Schwesternausflug

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„Und, wie findest du Nelani so?", fragte Alea auf Gebärdensprache. Sie und ihre Schwester waren im Deckshäuschen der Montagoris II und Alea wollte endlich mal mit Thea allein sein.

Thea lächelte. „Ich habe sie mir anders vorgestellt", teilte sie ihr mit, „aber sie ist wirklich einzigartig. Eine so... und kluge Frau!"

Alea verstand das eine Wort zwar nicht, aber sie konnte sich seine Bedeutung schon vorstellen. Sie schloss kurz die Augen und konzentrierte sich, dann sagte sie in Gedanken: Es ist wunderbar, dass ihr euch kennenlernen durftet. Nelani hat dich jahrelang vermisst.

Thea schaute sie überrascht an, aber wohl eher deshalb, weil Alea sie telepathisch erreicht hatte. Seitdem ich weiß, dass meine Mutter irgendwo da draußen existierte, habe ich sie auch vermisst – ohne sie je gekannt zu haben! Thea grinste Alea an und sie grinste zurück. Das mit der „Gedankenübertragung" klappte schon ganz gut, aber wohl eher deshalb, weil sie direkt nebeneinander saßen. Als Alea sie erreichten wollte, als Thea in einem Hotel von Zeirus, dem Darkonerchef, festgehalten wurde, hatte es nicht geklappt. Das war wie bei den Adetari – Evelin, ein Junge, den sie in Deutschland getroffen hatte, konnte sich durch seinen besonderen Stamm vervielfachen und mit seinen zweiten Ichs per Gedanken kommunizieren. Allerdings verlor er bald den Kontakt, je weiter er von seinem „Double" entfernt war.

Das war bei mir genauso – bei euch dreien! Seit unser Vater Keblarr eine Nachricht in Rach Turana hinterlassen hatte und ich von einer Zwillingsschwester erfuhr, musste ich rund um die Uhr an euch – an dich – denken! Alea fiel Zu dir ein, der Song, in dem sie von ihrer Sehnsucht zu Anthea erzählte.

Bevor sie es sich anders überlegte, erzählte sie Thea davon. Die Augen ihrer Schwester weiteten sich. „Tatsächlich?", gebärdete sie. „Darf ich den Text sehen?"

Weil sich das Blatt, wo sie mit Tess vor zwei Monaten alles aufgeschrieben hatte, auf der Crucis befand, und diese ungefähr hundert Meter entfernt von der Montagoris umherschipperte, rief sich Alea die Strophen aus dem Gedächtnis hervor und versuchte sie möglichst in Gedanken zu singen.


Nachts, wenn ich nicht schlafe

träume ich mich fort zu dir

Siehst du grad auch in die Sterne?

Ahnst du was und spürst du mich?

Ich denk immerzu an dich

Doch vielleicht bleibt es für immer ein Traum

Gefangen zwischen Zeit und Raum

Zu dir, zu dir...

Es war seltsam, Thea den Text vorzusingen, in dem es um sie ging und darum, wie Alea sie jeden Tag aufs Neue vermisste. Aber Theas Gesichtsausdruck ließ sie weitermachen, trotz aller Aufregung und ob sie das Lied überhaupt mochte.

Als sie fertig war, schaute Thea sie wie versteinert an. Dann fiel sie Alea in die Arme. Lange saßen sie einfach so da und Alea fühlte, wie Theas Körper erbebte.

„Das war wirklich wunderschön", gebärdete ihre Schwester mit einer Träne im Augenwinkel, nachdem sie sich wieder gelöst hatten. „Ich wünschte, ich hätte auch etwas für dich, aber..."

„Das macht nichts", erwiderte Alea schnell. „Es ist toll, dass dir der Song gefällt, das reicht mir schon."

Daraufhin umarmte Thea sie gleich noch einmal. „Ich bin so froh, dich getroffen zu haben", sagte sie mit ihrer Stimme. Dann fragte sie: „Wollen wir schwimmen gehen?"

Sofort war Alea Feuer und Flamme. „Ja, lass uns das tun!" Sie sprang auf und versuchte nicht daran zu denken, dass ein neuer Virus um Wasser war. Thea schien denselben Gedanken zu haben und machte ein schräges Gesicht, sagte aber auch nichts weiter.

Mein Alea Aquarius 8Opowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz