Kapitel 32

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Langsam löste er sich von mir und versteckte seine Tränen, weshalb ich ihn nicht mehr ansah. Er sagte kein Wort und ging einfach aus dem Krankenhaus, weswegen ich ihm hinterher folgte. Levin wollte zuerst auch kommen, doch dann entschied er sich dagegen und überließ es mir. Da seine Schritte wirklich zu schnell und groß waren, musste ich fast schon rennen, aber trotzdem erreichte ich ihn nicht.

Als wir schließlich draußen waren, blieb er noch immer nicht stehen und entfernte sich vom Krankenhaus. Immer wieder schrie ich ihm hinterher, aber er reagierte einfach nicht auf mich. Da es schon relativ dunkel war, war es auch nicht so einfach ihn im Auge zu behalten. Am Ende stolperte ich und fiel auf die Knie, weshalb er stehen blieb, aber sich nicht umdrehte. Es sah so aus als ob er überlegen würde, ob er weitergehen sollte oder nicht. Ich versuchte langsam wieder aufzustehen, doch es gelang mir nicht, da mein Fuß zu sehr schmerzte.

"Hey Süße, sollen wir dir hoch helfen?", ertönte plötzlich eine Stimme hinter mir und wenige Sekunden später hörte man ein lautes Gelächter.

Etwas wütend drehte ich meinen Kopf zu ihnen um. Vier Jungs, die ungefähr in meinem Alter waren, standen etwas weiter weg von mir und beobachteten mich amüsiert. Genau für diese Vollidioten war es ein sehr schlechter Zeitpunkt und sie spielten wirklich mit meinen Nerven.

"Verschwindet!", schrie ich genervt und versuchte erneut aufzustehen, aber sofort blieb ich wieder sitzen als es zum Pochen begann.

"Hey, nicht so aggressiv Kätzchen. Ich will dir doch nur helfen und vielleicht könnten wir dann Freunde werden", sprach derselbe Junge erneut und ich hörte wie er auf mich zu kam.

"Fass mich auch nur einmal an und dann krall ich dir wirklich wie nh Katze die Augen aus!", wurde ich wütend, worauf er lachte.

Genau als er mich am Arm berühren wollte, packte ihn jemand rechtzeitig fest und zog ihn voller Gewalt von mir weg. Erschrocken blickte ich zu Liam hoch, der den Jungen schmerzhaft auf den Boden schubste und sich gefährlich zu ihm näherte. Die Freunde von dem Jungen wussten nicht genau, was sie machen sollten, denn sie bekamen regelrecht von Liam Angst, denn allein schon sein Blick konnte Menschen verjagen.

"Liam, es ist okay. Lass ihn", verlangte ich, aber er hörte mich gar nicht.

Er kniete sich vor den fremden Jungen und begann ihm ins Gesicht zuschlagen. Meine Augen wurden größer und ich begann erschrocken zu schreien. Er hörte gar nicht mehr auf und auch als die anderen Jungs ihn von seinem Freund wegziehen wollten, schubste er sie nur weg und schlug weiter auf ihn ein. Mehrmals schrie ich nach seinem Namen, aber er war wie in eine Trance gefallen und hörte nicht auf.

"Liam, hör endlich auf! Du bringst ihn noch um! Liam! H-Hör endlich auf! H-Hör...Hör auf! Hör a-auf!", schrie ich weinend.

Als er mein Weinen hörte, ließ er ihn plötzlich los und entfernte sich sofort von ihm. Die Freunde halfen dem verletzten Jungen auf die Beine und verschwanden mit ihm, sodass wir alleine waren. Liam sah so aus, als ob er von einem Traum erwacht wurde und es selbst nicht realisieren konnte, was er gerade gemacht hatte. In dem Moment spürte ich auch eine Berührung an meinem Arm, doch ich zuckte erschrocken weg.

"Fass mich nicht an!", schrie ich ängstlich, weshalb er mich verzweifelt ansah.

"Ich würde dir niemals wehtun", sprach er, aber ich schüttelte nur meinen Kopf und weinte weiter.

"Aria, lass mich dir helfen", redete er weiter, doch trotzdem wollte ich nicht das er zu mir kam.

"Bleib weg von mir!", verlangte ich und schaffte es einigermaßen auf die Beine.

Ich verzog schmerzerfüllt das Gesicht als der Schmerz immer größer wurde. Als mir auch noch schwindelig wurde, hätte ich am liebsten meine Krankheit dafür verflucht, aber nicht Mal dafür hatte ich noch Kraft. Bevor ich mein Gleichgewicht verlieren konnte, hielt mich Liam rechtzeitig fest und hob mich hoch.

"Geh...weg von mir", murmelte ich benommen und versuchte im Bewusstsein zubleiben.

"Wenn ich es könnte, würde ich auch von dir wegbleiben", sprach er eher zu sich selbst.

"Ich h-hasse...dich", regte ich mich weiterhin auf und schloss meine Augen, weil sie so schwer waren.

"Ich weiß", sagte dieser nur und ging mit mir Richtung Krankenhaus zurück.

Nach einigen Minuten lag ich in einem Krankenbett. Mein Fuß wurde untersucht und ich hatte nur eine kleine Verstauchung mehr nicht. Als ich einer Krankenschwester meine Krankheit erwähnt hatte, hatte diese mir sofort meinen Arzt hergeschickt von dem ich etwas Ärger bekommen hatte. Er hatte mir heute zum zweiten Mal erklärt, dass ich nicht traurig oder mich wegen etwas aufregen durfte. Auch Liam hatte alles mitbekommen, denn er war nicht eine Sekunde aus meiner Seite gewichen.

"Es tut mir Leid", entschuldigte er sich, als der Arzt das Zimmer verließ.

"Ich wollte dich nicht verletzen", meinte er und wusste eigentlich nicht so genau, was er sagen sollte.

"In dem du dich selbst verletzt, tust mir weh", erklärte ich.

Ich blickte zu ihm, dabei wanderten meine Augen zu seinen Händen, die wieder zum Bluten begonnen hatten. Er bemerkte meinen Blick darauf, worauf er sie versteckte und ich zu ihm hoch sah. Auch er schaute mich an, aber blieb wie immer still. Als ich in seine Augen sah, kam mir seine Kälte entgegen und ließ mich erfrieren. Heute hatte ich zum ersten Mal von Liam Angst bekommen, denn wie er diesen Jungen vor meinen Augen fast zu tote geschlagen hatte, konnte ich einfach nicht fassen.

Nachdem ich nicht mehr im Krankenhaus bleiben musste, stiegen wir zusammen in ein Taxi ein und fuhren erneut nach Hause. Ich fragte mich wie Jack meine Oma beruhigt hatte, denn sie hatte mich nicht ein einziges Mal angerufen.

Wenige Minuten später waren wir endlich Zuhause angekommen, weshalb Liam nur noch den Fahrer bezahlte und wir schließlich ausstiegen. Ohne ihn anzusehen, humpelte ich nach Hause, doch blieb stehen, als er mir etwas sagte.

"Ich verspreche dir, dass ich ab sofort von dir fernbleibe", und mit diesen Worten zerbrach mein Herz in Stücke.

Die AugenWhere stories live. Discover now