Jahr 1: Kapitel 8 - Das Verhör

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Am Tag darauf trafen sich alle Lehrkräfte nach dem Unterricht im Lehrkräftezimmer, um den Vorfall nochmals zu besprechen. Amina war eine der Ersten und lief direkt auf ihren Stammplatz zu. Ihr schlug schon beim Öffnen der Tür eine Welle des Misstrauens entgegen. Die Lehrkräfte hatten wohl trotz dessen, dass sie dem Jungen helfen konnte, ihr Misstrauen ihr gegenüber nicht abgelegt. Vielmehr schienen alle das Gefühl mit dem Schulleiter zu teilen. Sie versuchte es so gut es ging zu ignorieren.

Außer ihr selbst waren bis jetzt nur Bathsheda, Rolanda, Minerva und Lion anwesend. Fehlten also noch neun der dreizehn Lehrkräfte, den Schulleiter mit eingerechnet. Diese erschienen nach und nach, auch sie begleitet von Misstrauen.

Warum war sie eigentlich die Hauptverdächtige? Nur weil sie Legilimentorin war? Dumbledore und Severus doch auch, zudem musste der oder die Angreifende nicht zwangsweise Legilimentik eingesetzt haben. Es war sogar sehr wahrscheinlich, dass er oder sie es nicht getan hatte. Nicht viele waren in diesem Zauber geübt genug, um die Erinnerungen eines Menschen komplett zu verdrängen und auch noch durch andere zu ersetzten.

Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als sich Severus neben sie setzte und sie ansprach: „Ist der Junge schon wach?" Sie schüttelte den Kopf. „Bis jetzt noch nicht. Ich war, bevor ich hierherkam, kurz bei Poppy. Sie meinte, sein Schlaf sei unruhig. Er dürfte bald aufwachen.", erklärte sie und sah ihm kurz in die Augen.

Etwas an ihm war anders. Von ihm war deutlich weniger Misstrauen als von den anderen zu spüren. Warum nur? Sonst war er es doch, der am misstrauischsten von allen war. Aber es war noch etwas anderes...hatte er sich die Haare gewaschen?

Sie konnte nicht weiter darüber nachdenken, da Dumbledore das Wort an alle richtete: „Danke, dass ihr euch alle eingefunden habt. Wie ihr alle bereits wisst, wurde gestern einer unserer Lernenden angegriffen. Ihm wurde das Gedächtnis verändert und seine richtigen Erinnerungen wurden verdrängt. Bis jetzt ist es noch nicht wieder hergestellt. Amina konnte gestern seine Erinnerungen wieder freilassen. Bis uns Mr. King sagen kann, wer ihn angegriffen hat, ist äußerste Vorsicht geboten. Sollte einem von euch auffallen, dass sich eines der Kinder merkwürdig verhält oder große Gedächtnislücken aufweist, bringt es sofort in den Krankenflügel."

Als er geendet hatte, fragte Lion: „Ist die Unschuld von Amina schon beweisen? Meines Wissens, wäre sie durchaus in der Lage, eine solche Gedächtnisstörung zu verursachen." Amina schnaubt verächtlich. „Wäre ich das gewesen, hätte ihm keiner seine Erinnerungen so schnell wiederbringen können. Die Arbeit des Täters oder der Täterin war nicht sonderlich gut. Außerdem kann man durch den Aufenthaltsort der Gedanken und die kurze Zeitspanne, in der das Ganze passiert sein muss, davon ausgehen, dass keine Legilimentik angewandt wurde. Dafür war der Prozess zu kurz."

„Amina ist erst mal nicht mehr verdächtig als alle anderen auch. Selbst hier im Raum ist sie nicht die Einzige, die Gedankenmagie beherrscht. Zudem bringt uns das Misstrauen untereinander nicht weiter. Wir im Kollegium sollten zusammenhalten und Ruhe bewahren.", schlichtete der Schulleiter seine Lehrkräfte. Trotz seiner schützenden Worte konnte sie auch sein Misstrauen wahrnehmen. Es versetzte ihr einen Stich.

Bevor auch nur ein Weiterer sie verdächtigen konnte, fasste Amina einen Entschluss. „Ich erkläre mich bereit, mich einer Befragung unter Einfluss von Veritaserum zu unterziehen. So können sich alle sicher sein, dass ich unschuldig bin und wir können die Untersuchungen, ohne unnötig Zeit für falsche Verdächtigungen zu vergeuden, auf das Wesentliche konzentrieren.", bot Amina in ruhigem Ton an. Überrascht wandten sich ihre Kollegen ihr zu.

„Sie beherrschen doch Okklumentik, oder? Wer sagt uns, dass der Trank bei Ihnen wirkt?", fragte Lion sie aufgebracht. Der Schulleiter schien kurz darüber nachzudenken. Anscheinend sah er seine Chance, sein Misstrauen in sie zu bestätigen oder zu entschärfen.

Die Alchemistin - Bis in den TodWhere stories live. Discover now