- Kapitel 94 -

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Amara

Ich erwidere nichts, weil ich nicht zugeben will, dass er recht hat. Ich bin gut, keine Frage. Aber egal wie sehr ich mich anstrenge, werde ich niemals die Kraft haben, die Männer aufbauen können.

"Amara, du bist klug, stark, schnell. Du bist körperlich bestimmt fit und gut ausgebildet. Aber das reicht nicht. Sieh dich an. Ich kann dich mit einer Hand hochheben und du würdest nichts tun können. Wie soll das werden, wenn gleich drei Männer um dich herumstehen?", erwidert er ruhig.

Seine Worte treiben mir die Tränen in die Augen.
"Danke, ich hätte fast vergessen, dass du mich damals im Wald fast erwürgt hast.", hauche ich.

Erst runzelt er dir Stirn, dann erkenne ich Mitleid in seinem Gesicht.
"Mi Amor, so war das nicht gemeint. Ich wollte darauf nicht anspielen, das war nicht mein Hintergedanke.", entschuldigt er sich direkt.

Ich halte mir meine Hand vor den Mund, weil meine Unterlippe zittert. Dann stehe ich auf.

"Hey!", unterbricht mich Miguel und greift nach meinem Handgelenk. Er ist ebenfalls aufgestanden und drückt mich gegen den Tisch.

"Ich habe nicht an diese Situation gedacht, als ich das ausgesprochen habe. Das war taktlos von mir und mein Ziel war es nicht dich damit zu verletzen.", entschuldigt er sich und streicht mir eine Träne von der Wange.

Ich nicke.

"Du weißt doch hoffentlich, dass ich nichts dergleichen noch einmal machen würde, oder?", will er sicher gehen.

"Ja, ich weiß.", flüstere ich.

"Gut.", nickt er zufrieden und küsst meine Stirn.
"Ich will nicht, dass dir irgendetwas passiert. Ich will dir nur helfen und dir zeigen, auf was du alles zu achten hast. Das hier ist kein Kindergarten, hörst du?"

"Ich weiß auch nicht, was ich mir dabei gedacht habe.", zucke ich mit den Schultern.

"Ich aber. Du vermisst dein altes Leben, in dem du das tun konntest, worauf die gerade Lust hattest. Und ich verspreche dir, dass du dieses Leben wieder bekommst, wenn du dir Ratschläge von mir annimmst und das ein oder andere Mal auf mich hörst. Ohne, dass du denkst, dass ich dich kontrollieren will."

Miguel hat seine Hände um mein Gesicht gelegt und zwingt mich ihn anzuschauen.

"Ich schätze, dass ich Angst habe, dass es so wird wie früher.", erkläre ich mich.

Verständnisvoll nickt er.
"Ich weiß, aber das wird es nicht. Ich werde dich nicht kontrollieren oder dich zu irgendwas zwingen. Du darfst frei und alleine entscheiden, aber bei gewissen Dingen solltest du trotzdem meine Ratschläge annehmen. Einverstanden?"

Ich nicke.

"Du sollst bei mir sein, weil du gerne bei mir bist, und nicht, weil ich dich dazu zwinge. Es soll dir bei mir gefallen und ich weiß, dass es das nicht wird, wenn ich dir ein Leben aufzwinge, was du nicht leben willst.", fährt er fort.

Seine weisen Worte überraschen mich, aber sie zeigen mir auch, dass er sich tatsächlich Gedanken über uns gemacht hat.

"Happy Wife, Happy Life.", grinst er gegen meine Lippen, woraufhin ich ihm spielerisch gegen die Brust haue.

"Und jetzt iss dein Croissant, wir müssen gleich los, mi Amor."
Er nickt mit dem Kinn hinter mich und schiebt mich auf meinen Platz. Abschließend streicht er mir über meine Haare und setzt sich ebenfalls wieder hin.

"Tut mir Leid, Miguel.", bringe ich über meine Lippen.

"Schon vergessen.", zwinkert er mir zu und trinkt einen Schluck Kaffee.

Sein Handy beginnt zu klingeln, während ich in mein Croissant beiße, doch er ignoriert es.
"Dein Handy klingelt.", mache ich ihn zur Sicherheit drauf aufmerksam, falls er es nicht bemerkt hat.

"Ich weiß.", erwidert er irritiert und schaut mich weiterhin an, während ich kaue.

"Willst du nicht drangehen?", frage ich irritiert.
Schließlich könnte es wichtig sein.

"Ich habe keine Zeit.", zuckt er mit den Schultern und beißt von seinem Croissant ab.

Stirnrunzelnd schaue ich ihn an und brauche gar nichts zu sagen, weil er an meinem Gesichtsausdruck erkennt, dass ihm nicht ganz folgen kann.

"Ich sitze mit meiner Frau beim Frühstück. Ich habe jetzt keine Zeit zu telefonieren.", erklärt er mir und macht nicht einmal den Eindruck, als würde er wissen wollen, wer ihn gerade anruft. Kein einziges Mal schaut er auf den Display.

Als ich ihn überrascht anschaue, verziehen sich seine Lippen zu einem kleinen Lächeln, dann isst er weiter.

"Also, wie war es in Kolumbien? Hast du alles erledigen können?", wechselt er blitzschnell das Thema und schaut mich erwartungsvoll an.

"Alles, was ich schaffen musste.", erwidere ich mit einem Schmunzeln. Miguel ist einfach nur neugierig und er will wissen, was genau ich vor hatte.

"Gut, dann kann es ja jetzt los gehen.", nickt er zufrieden.

Seine Antwort lässt mich kurz stocken, aber das sollte sie vermutlich auch. Er weiß rein gar nichts, aber er tut trotzdem so, als wüsste er was abgeht. Dadurch will er mich verunsichern und erhofft sich, dass ich mich verplappere.

"Ja, genau.", antworte ich dennoch unsicher.
"Du hast mir aber immer noch nicht erklärt, wie und warum du Verträge mit Rio hast."

Miguel hebt kurz seinen Blick und mustert mein Gesicht, dann legt er das Messer und sein Croissant ab, um sich zurückzulehnen.
"Was möchtest du wissen?", fragt er mit verschränkten Armen.

"Was du von Rio willst.", gebe ich zurück und verschränke meine Arme ebenfalls.

Er seufzt.
"Geschäfte machen."

"Und warum ausgerechnet in Kolumbien?"

"Princesa, noch arbeiten wir nicht zusammen. Ich muss auch zusehen wo ich bleibe und da ist es mir herzlich egal wer zuerst in Kolumbien war. Wohlgemerkt war ich das, wenn es man es genau nimmt.", spottet er.

"Miguel-"

"Princesa.", unterbricht er mich ruhig.
"Warum interessiert dich mein Geschäft so sehr? Du bist gut in dem was du machst, warum vertraust du dir nicht? Natürlich musst du deine Feinde im Blick haben, aber an erster Stelle musst du stehen. Verrenne dich nicht in irgendwas."

Auch wenn ich es ungerne zugeben möchte, bringt Miguel mir mit seinen Worten viel bei. Er hilft mir, klärt mich auf und sorgt dafür, dass ich jeden Tag besser in dieser Welt klarkomme.

"Heute Abend sprechen wir über das Geschäft. Und zwar richtig. Ich brauche eine Entscheidung von dir, comprende?", fährt er fort.

Ich nicke.
"Okay, in Ordnung. Ich mache mir Gedanken."

"Bien. Und jetzt iss endlich was, der Weg nach Phoenix ist lang.", beendet er das Thema und trink einen Schluck Kaffee.

"Heute kein Whiskey?", runzle ich schauspielerisch die Stirn.

Er schnaubt kurz belustigt und beißt sich auf die Unterlippe.
"Princesa, pass auf was du sagst."

"Das war doch nur eine Feststellung.", ärgere ich ihn absichtlich indem ich mich ahnungslos stelle.

La Reina de MexicoWhere stories live. Discover now