25 - Begegnung

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Mit einer routinierten Bewegung speichert Tom die überprüften Kundendaten und steht auf, um sich einen Kaffee zu holen. Gleich beginnt die Teamsitzung, und er muss unbedingt einen klaren Kopf bekommen. Er weiß genau, dass er heute nicht wirklich produktiv arbeitet. Das liegt daran, dass seine Gedanken nicht im Büro weilen, sondern bei Karo und Silvio.
Die beiden haben vor, das Portal wieder hochzufahren. Vielleicht wird es ihnen in diesem zweiten Versuch gelingen, mehr über die Spuren im Sand und Louisas Verbleib herauszufinden.

Es ist zum Verzweifeln, dass er von hier aus nichts dazu beitragen kann. Natürlich ist seine Anwesenheit vor Ort nicht notwendig, da er weder Fachwissen mitbringt noch für Hilfeleistungen benötigt wird. Außerdem besteht Silvio immer noch darauf, selbst durch das Portal zu gehen. Und Karo ist nicht bereit, sie zu zweit in den Tunnel zu lassen.
Deshalb bringt es nichts, wenn er in der Werkhalle herumhängt und Karo von ihrer Aufgabe ablenkt.

Dennoch... er kann sich heute nicht auf seinen Job konzentrieren. Dabei macht er seine Arbeit eigentlich gerne und ist auch gut darin.
Mit viel zu viel Kraft verrührt er den Zucker in seinem Kaffee. Normalerweise trinkt er ihn ja schwarz, aber heute benötigt er dringend mehr Kalorien. Wenn es bloß schon Abend wäre und er zu KHTravel fahren könnte!

Ein Arbeitskollege schubst ihn gutmütig mit dem Ellbogen und spricht ihn an.

„Hey Tom, schlechter Tag?"

„Nein... nicht wirklich. Geht schon klar, Marc."

„Komm schon, du wirfst nur soviel Zucker in deinen Kaffee, wenn du Ärger mit Sandy hast. Seid ihr euch in die Haare geraten?"

Tom starrt seinen Kollegen fassungslos an und lässt seinen Blick dann zu seinem Kaffeebecher wandern. Wieviel Zucker hat er denn überhaupt da hineingeschaufelt?

„Sandy? Das ist schon seit Monaten vorbei. Meinst du das ernst? Nehme ich nur Zucker wenn ich Liebeskummer habe?"

Marc grinst, und Tom fühlt sich schon etwas besser. Sein Kollege kostet von seinem eigenen Kaffee und schaut ihn von der Seite an.

„Nun, das mit dem Liebeskummer hast jetzt du so formuliert. Aber ja, ich würde sagen du zeigst da klare Verhaltensmuster. Wer ist denn diesmal die Glückliche?"

Tom nimmt einen Schluck von dem viel zu süßen Getränk und verzieht den Mund. Zumindest hat Marc es geschafft, ihn aus seinen nutzlosen Grübeleien zu reißen.

„Ich weiß nicht. Es gibt da zwei mögliche Kandidatinnen. Aber nach Sandy bin ich mir nicht sicher, ob eine von ihnen tatsächlich interessiert ist, oder ob ich nur als Zeitvertreib hinhalten soll."

Marcs Brauen wandern in die Höhe. Zum Glück betritt eine Kollegin den Kaffeeraum und erspart ihm weitere peinliche Eingeständnisse. Sie schüttelt in gespeilter Verzweiflung den Kopf.

„Hier steckt ihr! Bewegt auch ins Sitzungszimmer, Jungs, wir warten."

Tom gießt den ungenießbaren Kaffee weg und folgt seinen Kollegen, fest entschlossen nach der Sitzung gleich loszufahren. Egal ob er Karo helfen kann oder nicht, alles ist besser als untätig zu Hause zu sitzen,

~ ~ ~

Nach einem kurzen Besuch bei Jalai ist Salej auf dem Weg zum Bauplatz oben auf der Klippe. Er ist gespannt, wie weit Naom und Naliq heute gekommen sind. Die beiden sind fest entschlossen, und soweit er es beurteilen kann, auch recht begabt.

Nachdem er gestern den ganzen Tag dabei half, das Grundgerüst des neuen Hauses zu errichten, musste Salej heute morgen einige andere Dinge erledigen. Unter anderem besuchte er Sonem, vorwiegend um ihr zu berichten, was die Ältesten von Kahaja ihr und dem Rat ausrichten ließen. Faktisch ist Hjals Tochter die Frau, die das Dorf lenkt. Manaq. Sonems Sohn, wird vielleicht einmal ein guter Anführer werden, aber bis dahin hat er noch viel zu lernen. Salej hofft, dass er bald damit beginnt. Zumindest ließ sich heute ein weiterer Zusammenstoß verhindern.

Schlüssel zu den Welten | Wattys 2018 GewinnerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt