Kapitel 30

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Ich malte mir aus, was Dean mir bringen würde. Alles, was ich je gegessen hatte, kam in Frage. Und sogar bei den Sachen, die ich nicht so gerne aß, lief mir die Spucke im Mund zusammen. Ich freute mich auf die Blicke der Anderen. Würde ich sagen müssen, worauf ich mehr Lust hätte, stände beides auf der selben Ebene. Obwohl, vielleicht freute ich mich mehr aufs Essen, da ich so lange nicht gegessen hatte. Aber am Meisten freute ich mich natürlich auf die Flucht. Auf ein kuscheliges Bett. Und ich konnte das Essen, was ich mochte. Manchmal merkt man erst, wie wichtig einige Sachen sind, wenn sie einem genommen werden.
Trotzdem kehrte ich auf dem Boden der Tatsachen zurück. Ich hatte eine leichte Vorahnung, dass er mir nichts bringen würde. Sogar die Kinder aus den armen Vierteln wussten, dass niemand etwas für jemanden macht, ohne was dafür zu wollen. Also war das Essen gestrichen. Und damit die Flucht.
Aber ich hatte Hoffnung. Schließlich wollte ich nicht so denken. Denn Dean war anders als die Anderen in der NC. Sonst wäre er wohl nicht so nett. Und irgendetwas in seiner Stimme ließ mich ihm vertrauen. Ich dachte noch lange über ihn nach. Darüber, wieso er so ist wie er ist. Und über das Rätsel. Das Rätsel der Chips. Denn mir war bewusst, dass ich nur einen Bruchteil kannte, von dem ich nicht ausgehen konnte, dass er richtig war.

Die Tür öffnete sich. Ich hoffte, dass es Dean war. Wahrscheinlich hatte Gott ein mal mein kleines Gebet gehört. Denn natürlich war es Dean. Er trat rein, mit einem Stuhl. Er stellte den Stuhl einiges von der Zelle entfernt ab und setzte sich dann. Ich schaute ihn an.
,,Wozu brauchst du den Stuhl?"
,,Ich hab kein Bock, in Pisse zu sitzen."
Das war deutlich.
Irgendwie sah ich es mit mir in Verbindung.
,,Hast du Essen?",fragte ich.
Seine Augen weiteten sich leicht.
,,Oh Shit."
Er runzelte die Stirn und begann, seine Jacke abzutasten.
,,Habs vergessen.",fügte er hinzu. Okay. Das erste war für heute gestrichen.
,,Nicht schlimm.",sagte ich. Natürlich war es schlimm. Doch ich war nun mal auf Dean angewiesen. Und wenn ich frech werde, ist das zweite, was ich wollte, auch weg.
,,Und? Hauen wir ab?"
,,Was?"
Wieso wusste er nicht wo von ich redete?
,,Na du weißt schon. Flucht und so."
Ich stieß ein nervöses Lachen aus.
,,Achso ja. Ja, das machen wir noch."
Meine Augen blitzen wahrscheinlich auf.
,,Jetzt?"
,,Was? Nein!" Er sagte es, als ob ich dumm wäre. Das kam unerwartet.
,,Hä?! Du hast gesagt mach dich klar!",schrie ich fast. Ich hatte einen Kloß im Hals.
,,Ja für morgen! Für heute!",sagte er. Jetzt verstand ich gar nichts mehr.
,,Ja, für heute! Heute wollten wir abhauen!"
Gab er sich für dumm aus?
,,Nein! Heute ist Vorstellungsgespräch Nummer zwei!"
Das hatte er gestern nicht gesagt. Das konnte ich schwören. Ich schluckte meine Wut herunter, meine Stimme hörte sich trotzdem gereizt an.
,,Und wozu..."
Ich zeigte auf den Stuhl.
,,Ach ja... sag ich dir später. Komm einfach mit."
Er schloss die Zelle auf. Es wunderte mich. Er vertraute mir.
,,Wieso kettest du mich nicht an?"
,,Was?"
,,Ich konnte abhauen. Ohne deine Hilfe."
Es war nicht so gemeint, wie es sich anhörte.
Erst schaute er mich an, dann begann er zu grinsen.
,,Los, lauf."
Ich reagierte nicht.
,,Na also.",seufzte er. Er führte mich am Oberarm durch die Zellentür.
,,Weißt du, dieses planloses abhauen bringt nichts.",sagte Dean nachdem ich nichts sagte.
Es war wie eine Beleidigung.
,,Und was ist dein Plan?"
,,Den hab ich noch nicht im Kopf.",gab er zurück.
Mit der rechten Hand hielt er meinen Oberarm, mit der Anderen nahm er den Stuhl, als ob es eine Feder wäre. Beeindruckt führte er mich vor die schwere Tür und stellte den Stuhl ab.
,,Und was jetzt? Werde ich jetzt..."
Ich hörte auf zu reden, da El mir auffiel.
,,Guten Tag.",sagte ich knapp.
Sie nickte nur.
Dann schleppte sie einen Eimer zum Stuhl und sagte zu mir:,,Setz dich."
Ich setzte mich und sie wollte wieder damit anfangen, meine Beine zu waschen.
,,Das kann ich allein.",sagte ich und nahm ihr den Schwamm aus der Hand. Sie lächelte erschöpft. Dean beobachtete jede Bewegung von mir. Es war unangenehm. ,,Fertig.",sagte ich, als meine Arme auch sauber waren.
,,Ich habe ein Kleid für dich ausgewählt. Natürlich in schwarz.",sagte El und hob ein Kleid auf, dass auf ihrer pinken Jacke gelegen hatte.
Ich fand es schrecklich, aber das behielt ich für mich.
Ich nahm es ihr aus der Hand und schaute mich um.
,,Und wo genau... soll ich mich umziehen?"
Ich lachte nervös. Lieber würde ich sterben, als mich vor fremden Leuten auszuziehen. Dean grinste.
,,Wir gehen dann zu den Anderen..."
Er wies zu der Tür, mit den Anderen wie Bell.
,,Ich geh da nicht hin!",rief El angeekelt. Sie rümpfte ihre Nase. Ich konnte es verstehen, doch es traf mich ein wenig. Schließlich war es so zu sagen mein zu Hause. Obwohl ich selbst da raus wollte.
,,Na Gut, dann warten wir vor der anderen Tür.",sagte Dean stirnrunzelnd und wies zur gegenüberliegenden Tür.
El formte ein Danke mit ihren Lippen und kurz darauf verließen sie den schmalen Flur.
Ich wollte mich nicht umziehen. Ich hatte Schiss, dass jemand kam. Lange saß ich da und versuchte mich zu überwinden, doch dann hielt ich es nicht aus. Ich ging zu der großen Tür und schob sie auf. Dahinter standen Dean und El.
,,Ich trau mich nicht.",murmelte ich.
,,Wir passen auf.",sagte Dean nur.
,,Versprochen?"
,,Großes Indianerehrenwort.",antwortete Dean grinsend.

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