Lektion 31: Ohne Waffe bist du schutzlos, aber nicht wehrlos!

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Erschöpft ließ Liena sich auf ihre Knie sinken. Auf einmal verließen sie all ihre Kräfte. Die Waffe glitt ihr aus den Fingern.

Sie spürte, wie Raphel sich neben ihr niederließ. Aus tränenvollen Augen sah sie zu ihm auf. Vorsichtig hob er seine Hand an ihre Wange und berührte ihr Gesicht. Unwillkürlich schmiegte sie sich in seine Handfläche. Seine Berührung fühlte sich so gut an. Gott, wie sie ihn vermisst hatte. Dann zog er sie in eine feste Umarmung.

Für eine kurze Weile genossen sie die Stille, keiner sagte ein Wort. Obwohl von Stille keine Rede sein konnte. Noch immer schrillte der Alarm und von draußen waren laute Kampfgeräusche, Schreie und das Stöhnen der Zombs zu hören.

"Geht es dir gut?", fragte Raphel schließlich und löste sich.

Liena nickte nur.

"Was ist mit deinem Gesicht passiert?"

"Was denkst du? Er hat seine ganze Wut an mir ausgelassen. Und mich dann in eine Zelle gesteckt."

"Und deine Arme?"

"Da hab ich mich nur aufgeschlitzt." Liena machte eine abwinkende Handbewegung.

"Was?!" Raph hingegen blieb nicht so gelassen und nahm einen ihrer Arme vorsichtig in seine Hand. "Du wolltest dich umbringen?!"

"Nein. Aber ich musste doch aus der Zelle rauskommen.", erklärte sie lächelnd. "Ich habe einen Vorwand gebraucht, dass die Soldaten mich rausholen. Von der Krankenstation bin ich dann geflohen."

"Du hättest dich doch auch krank stellen können. Du musst dir doch nicht gleich die Pulsadern aufschneiden!" Raphel sah richtig besorgt aus, was Liena zugegeben amüsierte. Aber er sah auch nicht viel besser aus als sie. Ihr entging seine erhitzte Haut nicht.

"Und wie geht es dir? ", wechselte sie das Thema. Ihr Blick ging zu seinem Verband, der nicht mehr ansatzweise weiß war. Er brauchte sofort einen neuen, ehe sich seine Wunde noch infizierte.

"Mir geht es gut. Solange es dir gut geht." Aus glänzendem Augen sah er sie an. Lienas Herz flatterte. Sie hatte nicht geglaubt, solche Gefühle für Raph haben zu können. Aber es fühlte sich an, als würde ihr Herz gleich platzen. Oder war das ein sich ankündigender Herzinfarkt?

Sie sah auf seine Lippen, die gerade sehr anziehend auf sie wirkten. Wann hatte sie ihn zum letzten Mal geküsst? Sie konnte sich nicht erinnern. Zu lange her war es allemal.

Doch Raphel hatte anderes im Kopf.

"Warum bist du dann aber zurück zu deinem Vater?!"

"Ähm...", er brachte Liena völlig aus der Fassung. Aber sein vorwurfsvoller Ton gefiel ihr nicht. "Weil er mir Informationen geschuldet hat! Und Rache dafür, was er mir immer angetan hat!"

"Aber du wusstest doch, zu was er in der Lage ist!"

"Erstens, weißt du genau, zu was ICH fähig bin. Zweitens, glaubst du etwa, ich kann mich nicht verteidigen?! Ich hab ihn mit der Waffe bedroht. Und drittens, es ist ja alles gut ausgegangen, oder nicht?!"

Dass ihr Vater kurz davor gewesen war, Liena umzubringen, erwähnte Raphel nicht noch einmal. Ihre Argumentation war nicht gerade einwandfrei. Aber er verkniff sich einen weiteren Kommentar.

"Du bist doch einfach verrückt.", lächelte er liebevoll, um die Situation zu entspannen. Jetzt wollte er sie küssen. Doch Liena wich zurück.

"Ich? Du bist doch verrückter, wenn du alleine zurück nach Solaris marschierst, um mich zu retten! Wie bist du eigentlich reingekommen? Und wo sind Josh und Cia?"

"Naja... Ich habe es nicht ganz ohne Hilfe geschafft. Josh und Cia sind auch hier und kämpfen draußen gegen die Zombs."

Liena stand auf und trat ans Fenster. Draußen tobten Kämpfe zwischen Soldaten, Zombs und... Waren das etwa die Barbaren?!

Signs of CainWhere stories live. Discover now