Kapitel 23

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Es waren bereits einige Stunden vergangen. Vermutlich war es mitten in der Nacht. Doch ich konnte nicht schlafen. Auch wenn ich wusste, dass den Bunkeranlagen Sauerstoff zugeführt wurde, empfand ich es als stickig, was vermutlich auch an den vielen Leuten in diesem Raum lag. 

Sie alle schliefen. Auch Cora, obwohl ihre Schlafposition nicht wirkte, als sei sie bequem. Doch sie musste sich ausruhen. Und ich auch. Aber so sehr ich es auch wollte, ich schlief nicht ein. Seufzend stand ich auf und nahm mir das Zahnputzzeug. 

Es gab hier unten einen Raum, der wie ein Badezimmer ausgestattet war, denn schließlich konnte man nicht verlangen, dass die Menschen hier unten nicht auf die Toilette mussten. Und genau das tat ich jetzt. Dadurch dass niemand wach war, konnte ich problemlos und ohne Warteschlange hinein. 

Erleichtert darüber, kurz alleine in einem Raum zu sein, schloss ich die Tür ab. Als ich mit dem Toilettengang fertig war, sah ich in den Spiegel über dem Waschbecken. Man konnte mir ansehen, dass ich Schlaf brauchte. Unter meinen Augen waren blaue Ringe zu sehen. 

Schnell putzte ich meine Zähne, nachdem ich meine Hände gewaschen hatte, und schmiss mir dann etwas Wasser ins Gesicht. Nur noch ein paar Stunden, dann würde ich wieder hier draußen sein. Endlich. Schon jetzt wusste ich, wie sehr ich diesen Ort hasste. 

Dann schnappte ich mir mein Zeug und trat aus dem Raum hinaus. Erneut seufzend sah ich zu dem, wo all die schlafenden Menschen drinnen lagen. 

"Man merkt erst wie sehr man die Menschen ausnutzt, wenn sie alle zusammengepfercht sind", ertönte eine weibliche Stimme hinter mir. Verwirrt drehte ich mich um. Es war Azzurra. Ihr langes braunes Haar hatte sie zusammengebunden. Ich dachte, dass wenn das Heer in Alarmbereitschaft ist, auch sie dort draußen war. 

Mich hatte es schon überrascht, dass Dave mit hier rein gekommen ist. Malia war bestimmt auch irgendwo hier. Ich stimmte Azzurra zu. Auch mir war nicht klar, wie viele Menschen allein für Raphael arbeiteten. 

"Kann ich dich was fragen?" Das war die dümmste Frage, die ich je gestellt hatte. Azzurra hingegen schmunzelte und nickte. "Warum seid ihr nicht da draußen bei Raphaels Heer? Du und Dave? Schließlich dient ihr doch darin." Sie nickte und schien meine Frage zu verstehen. Bei Gabriel hätte man mir vermutlich gesagt, ich sei zu neugierig und mir dann nicht geantwortet. 

Doch Azzurra schien nicht wie ein Engel aus Amerika. Sie passte hier hinein. "Du weißt doch wie Krieg geführt wird. Die, die das Sagen haben, müssen nicht kämpfen", erklärte sie. Doch hatten nicht Raphael und Raziel das Sagen? Oder war die Leitung des Heeres Daves Aufgabe? Möglich war es, denn ihm wurde viel anvertraut, was das anging. 

"Außerdem ist Dave Raphaels persönliche Wache. Im Notfall muss er ihn verteidigen und schützen. Das kann er nicht, wenn er auf dem Schlachtfeld stirbt. Genauso wie Malia bei Raziel." Das erklärte einiges. Dennoch musste ich nun unweigerlich daran denken, dass vermutlich bereits Engel und Menschen hier in London gestorben ist. 

Leute, die nichts für einen Krieg können, trifft es immer am härtesten. Das hatte meine Mutter immer gesagt. Und es schien war, denn auch in den Büchern litten die Schwachen am meisten. Und niemand hat Mitgefühl. So etwas geschieht nunmal im Krieg. Wie ich diesen Satz hasste. So etwas geschah nicht, wenn man es nicht wollte. Doch ich würde mich da jetzt nicht weiter drüber aufregen, denn das half hier unten niemandem.

"Und du? Warum kämpfst du nicht?", wollte ich wissen. Jetzt lächelte sie. "Ich kenne ein paar von Gabriels Strategien und bin somit wichtig", erklärte sie. Doch als ich wissen wollte, weshalb sie sich vor Raphael verneigt hatte, sagte sie nur, Raphael müsse mir so etwas erklären. Damit konnte ich leben, denn ich wusste, wenn ich höflich blieb, würde er mir auch irgendwie antworten.

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