Lektion 16: Die Vergangenheit verfolgt dich!

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"Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll...", sagte Raphel leise und sah nach unten. Er kämpfte mit sich, dass spürte und sah Liena deutlich. Sie wollte ihn nicht drängen, aber jetzt, wo sie ihn schon so weit hatte, wollte sie sein Geheimnis wissen. Normalerweise erzählte er ja schließlich nichts von sich selbst. Immer teilte Liena ihm alles über ihre Vergangenheit mit, aber von ihm wusste sie kaum etwas.

Er war bei der Army, hatte in Killville gelebt und zwei kleine Schwestern und eine kranke Mutter gehabt. Mehr wusste sie nicht. Es wurde Zeit, dass Liena etwas mehr über ihn herausfand.

Vielleicht erwartete sie jetzt aber auch nur das Riesengeheimnis und im Endeffekt machte Raphel aus einer Mücke einen Elefanten. Aber sie würde sich überraschen lassen müssen. Raphel suchte nach den richtigen Worten. Liena strich ihm ermutigend mit dem Daumen über die Wange, denn ihre Hand lag immer noch da.

"Also ich... es war gerade... die Zombs...", stotterte er.

"Hey, langsam. Nimm dir Zeit. Wenn du wirklich nicht willst, musst du es mir auch nicht sagen.", redete Liena ihm gut zu. Sie hoffte trotzdem, er würde es erzählen.

"Doch, ich muss es jetzt erzählen. Sonst werde ich es für immer mit mir herumtragen."

"Sonst bist du doch immer so gut drauf. So schlimm kann es doch nicht sein, oder?"

"Wenn du wüsstest. Ich verdränge es mit Sarkasmus. Anders halte ich es sonst nicht aus. Es würde mich zerstören. Aber ich glaube, dass ich mich besser fühle, wenn ich es dir sage. Ich habe das nämlich noch nie jemandem erzählt. Du bist jetzt sowas wie meine Therapeutin."

Liena sah, was er meinte, als er davon sprach sich hinter dem Sarkasmus zu verstecken. Jetzt wusste sie auch, warum er ständig einen blöden Witz auf der Zunge hatte.

"Also..., begann Raphel erneut, schloss die Augen und atmete tief durch, wie vor einem tiefen Sprung ins kalte Wasser. "Die Apokalypse war gerade zwei Wochen oder so ausgebrochen. Viele Menschen in Killville dachten zuerst es sei nur eine Krankheit, dann eine Seuche, bis der Notstand und die Quarantäne ausgerufen wurde. Die ersten Zombs waren auf den Straßen unterwegs, es war das reinste Chaos. Meine Mutter war zu dem Zeitpunkt schon schwer krank, aber nicht infiziert. Sie hat ihr Medikament gebraucht. Meine zwei Schwestern, Estelle und Mia, habe ich mitgenommen, damit sie aus dem Haus rauskommen. Ich wollte sie impfen lassen gegen die Seuche. Im Nachhinein war das eine dumme Idee."

Er machte eine Pause und holte Luft. Seine Stimme war dünner geworden, die Erinnerungen holten ihn ein und machten ihm zu schaffen.

"Der Arzt hat die beiden geimpft. Ich wollte nicht, ich hasse Spritzen und für meine Mutter wäre ein weiterer Erreger in ihrem Körper der Tod gewesen. Ich hätte nie gedacht, dass meine Schwestern sich in... Zombs verwandeln könnten...", Raphel unterbrach sich, um zu schlucken, "Irgendwie... muss jemand Stella und Mia gekratzt haben. Oder gebissen. Berührt. Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall waren sie infiziert und ich habe es nicht gemerkt." Tränen bildeten sich in seinen Augen. Liena konnte es kaum mitansehen. Sie fühlte seinen inneren Schmerz und ihr selbst zog es das Herz zusammen. Sie nahm seine Hände in ihre und drückte sanft zu. Sie war da für ihn, das sollte er spüren. Seine Stimme war schon ganz rau. Auch Liena fiel das Schlucken schwer. Krampfhaft versuchte sie, ihre eigenen Tränen zurückzuhalten.

"Wir haben uns unseren Weg nach Hause zurückgekämpft. Danach habe ich die beiden nicht mehr rausgelassen. Es war einfach zu gefährlich. Ich habe mir eine Waffe besorgt und Munition, weil ich raus musste, um Essen zu holen und so. Ein paar Tage später kam ich vom Einkaufen heim. Ich habe meine Mutter gefunden... blutig, verstümmelt, der Bauch aufgerissen."

Liena wurde schlecht. So ins Detail gehen musste er nicht. "Raphel, bitte..."

"Wenn du es hören willst, dann ganz. Stella und Mia saßen in einer Ecke im Zimmer. Ihre kleinen Gesichter waren blutverschmiert. Sie haben meine Mum getötet."

Signs of CainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt