- Kapitel 98 -

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Miguel

Mir blieb in den nächsten Tagen nichts anderes übrig, als ihre Mutter umlegenzulassen. Carlos und seine Leute hatten ihr einen Besuch abgestattet, wie ich es vorgesagt hatte. Zudem Zeitpunkt wusste ich nicht, dass sie Jasper bereits mitgenommen hatten. Xavier hatte mir dann erzählt, dass sie die Polizei gerufen hatte und bereits mit den Bullen gesprochen hat. 

Ich hatte keine andere Wahl als sie töten zu lassen, sie hätte alles nur viel schlimmer gemacht. 

"Sag ihr, dass ich gut auf ihre Tochter aufpasse.", hatte ich meinem Bruder gesagt, bevor er losgefahren ist. 
Pedro hat über meine Aussage gelacht, er dachte, dass es Ironie ist und ich ihrer Tochter das Leben zur Hölle mache. 

Aber der Gegenteil war der Fall. 

Ich war nicht immer fair und freundlich zu ihr, aber niemand kann mir unterstellen, dass ihr Leben nicht beschützt habe. Ich habe mein Versprechen, dass ich Amara beschütze, auf sie aufpasse und ihr eine Zukunft biete, nie gebrochen. 

Niemand hat sie angerührt und niemand hat ihr was angetan und das war das einzige Ziel. 

Ich fühlte mich schuldig ihr gegenüber, konnte ihr kurz darauf nicht einmal in die Augen sehen. Ich hatte gemerkt, dass sie irgendwas verändert, aber ich wollte mir das nicht eingestehen. Ich wollte mir nicht eingestehen, dass ich wegen ihr besser schlafe. Ich wollte mir nicht eingestehen, dass ich wegen ihr deutlich weniger trinke und rauche. Ich wollte mir nicht eingestehen, dass ich wegen ihr entspannter war und dass ich wegen ihr keinen Spaß mehr daran hatte, die Leute leiden zu sehen. 

Ich hatte zum ersten Mal Angst wie sie mich ansehen würde, wenn sie herausfindet, was ich für grausame Dinge tue. Das sie Angst vor mir kriegt und verschwinden würde, dass sie es nie wieder zulässt, dass ich sie berühre. 

Ich hatte an dem Abend in Tucson nicht geplant ihr die Jungfräulichkeit zu nehmen. Das war nie mein Plan gewesen, weil ich wusste, was ich getan hatte. 

Und ja, ich hätte es unterbinden müssen. Ich hätte es abbrechen müssen und ihr erst die Wahrheit erzählen müssen. 
Aber ich hatte mich verdammt nochmal in dieses Mädchen verliebt und in diesem Augenblick konnte ich mir nichts schöneres vorstellen, als mir ihr zu schlafen. Es machte mich in gewisser Weise stolz, dass sie mir so sehr vertraute, auch wenn ich dieses Vertrauen nicht verdient hatte. 

Auch, wenn ich eigentlich nichts von ihr verdient habe. 

Nicht einmal heute habe ich sie verdient. 

Aber die Liebe ist ein Kampf und ich hoffe bald sagen zu können, dass ich diesen Kampf gewonnen habe. 

Das wir diesen Kampf gewonnen haben. 

Vorsichtig lege ich meine Hand auf ihren Oberschenkel und genieße ihre Haut unter meinen Fingern. 
Ich bin froh gleich endlich in Amerika zu sein und mit später mit ihr den Abend zu verbringen. 

"Wo sind wir gerade?", will sie wissen und lächelt mich dabei freudig an. 

"Kurz hinter der Grenze.", räuspere ich mich. 

Zufrieden greift sie nach ihrem Handy und checkt ein paar Nachrichten. 

"Du sag mal. Dein Vater..", beginne ich tatsächlich etwas unsicher. 

Amara hebt ihren Kopf schnell an und steckt ihr Handy weg. 
"Was ist mit ihm?"

"Er weiß wirklich nicht, dass ich Schuld an-"

Sie unterbricht mich.
"Nein, weiß er nicht. Und soll er auch nicht erfahren, bitte."

Ich nicke zustimmend.
"Verstehe. Von mir wird er sicher nichts erfahren. Bist du dir sicher, dass Jasper nicht geplaudert hat?"

"Ganz sicher.", nickt sie bestätigend. 

Gut, denke ich mir erleichtert. Es wäre fatal, wenn wir übermorgen dort aufkreuzen und er mir die Fresse poliert. Ich könnte ja nicht einmal was machen, immerhin hätte er ja recht. 

"Hast du Hunger oder Durst? Wir fahren noch knapp 2 Stunden, sonst halte ich an der nächsten Raststätte an.", biete ich ihr an.

"Danke, passt schon.", lächelt sie sanft und umschließt vorsichtig meine Hand. Wie immer spielt sie mit dem Ring an meinem Finger und schaut ihn nachdenklich an. 

"Steht es wirklich so schlecht um dein Geschäft, wie es alle behaupten?", flüstert sie ungewohnt bemitleidend. 

"Nicht jetzt. Jetzt ist nicht der Zeitpunkt fürs Geschäft.", würge ich das Thema ab. 

Amara seufzt. 
"Ich habe dich das privat gefragt. Von Amara zur Miguel, nicht von Senora Ramirez zu Senor Jimenez."

"Du gibst nicht auf, oder?", lache ich leise und schaue kurz zu ihr herüber. 

Schulterzuckend erwidert sie meinen Blick. 

"Es steht nicht schlecht um mein Geschäft. Nur seitdem dir die Hälfte des Landes gehört, ist es deutlich schwieriger meine Lieferketten aufrechtzuerhalten. Ich muss mir neue Routen ausdenken. Das hat gedauert und hat mich eine Menge Geld gekostet. So langsam kommt aber wieder alles ans Rollen.", erkläre ich ihr, obwohl ich das eigentlich nicht tun sollte. 

Amara hat mich zu einem Umbruch gezwungen, der so oder so irgendwann gekommen wäre. Und tatsächlich bin ich froh, dass dieser Umbruch unter meiner Führung stattgefunden hat. Jemand mit weniger Erfahrung, wäre vermutlich eingeknickt und hätte das Geschäft gegen die Wand gefahren. Sogar ich hatte kurzzeitig Schwierigkeiten.

"Kümmerst du dich immer noch selber um alles?"

"Jetzt wieder. Weißt du, es liegt eine schwierige Zeit hinter uns und auch wenn ich meinen Leuten vertraue, haben sie bei den Finanzen, Lieferketten und Kunden bei weitem nicht die Ahnung, die ich in all den Jahren sammeln konnte. Als es gut lief, habe ich natürlich einige Aufgaben abgegeben, aber als Chef ist es auch meine Aufgabe, mich um weiterhin um alles zu kümmern, erst recht wenn es nicht mehr läuft."

"Klar, verstehe.", nickt sie.
"Aber wenn es jetzt wieder besser läuft, kannst du ja sicherlich wieder einiges abgeben."

Ich lache.
"So schnell geht das nicht. Auch wenn es besser läuft, läuft es noch lange nicht so gut, wie in der Zeit, bevor du aufgetaucht bist.", erwidere ich und kneife ihr kurz in den Oberschenkel, weshalb sie aufquiekt. 

Grinsend nehme ich meine Hand von ihrem Oberschenkel und lege sie ans Lenkrad. Im Augenwinkel sehe ich, wie sie schmunzelnd aus dem Fenster schaut und auch ich kann das Zucken meiner Mundwinkel nicht verhindern. 

Ich liebe diese Stimmung zwischen uns. 



La Reina de MexicoOnde as histórias ganham vida. Descobre agora