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Viel zu bald wurde mein Name aufgerufen.

Mein Herz schlug doppelt so schnell wie sonst, als ich von meinem Stuhl im Warteraum aufstand. Auf einmal schien sämtliche Luft aus dem Warteraum verschwunden zu sein.

Crystal (wer hätte das gedacht) begrüßte mich, als ich das Testzimmer betrat. Neben ihr stand eine weitere Frau; alles an ihr erinnerte mich an eine Katze - von ihrer weißblonden Kurzhaarfrisur über ihre blauen, perfekt geschminkten Augen, bis hin zu der Art, wie sie sich durch den Raum bewegte und mir nun die Hand hinstreckte. Als sie lächelte, überraschte es mich beinahe, dass keine scharfen Zähne zu sehen waren. "Hallo. Ich bin Clarissa. Setz dich bitte auf den Stuhl."

Der Stuhl, auf den sie zeigte, sah aus wie der vom Intelligenztest, nur mit ein paar Kabeln mehr. Ziemlich viele Kabel, ich verhedderte mich beinahe darin, als ich mich nun hinsetzte. Clarissa legte die Kabel an meine Haut. Vorne an ihnen war eine Art Saugnapf befesrigt. Auch die Haube musste ich wieder aufsetzen.

Ich fragte mich, ob es wieder so schlimm sein würde wie der Intelligenztest. Vielleicht würde ich ja wieder bewusstlos werden. Oder sterben. 

"Bist du bereit?" Clarissas Stimme hörte sich an als käme sie von weit weg. Nein. Ich war nicht bereit.

"Ja", antwortete ich.

Für einen kurzen Moment sah ich nichts.

Als die schwarzen Flecken in meinem Blickfeld verschwanden, sah ich, dass ich noch immer auf dem Stuhl lag. Immer noch waren die Kabel an meine Haut angeschlossen, die Haube hatte ich auch noch auf dem Kopf. Seltsam, schoss es mir durch den Kopf. Ich wusste nicht, was ich erwartet hatte, doch nicht das. Wieso hatten sie denn gesagt, dass das so lange dauerte?

Ich wollte gerade fragen, ob ich gehen konnte, da schrien Crystal und Clarissa plötzlich synchron auf und rannten aus dem Raum. War das meine Schuld? Unwillkürlich musste ich an den Intelligenztest denken. Vielleicht war doch irgendetwas falsch mit mir.

Doch dann wackelten Boden und Wände und von draußen ertönten gedämpfte Schreie, die sogleich von einem Knall übertönt wurden, den ich nicht einordnen konnte. Was war hier los?!

Sollte ich zur Tür rennen oder hier bleiben?

In diesem Moment erbebte das Haus erneut und ein Riss zog sich durch die weisse Decke. Staub rieselte auf mich herunter. Ohne noch weiter zu überlegen, rannte ich los, zur Tür hinaus in die leere Eingangshalle. Ich war die Einzige weit und breit, das Gebäude schien auf einmal völlig verlassen zu sein. Der verbrannte Geruch, der in der Luft lag, überlagerte den nach Blut.

Einen Moment lang blieb ich nur so stehen, unfähig, mich zu bewegen. Dann rannte Lia an mir vorbei, der Moment war vorbei und ich folgte ihr. Meine sonst so ruhige Freundin rannte hysterisch schreiend um das Gebäude herum und warf sich hinter einigen Kisten auf den Boden. Ich tat es ihr nach, unsicher, was wir da überhaupt taten. 

Als ich einen Blick nach oben wagte, sah ich die Flammen, die aus den Fenstern des Testgebäudes loderten. Es brannte. Um uns herum waren nun Schüsse zu hören, Leute rannten an uns vorbei, Blut spritzte auf den Boden. Mir wurde übel.

Savannah warf sich neben mich und hob schützend die Hände über den Kopf. "Caitlyn", keuchte sie. "Sie ist noch oben."

Caitlyn. Klar. Sie war immer die Langsamste von uns gewesen.

Was würde eine Alpha tun?

Selbst jetzt dachte ich noch daran. Ich hatte diesen Gedanken schon derart verinnerlicht, irgenwie war es lächerlich. Doch ich handelte jetzt danach. Ich war eine Alpha. Ich musste Caitlyn retten.

Ich sprang auf die Füße, presste mich dicht an die Wand und hoffte, dass niemand mich bemerkte. So schnell ich konnte, rannte ich ins Gebäude zurück, die Treppe hoch, betrat den Gamma-Flur. Dichte Rauchschwaden kamen mir entgegen und ein Hustenanfall schüttelte mich. Tränen vernebelten mir die Sicht, doch ich rannte weiter, riss die Tür zu unserem Zimmer auf, und tatsächlich, Caitlyn saß auf dem Bett und starrte mich an, ich packte ihre Hand und zog sie mit mir, die Decke begann, zu brennen, dann der Flur hinter uns, als wie aus dem Gebäude rannten, wir rannten um unser Leben.

Wir hatten es fast bis hinter das Gebäude geschafft, - es schien der sicherste Platz zu sein - als Caitlyn mit einem Schmerzensschrei in sich zusammensackte. Ein Schuss, von dem ich nicht wusste, woher er kam, hatte sie am Bein getroffen. Blut färbte das Grau ihrer Hose rot.

"Weiter!", schrie ich gegen den Lärm an und zog sie hoch. Jeder Schritt schien ihr Schmerzen zu bereiten, obwohl sie sich auf meine Schulter stützte. Ich rannte, sie hinkte hinter mir her...

Bis ich abrupt stehen blieb.

Vor den Kisten, hinter denen wir uns vorhin versteckt hatten, lag Lia auf dem Boden.

Sie bewegte sich nicht mehr.

Als ich meine Lippen berührte, spürte ich, dass sie geöffnet waren. Ich schrie, doch ich konnte es selbst nicht hören. Dazu war das Chaos um uns herum zu laut. Ich hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, Tränen rannen über meine Wangen, von Rauch und Verlust.

Etwas hinter mir explodierte und Steine trafen mich am Kopf. Ein stechender Schmerz durchzuckte mich, als ich mir an den Hinterkopf fasste, hatte ich Blut an der Hand.

Caitlyn sah mich an. "Die Rebellen."

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