Kapitel 101: Tag Eins

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• Delian •

Es ist soweit, heute ist der 15.08 Anno Knack und somit der erste Tag meiner Lehre als Bäcker! Ich stehe nun extrem früh am Morgen in meinem Gemach und mache mich vor dem Spiegel fertig.

Eine weiße Hose, ein weißes Hemd und neben dem Schrank steht sogar eine altertümliche, dunkelbraune Umhängetasche aus einfachem Leder. Dort packe ich den weißen Haarschutz und die weiße Schürze hinein, denn in dieser Welt bekommt man seine Arbeitskleidung nicht gestellt. Aber wenn Sorin zufällig mit im Haus wohnt, kann ich nicht unvorbereitet sein.

„Du siehst aus, als würdest du jeden Moment zur Arbeit gehen", ertönt Sorins leicht gerührte Stimme in meinem Gemach.

„Verrate es keinem, aber ich war so aufgeregt, dass ich ewig nicht einschlafen konnte", beichte ich mit einem Lächeln und ergreife dann die Tasche.

Mit einem Schwung landet sie über meinem Körper und hängt seitlich, leicht hinten an mir herunter. So blicke ich kurz an mir hinab und trauere bei dem einfachen dunklen Schuhwerk meinen geliebten Nikes hinterher.

Noch leben die, aber ich will mich ja anpassen.

„Heut Abend wirst du dafür umso besser zur Nachtruhe gehen können. Komm, Clarissa will dich verabschieden, bevor du losgehst. Sie bekommt fast Muttergefühle", meint Sorin dann mit einem Grinsen.

Es freut mich sehr, dass er nicht mehr deprimiert in seinem Gemach haust und herumliegt. Ich bin mir nun sehr sicher, dass genau das hier Vittorius' Absicht war, als er mich kurz nach Runas Tod mit zu Sorin nahm. Dieser Vampir hat immer ein Händchen und kennt wirklich jedes Familienmitglied.

Ich folge Sorin nun, immerhin will ich Clarissa ihren Wunsch erfüllen.

Im Eingangsbereich bekomme ich dann einen halben Herzinfarkt.

„Mein liebster Sohn! Ich wünsche dir den allerbesten, ersten Arbeitstag in deiner neuen Lehre! Und ich hoffe so sehr, dass du dich dort wohl fühlst und jeden Tag gerne zur Arbeit gehst! Und wenn das nicht so ist, sag Bescheid, hörst du? Soll ich dich öfters besuchen kommen und nach Feierabend einen mit dir drauf, ähm, ich meine durch den Park spazieren gehen? Ich kann mich Nachmittags auch um dein Kampftraining kümmern, aber natürlich nur, wenn", sprudelt Isajah hellauf begeistert drauf los, wird dann aber unterbrochen.

Sorin reißt ihn eiskalt zur Seite und ermahnt ihn, endlich die Klappe zu halten.

Mein Ziehvater des Jahres ist sowas von aufgeregter als ich und ich kann es schon kaum erwarten!

Hinter ihn lugt nun meine Mutter hervor, die ziemlich müde aussieht, mir nun aber eine kurze Umarmung schenkt.

Dann mache ich auch noch Elias aus, der sich noch halb hinter Isajah versteckt. Und er übergibt meine Mutter nun heimlich was, womit sie breit grinsend auf mich zukommt.

Bevor sie damit aber bei mir ist, spüre ich zwei stabile Hände auf meinen Schultern und spüre den Rückhalt von Valorian hinter mir.

„Verzeih, mein lieber Delian, aber das muss sein. Ich habe deine Einschulung verpasst, aber eine Lehre ist fast dasselbe. Also bekommst du eine Zuckertüte von uns!", sagt meine Mutter und überreicht mir breit grinsend die länglich gebastelte und reichlich gefüllte Zuckertüte in dunklem Blau.

In hellem Blau steht dort „Zur Lehre für Delian".

„Warum haben wir nicht auch so einen schönen Brauch in unserer Welt?", fragt Clarissa nun Sorin, der nur mit den Schultern zuckt.

„Die Überraschung ist euch echt gelungen, vielen Dank", erwidere ich gerührt und dann verschenke ich ein paar Umarmungen, ehe ich auch schon aus dem Haus gehen muss.

Kronprinz Silas IIWhere stories live. Discover now