40. Ängste und pulsierende Kraft

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Finn
Er bemerkt einen weiteren Vampir, der einem anderen ein Zeichen gibt und augenscheinlich Levi hinterrücks angreifen will. Finn reagiert sofort und springt mit erhobenem Schwert dazwischen, sodass die Fäuste des Vampires lediglich auf die Klinge treffen. Beide Keryno stehen nun Rücken an Rücken.

„Was ist das nur für eine Scheiße!?", knurrt Finn verärgert. „Es muss einen Grund geben, warum sie uns nicht zu Sienna lassen und ich glaube nicht, dass die einfach nur mit ansehen wollen wie ihre ach so tolle Dienerin sie fertig macht."

Im Augenwinkel sieht er, dass Sienna Versuchungen macht aufzustehen. Langsam und stockend. Selbst aus dieser großen Distanz kann man ihre zitternden Beine erkennen. Sie ist zu erschöpft, um einen normalen, festen Schritt machen zu können und dennoch versucht sie es. Immer und immer wieder steht sie auf, egal wie oft ihre Beine unter ihrem Gewicht wegknicksen.

Cythia schwingt ihren Fächer leicht in Siennas Richtung, woraufhin sie unter einem schmerzvollem Schrei wieder gegen den Baum fällt. Erneut versucht sie aufzustehen, als sie plötzlich völlig in sich zusammensackt und ihr Blick sich wieder gen Himmel richtet. Cythia dreht sich kurz zu ihren Meistern und der Schwarzhaarige sagt etwas zu ihr, was Finn jedoch aufgrund der Distanz nicht verstehen kann.

Wütend schlägt er mit seinem Schwert nach dem Vampir vor ihm und auch sein Leader wird sauer, beiden ist schon längst bewusst, dass diese Vampire anders sind. Ein kurzer Blick zu Sumiko und Jonas zeigt ihnen, dass wirklich irgendetwas nicht stimmt, etwas hat sich verändert. Beider Blicke schnellen wieder zu Sienna. Cythia ist verschwunden.


Sienna

Langsam rapple ich mich auf, doch in diesem Moment erscheint es mir wie die schwerste Aufgabe der Welt. Bei jeder noch so kleinen Bewegung schmerzt mein ganzer Körper so sehr, als würden er auseinander gerissen werden.

Kurz halte ich keuchend inne, um meinen Körper ruhen zu lassen. Genau Sienna, nur noch ein kleines bisschen, dann stehst du aufrecht. Es ist nicht mehr viel. Für ein paar Sekunden wird mir unheimlich schwarz vor Augen und ich kneife sie zusammen.

In meinem Körper herrscht eine unbeschreibliche Hitze, als wäre er ein Dorf, das von der Lava eines Vulkans durchflutet wird, doch von außen habe ich das Gefühl zu erfrieren, als habe man mich in der Antarktis ausgesetzt.

Langsam öffne ich meine Augen wieder und versuche meine wie Espenlaub zitternden Beine unter Kontrolle zu bekommen.

Mir brummt der Schädel als würde ein Bienennest in ihm hausen und ich spüre meinen ganzen Körper pulsieren. Zaghaft und zögerlich mache ich einen Schritt, anschließend einen weiteren. Es kommt mir vor, als würde alles in Zeitlupe ablaufen.

Meine Rippen schmerzen so sehr, dass ich fürchte, sie würden jeden Moment in tausend kleine Einzelteile zerspringen. Das Atmen fällt mir unglaublich schwer, jeder Atemzug tut so unfassbar weh. Mein Rücken tut so unerträglich weh, dass es mich nicht wundern würde, wenn mir gleich zwei gewaltige Engelsflügel wachsen.

Ich hebe meinen Kopf und sehe Cythia direkt in die Augen, in denen nur blanker Hass und Ekel schimmert. Bevor ich einen weiteren Schritt machen kann, schwingt sie schon ihren Fächer und wirbelt den Wind in meine Richtung, der mich prompt wieder gegen den Baum presst.

Sofort entweicht mir ein Schrei, der Schmerz fährt mir durch Mark und Bein. Das treibt mich in den Wahnsinn.

Ich kann kaum noch klar denken.

Kraftlos lege ich meinen linken Arm an meinen rechten Brustkorb, lege meine linke Hand behutsam auf die Stelle, an der sich meine Rippen befinden.

Als ob ich so die Schmerzen lindern könnte.

Ich lasse meinen Arm wieder sinken und kralle mich mit meiner rechten Hand in mein Oberteil in der Nähe meines Herzens. Es hämmert so heftig gegen meinen Brustkorb, als wolle es jeden Augenblick hinausspringen. Ohne es wirklich zu bemerken richtet sich mein Blick wieder zum Himmel.

Keryno - Die verborgenen VampireWhere stories live. Discover now