- Kapitel 17 -

8.2K 280 28
                                    

Miguel

"Erinnert mich ein bisschen an die Situation in Tucson, findest du nicht auch.", provoziert sie mich weiter, anstatt die scharfe Klinge von meinem Bauch zu entfernen.

"Hast du trainiert?", fragt sie überrascht und lenkt vom Thema ab, während sie mit dem Handrücken kurz über meine Bauchmuskeln fährt.

"Hör auf mit diesen Spielchen.", presse ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Die Musik ist zu laut und die anderen Gäste sind viel zu abgelenkt, als dass sie merken könnten, was hier vor sich geht.

"Wieso? Macht dich das an? Meine Hände auf deiner Haut?", schmunzelt sie und drückt das Messer kurz durch mein Hemd in meine oberste Hautschicht. Der Schmerz durchzieht meinen Körper und ich stoße kurz aber heftig die Luft aus meinen Lungen aus.
Dann spüre ich wie die Haut aufspringt und mein weißes Hemd einige Tropfen Blut aufsaugt.

"Ich würde das schnell desinfizieren, du möchtest nämlich nicht wissen, wen diese Klinge schon alles getötet hat.", zischt sie desinteressiert und entfernt sich von mir.
Mit großen Schritten geht sie zurück an den Tisch und ext ihr Weinglas, während ich auf der Tanzfläche stehe und ihr hinterher sehe.

Dieses Miststück kriegt heute noch die Quittung für ihr Benehmen. Denkt sie wirklich ich würde sie damit durchkommen lassen?
Ich eile ihr hinterher und greife nach ihrem Handgelenk, bevor sie ein weiteres Weinglas an ihre blutroten Lippen führen kann.

"Dann kannst du mir ja sicherlich helfen.", brumme ich und ziehe sie mit.
Sie stolpert kurz über ihre Füße, fängt sich aber schnell und achtet genau darauf, dass ihr Wein nicht verschüttet.

Mit ihr zusammen gehe ich durch die tanzenden Menschen direkt auf die Männertoiletten und schließe die Tür hinter ihr ab. Ohne ein Wort mit ihr zu wechseln, werfe ich ihr mein Jackett zu und streife mein Hemd von den Schultern.

Unbeeindruckt nippt sie von ihrem weißen Wein und betrachtet meinen Oberkörper ganz genau.

"Der Schnitt ist nicht so tief, also scheiß dich nicht ein.", prustet sie und hebt kurz provokant das Weinglas, um mir zu zuprosten.

"Die Narbe wird nie wieder verschwinden.", knurre ich, weil ich die Situation im Gegensatz zur ihr nicht lustig finde.

"Die Narbe hier-"
Sie deutet auf ihren Hals.

"Und die, die du auf meiner Seele und in meinen Gedanken hinterlassen hast, werden auch nie wieder verschwinden.", fährt sie fort.

"Wenn du dich im Spiegel anschaust, sollst du immer wieder an mich denken.", knurrt sie.

"Ich denke auch ohne diese Narbe ununterbrochen an dich.", erwidere ich.

Dann ist es still.
Sie sagt keinen Ton, ich sage keinen Ton.
Das Tropfen eines undichten Wasserhahns ist zu hören, inklusive unserer beider Atem.

"Was wird das? Ein Rachezug?", frage ich sie ehrlich und lehne mich gegen die schwer Holztür.
Amara stellt das Weinglas hinter sich auf den Waschtisch aus Marmor und reißt dann ein Tuch aus dem Tuchspender neben ihr.
Ich schaue ihr zu, wie sie es kurz unter Wasser hält und dann auf mich zu kommt.

Ohne auf meine Frage zu reagieren, tupft sie sanft über die kleine Wunde an meinem Bauch. Ich kriege eine Gänsehaut, als ihre zierlichen Finger über meine Haut streifen.

"Ich hatte damals nichts mit dieser Nutte im Club.", beginne ich, doch sie hebt die Hand und lässt mich verstummen.

"Das Thema interessiert mich nicht. Ich habe damit abgeschlossen. Und mit dir habe ich auch abgeschlossen.", erwidert sie und entfernt sich von mir.
Das rosafarbene Tuch schmeißt sie in den Mülleimer und fängt an den Blutfleck aus meinem Hemd zu waschen.

"Du hast nicht mit mir abgeschlossen, sonst würdest du jetzt nicht hier mit mir stehen. Sonst hättest du gerade nicht mit mir getanzt.", erkläre ich ihr.

"Doch. Genau deshalb habe ich mit dir abgeschlossen. Hätte ich nicht mit dir abgeschlossen, dann könnte ich dir nicht einmal in die Augen sehen oder mich von dir berühren lassen.", widerspricht sie mir.

"Wusstest du, dass ich hier sein werde?", frage ich sie neugierig.

"Miguel, ich bin nicht hier, um mit dir Small Talk zu führen, sondern um dich und dein Geschäft zu vernichten.", zuckt sie mit den Schultern und gibt mir keine Antwort auf meine Frage.

"Gut, dass du es mir noch einmal sagst. Ich hätte es fast nicht mitbekommen.", knurre ich.

"Es ist schon spät, ich gehe jetzt zurück ins Hotel. Zimmer 312.", nennt sie mir ihre Zimmernummer.
Ich weiß, warum sie das tut.

"Willst du testen, ob ich die Eier habe, deinem Leben heute Nacht wirklich ein Ende zu setzen?", ziehe ich die Augenbrauen hoch und gehe an ihr vorbei, um mein Hemd überzuziehen.

"Nenn es, wie du willst. Ich wäre dir nur sehr verbunden, wenn du mich nicht ausbluten lässt.", stellt sie Ansprüche.

"Und du glaubst, du hast da was mitzubestimmen?", spotte ich und knöpfe mein Hemd zu.

Belustigung blitzt in ihren Augen auf, als ich ihr wieder ins Gesicht schaue. Dann zuckt sie mit den Schultern.
"Ich bin immerhin deine Ex."

"Genau aus diesem Grund hast du nichts zu melden.", erkläre ich ihr, dass ihr Todeszeitpunkt und die Art, wie sie stirbt, in meiner Hand liegt.

"Vielleicht kommst du ja gar nicht mehr in mein Zimmer, weil ich dich vorher kalt gemacht habe.", provoziert sie mich.

"Bis du weißt, wo in wohne, habe ich dir schon zwei mal die Kehle durchgeschnitten.", lasse ich mir ihre Anspielungen nicht gefallen.
Was glaubt sie denn, wie überlegen sie mir ist?

"Dein Ego ist noch größer geworden.", stellt sie fest.

"Deins ist auch nicht gerade klein."
Ich beobachte, wie sie an der Wand neben der Tür lehnt und mich immer wieder mustert. Und auch ich kann meine Augen nicht von ihrem Traumkörper nehmen.

"Starr mich nicht so an, ist ja widerlich.", verdreht sie die Augen.

"Dann zieh dich nicht so an.", ärgere ich sie.

"Wie ziehe ich mich denn an?", stellt sie sich absichtlich dumm und warte auf meine Antwort.

Als sie merkt, dass ich keine Antwort habe, die ich ihr jetzt ins Gesicht sagen sollte, schleicht sich ein breites Grinsen auf ihre Lippen. Diese Frau kennt mich nach all den Jahren immer noch zu gut.

Siegessicher dreht sie sich von mir weg und öffnet die Badezimmertür.
"Kondome müsstest du mitbringen.", flüstert sie belustigt, bevor sie aus dem Bad verschwindet und Sofia aufsucht.

La Reina de MexicoWhere stories live. Discover now