Kapitel 42

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Eine Woche später landeten wir mit dem Helikopter in Australien. Das war der Gefallen, um den ich Azzurra gebeten habe. Für Dave. Er durfte entscheiden, wer uns begleiten würde. Alle außer Freya, Brooke und Skylar. Auch Raziel blieb in Europa, um die Stellung halten zu können. Wir hatten mit ihm geredet und er meinte zu Raphael, er solle sich eine Auszeit nehmen. Uriels Kriegserklärung kam also sehr passend. 

Uriel stellte uns ein Strandhaus zur Verfügung. Es war zwar recht klein, aber dennoch gemütlich. Und es waren nur 100 Meter bis zum Wasser. Was wollte man mehr? Wir alle bezogen zu zweit die Zimmer. Raphael und ich. Cora und Azzurra. Malia und Dave. Von uns allen waren aber nur Azzurra und Malia mit eingeweiht. Die anderen zwei sollten den Urlaub genießen. 

Denn wir würden nur drei Tage bleiben können. Länger wollte Raphael nicht fort bleiben. Aber auch drei Tage konnte man ausschöpfen. Und das würden wir. Gleich am ersten Tag waren wir im Meer. Glücklich ließ ich mich treiben. Es war leicht zu vergessen, weshalb wir hier waren. Und dann wurde ich nass gespritzt. 

Entsetzt richtete ich mich auf und sah eine lachende Cora. "Na warte", sagte ich grinsend und es begann ein kleiner Wasser-Krieg. Der mit Dave beendet wurde, als er in die Luft flog und sich neben uns fallen ließ, was uns nur noch mehr Meerwasser in die Augen schleuderte. Lachend tauchte er auf. 

Raphael schien sich am Ufer ebenfalls zu amüsieren. Er führte dann jedoch ein Gespräch mit Malia. Die zwei schlossen sich uns nicht an. Nur Azzurra kam noch hinein. Wir verbrachten eine ganze Weile im Meer, bis wir entschlossen, dass es für heute genug war. Außerdem hatten wir nun langsam Hunger. 

Draußen wickelte ich mir ein Handtuch um. Zwei Arme legten sich um mich. Raphael. Ich lächelte leicht, drehte mich in seinen Armen und sah ihn an. "Wir sollten öfter in den Urlaub", sagte ich lächelnd. Kurz hatte es den Anschein, als sei er traurig, doch ich musste mich getäuscht haben, denn dann nickte auch er lächelnd. 

"Ich werde dir die ganze Welt zeigen, City", meinte er und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Dann setzten wir uns in den Sand, während Azzurra und Cora sich um Burger kümmerten. Malia saß mit Dave bei uns. Weil ich ein Gespräch anregen wollte, stellte ich die erstbeste, und wohl interessanteste Frage, die mir einfiel. 

"Wie sieht es eigentlich mit Kindern von Engeln und Menschen aus?", wollte ich wissen. Kurz sah Malia mich geschockt an. Dachte sie etwa ich- oh Gott. "Reine Neugier, Malia. Reine Neugier", sagte ich dann leicht lachend. Auch Dave musste nun lachen. Raphael schmunzelte. "Nephilim. Soweit ich weiß, existieren keine. Doch ich könnte mich irren", antwortete er ehrlich. Schließlich führe er keine Liste, wer mit wem Kinder bekam. 

"Doch Legenden besagen, es seien friedliche Wesen", fügte er noch hinzu. Also keine grauenhaften Monster. Das hatte ich mich schon eine Weile gefragt. Irgendwann wollte ich einmal Kinder. Wer weiß, ob mit Raphael oder jemand anderen. Aber es war gut, das zu wissen. Also gab ich mich mit dieser Antwort zufrieden und lehnte mich dann an ihn. 

* * *

Der erste Tag ging schneller rum, als ich erwartet hatte. Die Burger waren köstlich. Raphael half mir beim Abwasch. Geteilte Aufgaben, wie auch bei ihm. Dann kochte ich uns allen noch einen Tee und wir saßen in einer gemütlichen Runde im Wohnzimmer. Wir redeten über einige Dinge, wie zum Beispiel darüber, was wir morgen unternehmen würden; wandern. 

Nicht weit, versteht sich. Doch ein Stückchen. Mit einem Picknick. Das klang wunderbar. Noch dazu hatten wir das perfekte Wetter. Schon jetzt wusste ich, dass ich hier in zwei Tagen nicht weg wollen würde. Doch wir mussten es. Ein paar Stunden später gingen wir auf die Zimmer. Ich lag bereits im Bett, als Raphael aus dem Bad kam. 

Er lächelte und legte sich zu mir. Dann drehte ich mich auf die Seite. "Wissen wirklich alle von Cora und Azzurra?", wollte ich wissen. Es ließ mir keine Ruhe, dass ich wirklich dachte, sie müssten es verschweigen. Nun grinste er. "Natürlich. So wie die zwei sich ansehen", antwortete er. 

"Und du hast kein Problem damit?" Nun runzelte er die Stirn. "Warum sollte ich?", fragte er und strich mir sanft über den Arm. Es tat gut zu hören, dass er meine beste Freundin so irgendwie unterstützte. "Gabriel war dagegen. Schließlich brauchen die Engel Sklaven und Diener." Nun verdrehte er die Augen. 

"Gabriel lebt in seiner Traumwelt. Da sind die Engel perfekt und die Menschen ein misslungenes Experiment", meinte er. Dachte Gabriel wirklich so? Und Michael etwa auch? Ob es noch mehr Engel gab, die so dachten? Mochte Malia Menschen vielleicht deshalb nicht? "Er wird nie in der Realität ankommen." Ich nickte. Vermutlich. 

Doch es musste ja noch andere Engel geben, die so dachten. Obwohl, schwarze Schafe gab es immer, oder? Auch unter den Menschen. Das zeigte nur wieder, dass Engel und Menschen in gewissen Dingen sehr ähnlich waren. Sie mochten die ältere Spezies sein, doch klüger waren sie wohl meist nicht. 

Alter bedeutet nicht immer Weisheit. Das pflegte meine Mutter immer zu sagen. Sie war der festen Überzeugung, dass auch junge Leute bereits kluge und weise Entscheidungen treffen konnten. Andersrum konnten alte Leute auch dumme Entscheidungen treffen. Ich fragte mich, wie es ihr wohl ging. Schließlich war ich eine Enttäuschung für sie. Ich habe mich gegen sie und Gabriel entschieden. 

"Worüber denkst du nach?", wollte Raphael wissen. "Über meine Mutter", antwortete ich und schmiegte mich an ihn. Ich spürte, wie einer seiner Flügel sich um mich legte wie eine Decke. Ein Zeichen des Vertrauens. Und ich wagte es nicht, diese Flügel zu berühren. Er mochte es nicht und ich respektierte das. 

"Deine Familie wird eine meiner Residenzen bekommen", sagte er und kraulte nun meinen Kopf, wodurch ich langsam müder wurde. "Ich werde nur noch ein Haus brauchen." Mir war aufgefallen, dass wir nicht mehr umgezogen sind. Eigentlich wäre es schon längst wieder an der Zeit gewesen. Doch ihm schien es in London zu gefallen. Und mir auch. Ließ man den Krieg dort außer Acht.

Wir redeten noch etwas über meine Familie. Ich sagte ihm, dass ich sie vermisste. Doch gleichzeitig war ich mir nicht sicher, ob ich meine Mutter wiedersehen möchte. Nicht, nachdem sie sich auf Gabriels Seite gestellt und all seine Lügen geglaubt hat. Obwohl er nur nach einem Grund für Krieg gesucht hat. Irgendwann schlief ich dann langsam ein.

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