43. Unter freiem Sternenhimmel

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Müde öffne ich die Augen und mein Kopf fühlt sich wie Watte an, als wäre ich noch immer im Land der Träume, fernab von der Realität. Im Zimmer ist es stockfinster. Die Nacht muss hereingebrochen sein.

Was ist passiert?

Ich kann mich weder an meinen Traum, noch an den Vortag erinnern, in meinem Kopf ist nichts als gähnende Leere. Ich schwinge meine Beine über den Bettrand und als ich meine nackten Füße auf den Boden setze, fährt ein eisiger Schauer durch meinen Körper, der mir die Haare zu Berge stehen lässt.

Als ich jedoch aufstehe, tanzen plötzlich schwarze Pünktchen vor meinen Augen, ich bekomme das Gefühl mich wie bei einem Karussell im Kreis zu drehen und fürchte umzukippen. Leise aufstöhnend presse ich meine Hand auf mein Gesicht, in der Hoffnung, das Schwindelgefühl würde so verschwinden.

Ich schaue an mir herunter und stelle fest, dass ich ein luftiges, weißes Kleid trage, das mir bis zum Knie reicht. Ein Blick auf meine Arme und Beine offenbart mir, dass meine Wunden bereits wieder verheilt sind. Die Salbe der Heilerin wirkt wirklich schnell.

Angestrengt versuche ich mich daran zu erinnern was gestern passiert ist, doch je mehr ich es versuche, desto heftiger brummt mein Schädel. Nach einem Blick in den Spiegel bürste ich noch schnell meine langen Haare, die mir auf einmal länger vorkommen und fast bis zur Hüfte reichen.

Huh? Letztens gingen sie gerade mal bis knapp unter den Bauchnabel, oder? Oder ist seit dem Tod von Sam, Justin und Dominik doch mehr Zeit vergangen als ich gedacht habe? Seufzend verlasse ich leise mein Zimmer und laufe durch das Schulgebäude, bis ich auf der obersten Brücke stehe. Auf einmal keimt in mir der Wunsch auf, auf das Dach zu gehen und die Stadt zu beobachten.

Mit erhobener Augenbraue tapse ich zum Geländer. Ist es wirklich eine gute Idee?

Als ich über jenes einen Blick nach unten werfe, bin ich überrascht, dass es mir egal ist und keine Angst in mir aufsteigt. Mein Kopf, der sich noch immer wie in Watte gepackt anfühlt, scheint jegliche Bedenken wie ein Gift zu betäuben. Vorsichtig steige ich auf das Geländer, um dann mithilfe der Schuhe weit nach oben zu springen, nachdem ich einen bestimmten Punkt fixiert habe.

Auf dem Dach springe ich dennoch sofort einige Meter von dem Rand weg. Als mir wieder bewusst wird, wie weit ich mich nun über dem Erdboden befinde und dass ich platt wie eine Flunder wäre, sollte ich herunterstürzen, beschleicht mich doch leichte Angst, zischend wie eine Schlange.

Das letzte Mal, als ich auf dem Dach war, bin ich fast heruntergefallen, hätte Levi mich nicht festgehalten und das war mir eine Lehre.

Um mich von ihr abzulenken, richte ich meinen Blick in die Ferne und prompt formen sich meine Lippen zu einem breiten Lächeln.

Wunderschön!

Obwohl es mitten in der Nacht ist, leuchten in Lane tausende, nein, Millionen Lichter und lassen die Stadt wie die Sonne selbst erstrahlen. Die vielen bunten und unterschiedlich farbigen Lichter lassen Lane aber auch gleichzeitig wie einen funkelnden Diamanten wirken, heben ihn von dem dunklen Nachthimmel deutlich ab. Jener ist mit unendlich vielen Sternen geschmückt, die einen leuchten heller, die anderen eher weniger. Jeder einzelne ist auf seine eigene Art und Weise besonders und einzigartig.

Der Vollmond beleuchtet sanft die Erde, als wolle er einen schützenden Schleier um die Menschen bilden, um sie vor jeglichem Leid zu beschützen. Der Wind zerrt an meinem Kleid und an meinen Haaren, schickt einen Kälteschauer über meinen Körper und lässt mich frösteln.

„Wunderschön, nicht wahr?"

Erschrocken wirble ich herum und gehe sofort in Angriffsstellung, entspanne mich jedoch wieder als ich sehe, dass es bloß Levi ist.

Keryno - Die verborgenen VampireWhere stories live. Discover now