Kapitel 38

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Stumm saßen wir nebeneinander und ich kam mir schon dumm vor, als Malia sich in den Schneidersitz setzte und mich ansah. "Ich mag weder Cora, noch Skylar oder dich", sagte sie. Wie nett, dachte ich. Doch das war nichts, was ich nicht schon wusste. Von Anfang an hatte sie deutlich gemacht, was sie von uns hielt. 

"Aber Michaela hasse ich abgrundtief", gab sie zu. Überrascht sah ich zu ihr. Sie hasste Michaela? Ich wusste, dass sie Freya nicht mochte. Doch sie und Michaela kannten sich schon eine ganze Weile. Ich hätte nicht gedacht, dass sie sie hassen würde. Also hakte ich nach, wieso dem so sei. 

"Ich behandle Menschen nicht sehr nett, das weiß ich", antwortete sie. Wenigstens wusste sie selbst, dass sie nicht zu den freundlichsten Engeln der Welt gehörte. "Aber es gab Zeiten, da hat Michaela sie gefoltert. Raziel hat es nur selten bemerkt. Noch immer bemerkt er es selten." Sie tat es also noch immer, Menschen foltern. 

Das klang Schrecklich. Mein Hass ihr gegenüber wuchs so nur noch mehr. Das würde ich nicht einmal meinen schlimmsten Feinden antun können. Um jemanden zu foltern, musste man selbst grausam sein. Anders konnte ich mir das nicht erklären. Raziel sollte das so schnell wie möglich erfahren.

"Geht er dazwischen?", wollte ich wissen, obwohl ich mir bei der Antwort recht sicher war, schließlich kannte ich ihn nun schon eine Weile und wenn er Menschen so sehr hassen würde, dann wüsste ich das. "Natürlich", sagte Malia und nickte dabei. "Trotz mir und einigen anderen Engeln existiert bei uns eine halbwegs friedliche Koexistenz", erklärte sie. "Er will das nicht zerstören. Keiner will das." 

"Was hältst du davon, Menschen zu foltern?", wollte ich wissen. Es war die Neugier, die aus mir sprach. Zwar hatte sie mich bereits in Schwierigkeiten gebracht, doch das hier war nur Malia. Sie war keine Gefahr. Und ich musste anerkennen, dass sie Cora und mich gegen Freya verbal verteidigt hat. Irgendwie. 

Leicht schmunzelte sie. "Du glaubst es vielleicht nicht, aber es gibt auch Dinge, gegen die ich bin", gab sie zu und allein dieses Wissen beruhigte mich. "Solange Menschen die Engel in Ruhe lassen, sollen auch sie in Ruhe gelassen werden. Ich lebe lieber in Frieden." Nun schmunzelte auch ich. Es war schwer zu glauben, dass sie lieber in Frieden mit Menschen lebte. 

Doch jetzt wo ich Michaela und Freya kennengelernt habe, kamen mir ihre Äußerungen nur wie kleine Neckereien vor. Sie wollte mich Ärgern, aber nicht zwingend verletzend. Während die anderen zwei definitiv kein Problem damit hätten, wenn ich tot umfallen würde. Das war der Unterschied zwischen ihnen und Malia.

"Außerdem, und sag niemandem, dass ich das gesagt habe", setzte sie an. "Bin ich nicht der Meinung wie Michaela." Fragend sah ich sie an. Was meinte sie damit? Dann lächelte sie leicht. "Ich glaube, dass ein Mensch einen Engel lieben kann", antwortete sie. "Du bist das beste Beispiel dafür. Wie du ihn ansiehst. Und er dich. Ich wünschte, mich würde ein Erzengel so ansehen." 

Es war seltsam, solch nette Worte von ihr zu hören. Doch ich legte meine Hand auf ihre und schenkte nun auch ihr ein Lächeln. "Vielleicht wird es kein Erzengel. Aber irgendwann wird dich jemand so ansehen. Das verspreche ich dir", meinte ich. "Du magst...schwierig sein. Aber auch, wenn du es vielleicht nie so sehen wirst, hast du ein gutes Herz." Und ich meinte jedes Wort ernst. 

Sie kämpfte auf Raziels und Raphaels Seite. Obwohl Gabriel Menschen vielleicht eher so behandelte, wie sie es für richtig empfand. Doch ich glaubte nicht, dass es nur pure Loyalität war. Stattdessen musste sie einfach tief im Inneren wissen, dass es falsch war, Menschen schlechter zu behandeln. Vielleicht würde sie das irgendwann einmal einsehen. 

"Du bist gar nicht so übel. Für einen Menschen", gab sie dann zu und ließ mich damit wieder schmunzeln. "Danke", antwortete ich. Dann saßen wir dort stumm. Dave kam dann durch die Tür gestürmt. Hinter ihm war Cora. War mein Zimmer etwa ein neuer Zufluchtsort, dachte ich.

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