Lektion 29: Es gibt keine perfekte Zeit für Rache!

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Liena zischte schmerzerfüllt, als sie die scharfe Kante durch ihre Haut zog. Es brauchte nicht viel und sie blutete.

"Und funktioniert es?", fragte Mariyah von nebenan.

"Und wie."

Liena spürte, wie ihr warmes Blut den Arm hinunterlief. Es war absurd sich mit einer Scherbe den Arm selbst aufzuschlitzen. Sie tat es dennoch. Nicht um sich selbst umzubringen, aber um hier rauszukommen. Mittlerweile war ein weiterer Tag vergangen, seit Mariyah und sie beschlossen hatten, auszubrechen.

Wenigstens hatten sie zu essen bekommen und ihre Prellungen waren auch etwas abgeklungen. Gestern hatte sie um ein Glas Wasser gebeten und zu ihrer Überraschung tatsächlich eins aus Glas bekommen. Das hatte sie mal ganz zufällig fallen lassen und eine Scherbe verschwinden lassen. Genau mit dieser Scherbe ritzte sie sich jetzt auch den anderen Arm auf. Nicht zu tief, aber trotzdem tief genug, damit es schön blutete.

Ein bisschen musste sie schon schlucken und sich zusammenreißen. Es war ziemlich viel Blut, dass da floss. Und schwindelig war ihr auch ein bisschen.
Aber sie und Mariyah fanden, es war die einzige Möglichkeit aus der Zelle rauszukommen.

"Das sollte reichen, oder?"

Liena streckte ihren Arm in die Luft, zu der kleinen Öffnung, durch die sie immer mit Mariyah sprach.

"Mädchen, das ist perfekt. Jetzt lege dich hin. Ich rufe."

"Danke Mariyah. Ich komme später und befreie dich."

"Das hoffe ich auch. Also los."

Liena legte sich mit dem Rücken auf den Boden. Ein wenig Blut war schon auf den Boden gefallen und auf ihre Kleidung. Die Scherbe nahm sie locker in die Hand. Es sollte schließlich so aussehen, als hätte sie sich absichtlich selbst verletzt. Sie hoffte, dass die Soldaten reagieren und sie in den Krankentrakt bringen würden. Bei ihrem Vater war sie sich nicht sicher, ob er sich überhaupt noch um sie kümmerte.

"HEEEY!!! HILFEEE!", begann Mariyah zu brüllen. Mit ihrer tiefen Stimme klang sie noch viel lauter.

"Schnauze!", war die Antwort, die zurückkam.

"HILFE, MANN. DIE HIER NEBEN MIR ANTWORTET NICHT MEHR."

"Was ist los?!" Irgendein Soldat bequemte sich endlich, aufzustehen und sich den Zellen zu nähern.

"Schau mal nach, du Vollhorst! Nicht, dass sie sich umbringt!"

Liena schloss schnell ihre Augen. Sie war sowieso so lädiert von den Schlägen ihres Vaters, dass sie sich nicht arg anstrengen musste, um bewusstlos zu wirken. Sie versuchte ganz flach zu atmen, als wäre ihr Puls schwach. Sie hörte, wie die Tür zu ihrer Zelle aufgeschlossen wurde.

"Oh shit." Der Soldat fluchte, als er Liena blutend auf dem Boden liegen sah.

"Jo! Ich brauch hier mal Hilfe! Sanders! Eine hat sich aufgeschlitzt." Liena hörte Schritte und Gemurmel. Sie spürte zwei Finger an ihrem Hals. Auf einmal wurde sie hochgehoben. Zwei Hände packten sie an den Füßen, zwei andere unter den Achseln. Ihre Arme hingen schlaff nach unten und sie konnte immer noch spüren, wie das Blut tropfte.

Unauffällig versuchte sie mit den Augen zu flattern, um zu erkennen, wo sie hingebracht wurde. Sie konnte nicht viel sehen. Einige Minuten später wurde sie etwas unsanft auf einem harten Untergrund abgelegt und weitergeschoben. Eine Trage.

"Hey, wir bräuchten hier mal etwas Hilfe."

Kleine Schritte kamen angerannt. Sicher eine Frau. "Ach herjee. Bringt sie schnell darüber."

Signs of CainWhere stories live. Discover now