Kapitel 5: Unerahnter Gedankengang

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• Fenja •

Seit drei Tagen hängen wir nun schon wieder zuhause bei Jaron im Schloss ab und bis auf Khojins strenges Training haben wir die Zeit voll verplempert, irgendwie.

So wie jetzt, Delian und ich hocken in der Bibliothek und lesen nicht mal ein Buch.

„Es ist voll langweilig, aber sag's keinem", haut Delian raus und streckt sich auf der kleinen Banknische.

Auch ich liege wie ein Schluck Wasser in der Kurve da und dümple vor mich hin.

„Bald geht's ja zu Taavi, dann gibt es wieder mehr Leben in der Bude", erwidere ich schmunzelnd.

Genau zwölf Tage sollen die Vampirsöhne des Königs nämlich in ihren Ländereien verbringen, wobei Daryun und Derya eine Ausnahme machen und schon am 20. Tag des sechsten Monats zu Taavi anreisen, statt wie der Rest am 23. Tag des sechsten Monats.

Meine beiden Vampirbrüder Daryun und Taavi sind nämlich sowas wie unzertrennliche Lieblingsvampirbrüder, so wie das zwischen Lucan und Yara der Fall ist. Oh und Yara hat mir schon von vielen ungehorsamen und heimlichen Aktionen mit Lucan berichtet, das ist echt toll! Ich brauche auch dringend einen Lieblingsvampir zum Unsinn anstellen! Und Jaron zählt nicht, könnt ihr sagen, was ihr wollt!

Delian steht als Kandidat schon weit oben, der verplempert seit unserer Ankunft nämlich auch seine Zeit mit mir, außer wenn Val und Benedikt ihn zum Visionsmagie Training abholen. Lucia hat ständig irgendwas zu tun oder teleportiert sich so durch die Weltgeschichte.

Die ist voll in ihrer Lucia Arbeit. Und wir tun nichts.

„Wollen wir uns einen Kaffee machen?", fragt Delian dann und richtet sich mit fragendem Blick auf. Sicher hat er meinen neuen Vorrat im Hinterkopf, der wohl unten in der Küche gelagert wird.

„Klar, aber ich nehme keinen Bediensteten in der Nähe wahr", entgegne ich, richte mich ebenfalls auf und halte dann inne.

„Ach das kriege ich gerade so noch hin. Außerdem ist so eine normale Alltagshandlung mal eine Abwechslung zum stetigen Bedienen lassen. Kommst du mit runter in die Küche?", fragt Delian und deutet auf die Tür zur Bibliothek.

„Ja, warum nicht. Lass uns zu Fuß gehen, das vertreibt die Zeit. Khojins Training ist erst in zwei Stunden", entgegne ich und krieche aus meiner Banknische hervor.

Delian tut es mir gleich und schon schlendern wir zwei entlang der Gänge bis hinunter in die Küche der Bediensteten.

„Wo sind denn alle?", fragt Delian erstaunt, weil wir unterwegs echt niemandem begegnen.

Unten in der Küche lassen wir unseren Blick erstmal schweifen, immerhin waren wir bisher nie hier unten.

„Jaron meinte, heute gibt's eine große Besprechung im Quartier und die Bediensteten haben heute überwiegend frei. Ein paar sind aber noch im Schloss, einen nehme ich draußen beim Wäsche machen ins Erdmagieraster und einer schrubbt gerade die ganzen Bedienstetenörtchen. Wir haben also unsere Ruhe hier in den bescheidenen vier Küchenwänden", erzähle ich und durchwühle bereits den ersten Schrank.

Ich wohne zwar mittlerweile als feste Schlossprinzessin des Landesherrschers hier und soll mich natürlich wie zuhause fühlen, aber das hier fühlt sich gerade doch wie ein Einbruch an.

„Jetzt hilf schon beim Suchen, ich finde den Wasserkessel nicht", werfe ich Delian zu, der sich scheinbar ebenso Fehl am Platz fühlt.

Auch er geht dann zum nächstbesten Schrank und schaut hinein.

„Das sieht für mich echt wie aus dem Mittelalter aus, wie eine Küche von vor 500 Jahren", gesteht Delian, während er voller Neugier die Schränke begutachtet.

Kronprinz Silas IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt