46. In den funkelnden Diamanten

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Mit lautem Gepolter trampeln wir die Wendeltreppe wieder hinunter und holen unser Gepäck aus dem Kofferraum, um es in die jeweiligen Zimmer zu befördern. Nur gut, dass in meinem Koffer nicht viele Sachen sind. Deshalb ist er auch nicht so schwer, sonst wäre das echt anstrengend gewesen, ihn in die zweite Etage zu bringen. Er ist ohnehin nicht wirklich groß.
Die Betten in Sumikos und meinem Zimmer sind riesig und laden förmlich dazu ein, sich auf sie zu werfen und friedlich ins Land der Träume zu reisen. Außerdem stehen noch zwei Schreibtische, zwei Kleiderschränke und ein paar kleinere Schränke im Raum. Schnell räume ich meinen Koffer aus, um mich anschließend kichernd auf das Bett zu schmeißen, das meinen Sprung abfedert und mich leicht nach oben wippen lässt.
„Woah! Ist das weich!", entweicht es mir quietschend.
Hier würde ich am liebsten den ganzen Tag liegen, aber dann fällt mir wieder die Terrasse ein, also verlasse ich das Zimmer und gehe zu ihr.

Ich schiebe die Glastür zur Seite und lege meine Hände auf das Geländer. Für einen kurzen Moment blendet mich die Sonne, ehe sich meine Augen auf das weite, glitzernde Meer richten, das durch die Sonne so stark zum Funkeln gebracht wird, dass ich die Augen zusammenkneifen muss. In der Ferne drehen Möwen ihre Runden und stoßen laute Rufe aus. Der forsche Wind weht meine Haare leicht nach hinten und bringt sie in Aufruhr, während ich tief die frische Luft einatme, die mir so viel klarer, so reiner vorkommt.
Meine Lippen formen sich zu einem breiten Lächeln. Noch immer kann ich es nicht fassen, dass wir uns wirklich in Panso befinden und hier zwei Wochen Urlaub machen werden! Es fühlt sich einfach wie ein Traum an. Das passt so gar nicht zu dem, was sich in den letzten dreieinhalb Monaten abgespielt hat.
In den letzten dreieinhalb Monaten... huh?
Ich muss plötzlich wieder an gestern denken. Drehe ich langsam wirklich durch? Es hat sich so unfassbar real angefühlt, als ich mir eingebildet habe Dominik, Justin und Sam zu sehen, ihre Stimmen zu hören und vor allem Sams Hände auf meinen Schultern zu spüren. Kann das wirklich nur Einbildung gewesen sein?

Ich lache leise auf.

Natürlich war es nur Einbildung. Mit einem Lächeln summe ich leise das Lied, das Sam selbst geschrieben und immer gesungen hat. Sie war schon von Anfang an eine tolle Sängerin mit einer wundervollen Stimme gewesen und ich habe sie so oft deswegen beneidet – aber nicht auf einer negativen Art und Weise. Vor wenigen Wochen hat es mir noch Schmerzen bereitet an dieses Lied zu denken, an diese wunderschöne, sanfte Melodie, doch mittlerweile macht es mich glücklich, lässt mich abschalten. Schließlich ist das eine Sache, die mich mit den dreien verbindet, richtig? Ich sollte diesen Urlaub genießen und viel Spaß haben, damit Dominik, Justin und Sam keinen Grund haben, um sich bei mir zu beschweren, denn früher war es eigentlich ein weiterer Wunsch von uns, irgendwann gemeinsam Urlaub am Meer zu verbringen.

***

„Ich denke, wir haben dann alles oder?", fragt Finn, nachdem wir alles Mögliche an Essen und anderen Produkten, die man so gebrauchen kann, gekauft und ins Auto eingeladen haben.
Ich verschränke meine Hände hinter meinem Rücken und beuge mich leicht nach vorn, während ich die anderen aufgeregt anschaue. „Und was machen wir, nachdem wir gegessen haben?", zwitschere ich begeistert.
„Lasst uns zum Strand gehen!", schlägt Jonas breit grinsend vor.
Noch in derselben Sekunde fällt mir etwas ein. „Moment... Mist, ich hab' gar keinen Bikini!"
„Du kannst natürlich auch nackt gehen", zwinkert Levi anzüglich, woraufhin ich ihm einen Klaps gegen den Hinterkopf gebe.
„Das hättest du wohl gerne du perverses Schwein."

Wir fahren also zu einem Einkaufscenter, wo Sumiko und ich uns einiges an Sommerkleidung holen, ehe wir wieder zum Strandhaus zurückkehren. Ich beschließe, den Bikini mit den Rosen anzuziehen, die in verschiedenen Lilatönen, und ab und zu auch in Weiß, abgebildet sind und bei dem an das Unterteil ein knapper Rock angenäht ist. Außerdem sind sowohl Oberteil als auch Unterteil mit wenigen Rüschen ausgestattet, was ihn unheimlich niedlich aussehen lässt. Drüber ziehe ich ein dünnes, luftiges, weißes Sommerkleid. Schnell setze ich noch den großen Sonnenhut auf und gehe in den Garten des Strandhauses, wo sich eine Holztür befindet, hinter der eine lange Steintreppe geradewegs zum Strand führt. Ein Windstoß erfasst meinen Hut, doch in letzter Sekunde kann ihn noch rechtzeitig festhalten. Aufgeregt drehe ich mich zu den Anderen um, die mittlerweile auch gekommen sind und sich ebenfalls in kurze Sachen geworfen haben. Die Sonne scheint erbarmungslos auf uns herab und bringt uns schon durch das bloße Herumstehen zum Schwitzen.

Keryno - Die verborgenen VampireWhere stories live. Discover now