47. Zusammenstoß und gemeinsame Zeit

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„Fuck!"
„Haha, bist du schlecht."
„Halt deine Fresse."
Machen sich Finn und Jonas schon wieder gegenseitig runter? Mit gehobener Augenbraue betrete ich das Zimmer der Jungs und runzle die Stirn. Jedes Mal, wenn ich hier reinkomme, sieht es noch schlimmer aus als vorher. Überall liegen Klamotten auf dem Boden als wären ihre Koffer explodiert und die Sachen dadurch herumgeschleudert worden. Die drei sitzen jeweils auf einem Sitzsack und jeder von ihnen hält einen Controller in der Hand. Belustigt lehne ich mich gegen den Türrahmen und schaue ihnen dabei zu, wie sie sich gegenseitig in irgendeinem Spiel fertig machen. Wütend schlägt Finn gegen seinen Sitzsack. „Verpiss dich Levi!"
Dieser quittiert das nur mit einem spöttischen Lacher. „Nö. Spiel halt besser."
Mir entfährt ein leises Kichern. Was für hirnlose Deppen sie doch sind.

Ich schaue geradeaus, durch die große Glaswand und richte meine Augen auf den blauen Himmel. Heute ist schon unser vierter Tag hier und bisher ist es atemberaubend schön. Wir waren nicht nur am Strand und im Wasser, sondern haben uns auch ein wenig die Stadt angeschaut und sind am Strand spazieren gegangen, haben ein paar Filme zusammen geschaut und waren in einem Freizeitpark. Ich habe so wahnsinnig viel Spaß und es fühlt sich so an, als würden wir schon immer hier leben. Als hätten wir nie etwas anderes getan, als in diesem Haus zu leben und unsere Tage so zu verbringen.
„Was finden Jungs nur an diesem Spiel?", frage ich seufzend. Okay, ich sollte da vielleicht meine Klappe nicht allzu aufreißen... In den letzten Tagen haben wir auch zusammen gezockt und ich bin auch so abgegangen wie die Drei.

„Ruhe auf den billigen Plätzen!", befiehlt Levi.

„Wer sitzt denn wie ein Affe auf dem Sitzsack?"

Der Innaby schaut mich warnend an, als Jonas plötzlich jubelt: „Erwischt!"

„Ey nee oder? Nee das zählt nicht, ich war wegen Sienna voll abgelenkt!"

„Naw, wie ein kleines Kind", ziehe ich ihn grinsend auf und lache am Ende wie er vor einigen Tagen in kindlicher Stimme: „Hehe."

Ehe er aber etwas erwidern kann, verschwinde ich auch schon und gehe wieder in mein Zimmer.

„Hey Sumi- Huh? Wo ist sie denn?"
Beim Rausgehen fällt mein Blick kurz auf den Spiegel und auf meine offenen, langen Haare. Die Länge gefällt mir wirklich sehr, auch, wenn sie mir beim Kampf ein Paar Probleme bereiten könnten. Trotzdem werde ich sie nicht abschneiden. Es war immer der Wunsch meiner Eltern, dass ich lange Haare habe und auch Sam hat sie geliebt. Dann muss ich mir eben wirklich immer einen Zopf machen, kein Problem.

Ich springe die Wendeltreppe nach unten und finde Sumiko im Wohnzimmer auf dem Sofa auf. Auch, wenn immer noch nicht weiß, wie sie plötzlich so schnell wachsen konnten.
„Was guckst du da?", frage ich und starre neugierig auf den Fernseher.
„Eh...", ich mache eine kurze Pause, „schaust du wirklich gerade Pokémon?"
Sie schaut mich ausdruckslos an und ich muss aus irgendeinem Grund anfangen zu lachen. Ich streiche mir eine Träne aus dem Augenwinkel.
„Tut mir leid, aber das ist irgendwie echt lustig. Du zeigst keine Emotionen, aber guckst Pokémon. Und das mit so einem Pokerface."

Fast kommt es mir so vor, als würde sie etwas sagen wollen, doch ihr Mund bleibt geschlossen.

„Guckst du mit?", fragt sie mich mit leiser Stimme und augenblicklich umspielt Wärme mein Herz und meine Mundwinkel schießen in die Höhe. Seit wir hier sind redet sie immer mehr mit mir, unternimmt zunehmend mehr mit mir, beziehungsweise haftet sich öfter an meine Seite, was mich wirklich glücklich macht. Ich frage mich, ob sie ihre Emotionslosigkeit irgendwann vollends abstellen wird?
„Eigentlich wollte ich dich fragen, ob du vielleicht mit mir spazieren gehen möchtest", erwidere ich lächelnd. „Aber da du gerade so schön Fernsehen guckst, lasse ich dich erst mal. Ich gehe eine kleine Runde und wenn ich wiederkomme, schauen wir zusammen was, in Ordnung?"
Sumiko nickt kaum merklich und richtet ihre Augen schon wieder auf den Bildschirm.

Keryno - Die verborgenen VampireWhere stories live. Discover now