Kapitel 11

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Bevor ich überhaupt nachfragen konnte, was er damit meinte, schnappte sich plötzlich Liam mein Handgelenk und zog mich nach draußen. Ohne stehen zu bleiben, ging er einfach weiter und völlig verwirrt folgte ich ihm hinterher, da er mich noch immer nicht losließ. Als wir schließlich beim Spielplatz wieder angekommen waren, ließ er mein Handgelenk los und setzte sich auf eine Bank, was ich ihm gleich tat.

Was hatte er denn plötzlich?

Er benahm sich immer wieder komisch und ich konnte einfach keine Bedeutung zu seinem Verhalten geben, denn jedes mal verhielt er sich anders zu mir. Genau wo ich dachte, dass er normal war, benahm er sich erneut verwirrend und damit brachte er mich nur noch mehr durcheinander. So viele Fragen schwirrten mir im Kopf herum, aber ich war mir nicht sicher, ob er sie mir wirklich beantworten würde, denn ich war ein niemand für ihn, aber vielleicht auch nicht.

"Du verwirrst mich", sprach ich meine Gedanken aus und er blickte mir in die Augen.

"Dasselbe stellst du mit mir an", meinte er und starrte auf den Boden.

Ich verwirrte ihn?

"Warum verwirre ich dich?", fragte ich verständnislos.

Er hob erneut seinen Kopf und sah mir direkt in die Augen. Für ungefähr zehn Sekunden starrte er mich stumm an und am Ende schüttelte er nur den Kopf. Schon wieder schaute er weg und versteckte seine Augen vor mir und ich konnte nicht verstehen, was diesmal das Problem war, sodass er mir keine Antwort geben konnte.

"Liam, sag doch etwas", verlangte ich und er schien mit sich selbst zu kämpfen.

"Geh", kam es nur von seinem Mund und ich blickte ihn ungläubig von der Seite an.

"Was?", fragte ich verwirrt, jedoch schaute er mir noch immer nicht ins Gesicht.

"Du sollst gehen", wiederholte er sich und ich nickte ganz leicht.

"Anscheinend hatten doch die anderen Recht", murmelte ich und ging davon.

Weit kam ich aber nicht, denn plötzlich wurde ich am Arm gepackt und umgedreht, sodass ich gezwungen in diese Augen sehen musste, die mich regelrecht gefangen hielten. Wir standen uns gerade so nah, weshalb mein Herz unregelmäßig zum schlagen begann und ich das atmen vergaß. Noch immer ließ er mich nicht los und aus irgendeinem Grund wollte ich mich selbst auch gar nicht von ihm lösen.

"Du tust mir nicht gut", flüsterte er und damit verwirrte er mich komplett.

"Warum lässt du mich dann nicht gehen?", fragte ich.

"Weil du bis jetzt die einzige bist, die mich durchschaut hat", erklärte er und mit diesen Worten brachte er mich zum Schweigen.

Zusammen gingen wir etwas spazieren und dabei herrschte eine unangenehme Stille, die keiner von uns unterbrach. Noch immer fühlte ich mich komisch, doch meine Atmung hatte sich auch wieder beruhigt. Ich war also die einzige, die ihn bis jetzt durchschaut hatte und anscheinend lag ich mit meiner Vermutung nicht falsch das Liam jemand ganz anderes war.

"Du bist still", stellte er fest und riss mich somit aus meinem Gedankengang.

"Und ich habe gedacht, dass du es nicht magst zu reden", meinte ich, wobei er für einen Moment leise blieb.

"Es nervt mich nicht, wenn du sprichst", gestand er und ich wusste nicht wieso, aber das brachte mich zum lächeln.

"Lebst du alleine mit deinem Bruder?", wechselte ich das Thema.

"Ja", antwortete er kühl und ich blieb stehen, wobei er auch stehen blieb und mich ansah.

"Kann ich dich was fragen?", stellte ich ihm die Frage.

"Du fragst mich doch die ganze Zeit was, also ja", meinte er.

"Du musst mir aber zuerst etwas versprechen", sagte ich und er verengte die Augen.

"Und das wäre?", wollte er wissen.

"Du wirst mir eine ehrliche Antwort geben", verlangte ich und er sah mich stumm an.

"Okay", versprach er schließlich und ich nickte zufrieden.

"Was hatte dein Bruder damit gemeint, dass ich ihm bekannt vor kam?", war meine Frage an ihm und zuerst blieb er still.

"Keine Ahnung", antwortete er und ich schaute ihn ungläubig an.

"Wenn du es nicht weißt, warum hast du mich dann einfach aus dem Haus rausgezogen?", fragte ich weiter und er schloss für einen Moment seine Augen.

"Liam Black", begann ich nun, da er noch immer kein Wort sagte und diesmal blickte er mir in die Augen.

"Du bist ein großes Fragezeichen in meinem Kopf", meinte ich und er schwieg weiterhin.

Ich hatte keine Lust mehr länger mit ihm zu bleiben, da mir in dem Moment klar war, dass er mir nichts erzählen würde. Aus diesem Grund war ich schon Zuhause und saß beim Esstisch, dabei starrte ich gedankenverloren meinen Teller an und verspürte keinen Hunger. Dieser Junge brachte einfach alles in mir durcheinander, sodass sogar Essen nichts brachte, um meine Laune zu verbessern.

Zuerst wollte er das ich ging, aber danach hatte er selbst nicht zugelassen, dass ich verschwand, jedoch hatte das auch nichts gebracht, denn er konnte mir noch nicht einmal Fragen beantworten und da stellte ich mir wirklich selbst die Frage, was genau dieser Junge nun von mir wollte. Das ergab doch alles keinen Sinn, eher gesagt, ergab Liam Black keinen Sinn und somit wurde mir auch bewusst, dass dieses Rätsel viel kniffliger als gedacht war.

"Aria?", fragte jemand und ich zuckte zusammen, dabei blickte ich verwirrt hoch.

"Alles gut Liebes?", war meine Oma besorgt, dabei sahen mich Jack und Tante Amber ebenfalls an.

"Ja", versicherte ich und lächelte leicht.

"Warum isst du dann nichts?", wollte sie weiter wissen.

"Ich habe keine Appetit und bin eigentlich total müde", antwortete ich und stand sogar auf.

"Ich bin in meinem Zimmer", lächelte ich ein letztes mal und ging nach oben.

Am nächsten Morgen war ich relativ früh wach und stand im Badezimmer vor dem Spiegel. Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich schwach als ob ich krank wäre, aber wahrscheinlich lag es nur daran das ich noch müde war. Ich blendete diese Gedanken aus und machte mich frisch. Zuletzt zog ich mich noch schnell um und schnappte mir meine Tasche. Ich eilte die Treppen runter, da Jack bestimmt auf mich schon wartete, jedoch war er nirgendwo zusehen, weshalb ich in die Küche ging, aber niemanden außer Tante Amber fand.

"Morgen", wünschte ich ihr.

"Guten Morgen", sagte sie zurück.

"Wartest du auf Jack?", fragte sie und ich nickte.

"Der Arme hat sich erkältet und liegt im Bett. Seit gestern Nacht hat er Fieber, deshalb bleibt er heute Zuhause", erklärte sie und ich nickte.

"Wünsch ihm gute Besserung von mir, denn ich muss los, sonst komm ich zu spät", meinte ich nur noch und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.

Als ich aus dem Haus raus ging, schwankte ich für einen Moment und blieb stehen. Mein Kopf drehte sich und wieder kam dieses komische Gefühl hoch, jedoch beruhigte ich mich wieder und ging meinen Weg weiter. Weit kam ich aber nicht, denn gerade ging Liam aus dem Haus raus und sein Blick blieb bei mir hängen. Ich wollte schließlich weiter gehen, doch plötzlich drehte sich alles vor meinen Augen und ich verlor das Gleichgewicht. Das einzige, was ich aus meiner Umgebung wahrnahm, waren eilige Schritte und wie sich jemand vor mich hinkniete.

"Aria", war das letzte, was ich zu hören bekam bis sich meine Augen schlossen.

Die AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt