehen lassen. Orion hatte Recht, die war immerhin die Elvarion der letzten Generation, sein größtes Hindernis.

Nun schien Orion auf einen Entschluss gekommen zu sein. Er klatschte in die Hände, als wollte er wieder fröhliche Stimmung einbringen. „Nun gut", sagte er auf Hajara und richtete sich an seine Darkoner. „Ihr werdet Alea nichts zuleide tun, weder heute noch in der Zukunft, falls Lennox sich an die Abmachung hält. Wenn ich versuchen sollte, ihr Schaden zuzufügen, dann werdet ihr mich davon abhalten, egal mit welchen Mitteln." Nun richtete er sich an Lennox, dem die Erleichterung ins Gesicht geschrieben stand. Allerdings wusste er genau wie Alea, was der Doktor den Darkonern vor elf Jahren befohlen hatte, nämlich so gut wie das Gegenteil. „Ich habe meinen Teil erfüllt", sagte Orion dann und blickte Lennox erwartungsvoll an. „Jetzt bist du an der Reihe. Ich hoffe, du bringst deine Elvarion zur Vernunft, denn mein Part der Abmachung gilt nur dann, wenn du deinen auch einhältst." Er wies seinen Darkonern an, ihm die Fesseln zu lösen. Alea sah das alles sprachlos mit an. Es war genauso wie vor Brighton. Als ob sich alles noch einmal wiederholen würde, nur dass Alea und die Alpha Cru es nicht vergaßen und Lennox sich nicht weigern konnte, Orions Befehle auszuführen.

Mein Alea Aquarius 8Where stories live. Discover now