Kapitel 57

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"Katy", flüsterte ich ungläubig.

Der Anruf wurde beendet und ich ließ erschrocken das Handy fallen. Schwer atmend stützte ich mich an der Wand ab, denn es fühlte sich so an, als ob ich keine Luft mehr bekommen würde. Für einen Moment schloss ich meine Augen und wollte, dass es aufhörte. Dieser unerträglicher Schmerz in meiner Brust war nämlich nicht auszuhalten. Weinend ließ ich mich auf den Boden fallen, worauf Liam sich sofort neben mich kniete. Verzweifelt sah er mich an und wusste nicht, was er tun sollte.

Auf einmal begann mein Handy wieder zu klingeln, aber ich traute mich nicht es in die Hand zu nehmen, weswegen Liam es für mich tat. Er zog leicht die Augenbrauen zusammen und sah ein bisschen verwirrt aus, was mich neugierig machte. Ohne mir etwas zu sagen, nahm er den Anruf entgegen und hielt sich das Handy ans Ohr. Zuerst blieb er still und hörte zu bis er dann zum Sprechen begann. Aufmerksam beobachtete ich ihn dabei, jedoch waren keine Emotionen in seinem Gesicht zu erkennen.

"Wir kommen sofort", war das Einzige, was er sagte und schließlich auflegte.

"W-Wer war das?", fragte ich und meine Stimme zitterte ganz leicht.

"Levin", antwortete er und schaute mir in die Augen.

"Katy lebt", redete er weiter und ich brauchte erst ein paar Sekunden, um seine Worte richtig zu verstehen.

"Was?", kam es nur über meine Lippen, denn ich verstand irgendwie gar nichts mehr.

"Levin, hat sie anscheinend gefunden. Ich weiß nichts genaues und deshalb gehen wir jetzt zu ihnen. Hier ist es eh nicht sicher", meinte er und stand auf, dabei half er mir ebenso auf die Beine zu kommen.

Nach ungefähr einer Stunde saßen wir alle im Wohnzimmer der Black's. Katy saß direkt vor mir, aber ich konnte sie nicht einmal ansehen, denn es war alles meine Schuld. Als ob es nicht schon mit Caden gereicht hätte, war jetzt auch noch Ace aufgetaucht. Wenn sie nur wüsste, was er getan hatte. Sofort schüttelte ich meinen Kopf, denn sowas könnte ich ihr nicht beichten. Auch, wenn sie meine Schwester war und das Recht dazu hatte, dass genauso zu wissen, konnte ich es ihr einfach nicht antun.

"Was ist passiert?", unterbrach Liam die Stille, worauf sich alle Blicke auf ihn richteten.

"Das Einzige, was ich in Erinnerung habe, ist wie ich zu Aria gehen wollte, aber dann ist alles schwarz. Als ich aufwachte, war ich gefesselt in einer verlassenen Fabrik. Niemand war da", meinte er.

"Ich war alleine im Haus. Als es an der Tür klingelte, dachte ich zuerst, dass es einer von euch ist, aber plötzlich standen da zwei Männer und haben mich gezwungen in ein Auto gesetzt", erzählte als erstes Katy, dabei spielte sie nervös mit ihren Händen.

"Nachdem du gegangen bist, war ich genauso kurz draußen gewesen, aber als ich wieder zurückkam, sah ich von weitem wie sie Katy wegbrachten. Sofort habe ich sie verfolgt", sprach Levin weiter.

"Er hat mir das Leben gerettet", sagte Katy mit einem schwachen Lächeln im Gesicht und sah dabei Levin an.

Ohne etwas zu sagen, stand ich von der Couch auf und ging in die Küche. Meinen rasenden Herzschlag versuchte ich zu beruhigen, dabei konnte ich nicht verhindern, dass eine Träne meine Wange entlang lief. Als ich einen intensiven Blick an meinem Rücken spürte, drehte ich mich um. Liam. Er lehnte am Türrahmen und sah mich mit einem undefinierbaren Blick an.

"Kannst du mich ein bisschen umarmen?", fragte ich traurig.

Er wartete keine weitere Sekunde und kam direkt auf mich zu, um mich in seine Arme zu schließen. Sofort schloss ich die Augen und fühlte mich sicher. Seine Nähe beruhigte mich und genau das brauchte ich gerade. Ohne ihn wäre ich nämlich verloren. Ich verstärkte meinen Griff, um ihn und wollte nicht, dass er mich losließ. Als ob er meine Angst verstehen würde, umarmte er mich fester.

"Wann wird es aufhören?", stellte ich ihm die Frage, worauf er einige Sekunden brauchte, um mir zu antworten.

"Ich weiß es nicht", war er ehrlich.

"Liam, ich habe Angst", gestand ich, worauf er sich ein wenig von mir löste, sodass er mich ansehen konnte.

"Ich will nicht wieder jemanden verlieren", erklärte ich.

"Das wirst du nicht und das verspreche ich dir", versicherte er mir und zog mich wieder zu sich.

Wer hätte denn gedacht, dass alles jetzt so ablaufen würde? Ein völlig normales Mädchen, das in ihrer eigenen Welt lebte, war nun in einem gefährlichen Spiel gefangen. Aus diesem Grund fragte ich mich, ob mein Leben anders wäre, wenn ich in Phoenix weiter gelebt hätte. Es waren schlechte, aber genauso auch gute Dinge hier passiert. Vielleicht war im Moment alles schwer, aber niemand konnte mir mein Glück wegnehmen. Liam. Niemals hatte ich damit gerechnet, dass ich einem so unglaublichen Jungen begegnen würde. Mich verlieben? Das war eine reine Überraschung für mich geworden. Aber Black gehörte nun mir und ich hatte nicht vor ihn zu verlieren.

"Was ist sein Ziel?", kam es plötzlich von mir, da mich diese Frage wirklich interessierte.

Ace war weder dumm oder sonst was. Er war schlau, aber genauso auch gefährlich. Auch, wenn er bei jeder Begegnung mit mir in einem freundlichen Ton um ging und sich immer ruhig verhielt, war ich mir sicher das er auch ganz anders sein konnte. Als er meinte, dass er alles für seinen Spaß machte, glaubte ich es ihm auch zuerst, denn die Dinge, die er machte, würde kein normaler Mensch tun. Aber, wenn ich mir alles genauer durch ging, sagte mir mein Gefühl, das irgendwas anderes hinter all dem steckte und ich war mir sicher, dass es auch Liam wusste.

Da er mir noch immer nicht geantwortet hatte, löste ich mich vorsichtig aus seiner Umarmung. Mir fiel nämlich erst jetzt auf wie er sich angespannt hatte. Er versteckte seine Augen vor mir, was ich hasste. Mit der Zeit hatte ich nämlich verstanden, was es bei ihm bedeutete. Mein Blick wanderte zu seinen Händen, die er zu Fäusten geballt hatte. Verzweifelt schaute ich wieder zu ihm hoch.

"Liam, du weißt, warum er das alles macht, nicht wahr?", fragte ich, aber er zeigte keinerlei Reaktion darauf.

"Sag es mir", forderte ich ihn auf, aber er reagierte nicht auf mich.

"Liam", regte ich mich auf und nahm sein Gesicht zwischen meine Hände, sodass ich ihn zwang mich anzusehen.

"Er will dich", sagte er, worauf ich ihn ungläubig ansah.

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