24

7.9K 580 16
                                    

"Mira? Was machst du denn hier?"


"Ich bin zu deiner Überwachung angeheuert worden." Ich zwang mich, einen neutralen Gesichtsausdruck beizubehalten. Er durfte nicht sehen, wie weh es mir tat, das tun zu müssen. Und erst recht durfte er nicht sehen, dass ich log.

"Oh. Super", meinte Jase trocken. "Freiwillig?"

"Ja", log ich. Hier waren überall Kameras.

"Tja, dann ..." Er zögerte einen Moment, bevor er es aussprach: "Dann habe ich mich wohl in dir getäuscht."

Autsch.

Gut, das tat jetzt richtig weh.

Aber ich konnte ihm nicht die Wahrheit sagen.

"Inwiefern?" Ich ließ meine Stimme eiskalt klingen.

Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und fixierte mich mit seinen schönen grünen Augen. "Nun ..." Den kalten Blick hatte er mindestens so gut drauf wie ich. "Ich dachte, du seist anders als diese ganzen Alphas, die für Geld alles tun. Ich dachte, du seist ... nett. Ich mochte dich."

War das jetzt sein Ernst? Wollte er mich verletzen? Denn das hatte er.

Es war nicht meine Schuld, dass ich hier war, und am liebsten hätte ich ihm das gesagt. Aber ich konnte nicht.

"Schön für dich", zischte ich. "Jetzt finde dich damit ab."

Er biss die Zähne zusammen und starrte an mir vorbei in die Luft.

Als ich irgendwann den Raum verließ, um mein Zimmer zu beziehen, saß er immer noch so da. Wir hatten kein Wort mehr gesprochen.

Die Wände des Gästezimmers im unteren Stok waren weiss gestrichen, der Boden war aus hellem Holz. In einer Ecke stand ein breites, weiss bezogenes Bett, daneben ein Kleiderschrank. Als ich ihn öffnete, fand ich darin genug Kleidung für eine Woche.
Eine kleine Tür führte ins Bad.
Auf einem kleinen Schränkchen stand eine Vase mit Blumen, wahrscheinlich ein zweckloser Versuch, diesen kargen kleinen Raum ein wenig wohnlicher zu machen.

Oben in der Ecke des Zimmers entdeckte ich eine kleine, fast unsichtbare schwarze Kameralinse. Natürlich wurde ich überwacht. Genau wie Jase. Die schienen mir wohl nicht besonders zu vertrauen. Hätte ich mir ja denken können. 

Ich setzte mich aufs Bett und atmete tief durch.

Ich musste es ihm sagen.

Was hatte ich denn zu verlieren? So bald ein brauner Ansatz bei meinen Haaren zu sehen sein würde, würden sie mich ohnehin ... ich wollt gar nicht darüber nachdenken.

Und es war nur fair, dass er erfuhr, was man mit ihm vorhatte.

Und dass ich keine geldgierige Alpha war, sondern wirklich das nette Mädchen aus dem Testzentrum.

.

.

.

.

"Jase? Wo bist du?"

Keine Antwort. Klar, ich sollte ihn überwachen und das wollte er nicht. Schön. Dann würde ich ihn eben suchen.

"Jase?"

Er war doch nicht etwa geflohen?

Nein. Konnte er doch gar nicht, ich ...

Mein Blick fiel auf den Schlüssel auf der Kommode neben der Haustür. Es war ein kleines schwarzes Gerät mit einem Knopf in der Mitte, der das Haus generalverriegelte.

Hatte ich etwa wirklich vergessen, die Tür abzuschließen?

Ich drückte den Knopf und hörte das Klicken der Generalverriegelung. Als ich danach zur Haustür ging, war diese verschlossen.

Wenn ich das Haus jetzt hatte verriegeln können, dann musste es vorher offen gewesen sein.

Das bedeutete, dass Jase jetzt weg war.

Und das wiederum bedeutete, dass ich ein ernsthaftes Problem hatte.

Gut. Tief durchatmen. Ich würde eine Lösung finden, ganz bestimmt. Ich musste nur ruhig bleiben und logisch denken. Wohin konnte er geflohen sein?


Ich drückte den Knopf auf dem Schlüssel ein zweites Mal, öffnete die Haustür und stürmte auf die Straße, wo ich mich hektisch umsah. Allzu weit konnte er noch nicht gekommen sein, bestimmt nicht. Er ...

Ich hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, als hinter mir ein vertrautes Klicken zu hören war.

Das Haus ...

Das Haus?

Ich rannte zur Haustür zurück und drückte die Türfalle herunter.

Verschlossen.

Toll gemacht, Jase.

Wirklich toll.

FakeWhere stories live. Discover now