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Als ich am nächsten Tag aufwachte, wusste ich im ersten Moment nicht, wo ich war.
Dann fielen mir die letzten Tage wieder ein und wie von selbst breitete sich ein Lächeln in meinem Gesicht aus. Das Bett, in dem ich geschlafen hatte, war noch weicher als das im Testzentrum.

An meine Albträume von vergangener Nacht erinnerte ich mich kaum noch, als ich aufstand und die Treppe hinunter ging. Nach kurzem Suchen fand ich die Küche, wo ich einen kurzen Blick auf die Uhr an der Wand warf. Schon halb zehn.

Unter der Uhr stand eine Kaffeemaschine. Auch wenn ich genug geschlafen hatte - ein Kaffee konnte nicht schaden. Ich drückte den Einschaltknopf und erschrak ein wenig, als eine Stimme ertönte: "Guten Morgen! Welcher Kaffee darf es denn heute sein? Sie haben die Wahl zwischen Cappuccino, Macchiato, Espresso..."

Es dauerte einige Sekunden bis ich verstand, dass die Kaffeemaschine mit mir sprach.

Und noch mal einige Sekunden vergingen, bis ich kapierte, dass die Namen, die sie aufzählte, Kaffeesorten waren.

"Keine Ahnung. Cappuccino?", sagte ich zu der Kaffeemaschine. Es war geraten. Ich hatte keine Ahnung von Kaffee und im Testzentrum hatte ich den bestellt, bei dem das Bild daneben am schönsten ausgesehen hatte.

Die Kaffeemaschine war kurz still, dann fragte sie: "Karamellaroma, Vanillearoma, Schokoladenaroma, Nussaroma oder ohne Aroma?"

Ich seufzte. Es war Morgen. Ich war gerade aufgestanden und nicht fähig, Entscheidungen zu treffen. Und noch viel weniger dazu, mit einer Kaffeemaschine zu reden.

"Ohne Aroma", antwortete ich.

"Klein, mittel, groß oder extragroß?"

"Mittel", antwortete ich genervt.

"Wünschen Sie Sahne oder einen Keks?"

Noch eine Frage und ich würde dieses Ding...
Das tut eine Alpha nicht. Beruhig dich!

"Keks", sagte ich matt.

"Schokoladenkeks, Vanillekeks, Keks mit Marmelade..."

"Nein, doch kein Keks", unterbrach ich die Aufzählung der Maschine.

"Ihre Bestellung lautet: Mittelgroßer Cappuccino ohne Aroma. Keine Sahne, kein Keks. Wollen Sie diese Bestellung fürs nächste Mal speichern?"

Ich wollte doch nur endlich meinen Kaffee!

"Ja. Bitte."

Endlich ließ die Maschine meinen Kaffee heraus und ich konnte frühstücken.  Im Kühlschrank fand ich gefrorene Brötchen, doch da der Ofen womöglich ähnlich funktionierte wie die Kaffeemaschine und ich echt nicht den Nerv hatte, noch weitere Fragen zu beantworten, blieb ich lieber bei meinem Kaffee.

Nach dem Frühstück duschte ich (die Dusche stellte auch Fragen, aber weniger als die Kaffeemaschine) und zog mich an. In meinem neuen, begehbaren Kleiderschrank fand ich so viele Kleider, dass ich sie nie alle würde anziehen können.
Ich entschied mich für eine schwarze Hose und ein weißes T-Shirt, ganz schlicht, ähnlich wie die Sachen, die ich früher getragen hatte. Wenn man überhaupt von Ähnlichkeit sprechen konnte, so sauber und nagelneu wie diese Kleidung hier war.

Als ich einen Blick in den Spiegel warf, sah ich, dass bei meinen blonden Haaren schon wieder ein brauner Ansatz zu sehen war. Nur ganz leicht, wenn man sich nicht darauf achtete, dann sah man es kaum, doch ich wollte lieber auf Nummer sicher gehen und nachfärben.

In meinem neuen Bad fand ich unzählige Tuben und Döschen, doch Haarfärbemittel war nicht dabei. Klar. Wieso auch?

Meine Hände zitterten ein wenig, als ich das Haus verließ. Das war alles so neu für mich.  
Ich hatte ein selbstfahrendes Auto bekommen, doch da der Laden wo Gabriella, die mir bisher immer das Färbemittel besorgt hatte, arbeitete, ganz in der Nähe lag, ging ich zu Fuß.

Heute würde ich meine Haarfarbe erstmals bezahlen können.

Ich war erst wenige Schritte gegangen, da rannte jemand an mir vorbei, wobei er mich anrempelte und beinahe umstieß.
Als ich ihm hinterhersah, erkannte ich Jase.

Gleich darauf rannten zwei Polizisten an mir vorbei.

Ich konnte nur stehen bleiben und schockiert zusehen, wie Jase von den Polizisten festgehalten und zu ihrem Wagen gezerrt wurde.

FakeWhere stories live. Discover now