Lektion 4: Er hat keinen Plan!

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Sobald Liena und Raphel auf der Straße standen und sich vergewissert hatten, dass in ihrer Nähe keine Zombs waren, wandte sich Raphel nach links und lief los.

"Wo gehst du hin?", rief Liena hinter ihm her.

"Raus aus Lost Angeles.", rief Raphel zurück, hielt aber nicht an, um auf sie zu warten.

Genervt lief Liena ihm im Laufschritt hinterher. Mit seinen 1,85m konnte er wesentlich größere Schritte machen als sie. Sie holte auf und versuchte mit ihm Schritt zu halten. Schon nach wenigen Minuten atmete sie heftig. Dafür, dass sie quasi die ganze Zeit vor Zombs auf der Flucht war, war ihre Kondition grottig schlecht. Sie hatte immer vorgehabt, etwas dagegen zu tun, aber einfach auf der Straße joggen zu gehen, wäre wohl keine gute Idee gewesen.

Wie Raphel sich so fit hielt, war ihr ein Rätsel. Er schritt gut gelaunt pfeifend neben ihr her, ohne im Geringsten angestrengt auszusehen. Ihr waren die geformten Muskeln an seinem Rücken und den Armen sehr wohl aufgefallen. Auch wenn er sicher nicht ihr Typ war, blind war Liena nicht.

"Woher weißt du, wie es aus Lost Angeles rausgeht?"

"Weiß ich nicht. Aber ich weiß, wo der Highway anfängt. Dort laufen wir hin und dann entscheiden wir, in welche Richtung wir gehen." Raphel sprach aus vollster Überzeugung, die Liena nur staunen ließen.

"Du hast keine Ahnung. Wow. Du weißt aber schon, wie weit es bis dahin ist?"

"Vielleicht so drei Kilometer?"

Liena schüttelte nur den Kopf. "Und dann willst du den Highway ablaufen?"

"Nicht ganz.", antwortete Raphel und bog in eine Gasse ein. Sie war dunkel, zwischen zwei hohen Häusern gelegen. Liena konnte nichts erkennen, außer einem kaputten Fahrrad, einigen umgekippten Motorrädern und Mülltonnen. So ging es sicher nicht zum Highway, das konnte sie mit Sicherheit sagen. Liena blieb am Anfang der Gasse stehen, während Raph zielstrebig auf die Motorräder zuhielt. Liena hatte eine Vorahnung. Das war doch keine gute Idee.

Scheppernd stieß Raph zwei Motorräder zur Seite, um an das unterste heranzukommen. Es war in einem besseren Zustand als die beiden anderen. Raph hatte es vor einigen Tagen dort entdeckt, jedoch liegen gelassen, für den Fall, dass er es noch benötigen würde. Für eine Flucht zum Beispiel. Oder aus der Stadt rauszukommen. So wie für diesen Fall.

"Raphel, mach nicht so einen Lärm!", motzte Liena. Raph verdrehte die Augen. Er stellte das Motorrad auf seine beiden Räder. Vollgepumpt. Tank in Ordnung. Sogar noch ein bisschen was drin. Nur ein Schlüssel fehlte. Dieses Problem würde er gleich lösen.

Liena sah sich unruhig um. Sie mochte es nicht, länger an einer Stelle zu stehen. Man fiel auf. Man musste immer in Bewegung bleiben. Ihr Blick fiel auf einen Laden gegenüber der Gasse. In der oberen Ecke des dunklen Schaufensters hing eine Kamera. Warum fiel ihr ausgerechnet das auf? Sie ließ ihren Blick weiter schweifen, doch er kehrte sofort zu der Kamera zurück. Hatte sie sich das gerade eingebildet, oder hatte da ein rotes Lichtchen geleuchtet? Das konnte nicht sein.

Wieder scannte sie die Umgebung. Doch jetzt fühlte sie sich beobachtet. Waren hier noch mehr Kameras? Dort drüben auf der Ampel.... War das nur ein Sensor oder wirklich eine Kamera?

Als ein schepperndes Geräusch ertönte, zuckte sie herum. Raph grinste sie an.

"Sorry. Hat keinen Ständer mehr.", sagte er und hob das umgefallene Motorrad auf.

Liena verdrehte die Augen und wandte sich ab.

"Oh shit.", fluchte sie. "Raphel!"

"Hm?"

Signs of CainWhere stories live. Discover now