Der Brief

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Der nächste Morgen brach herein. Lucy zog sich ihren Pyjama aus und zog sich ihre Schuluniform an.
Sie hatte nicht gut geschlafen und war daher ziemlich müde. ‚Nur noch heute und dann ist Wochenende' dachte sie sich.
Und tatsächlich hatte Lucy ihre erste Schulwoche fast geschafft.
Sie ging in die große Halle, wo sie sich an den Tisch zu den anderen Slytherins setzte.
„Guten Morgen, Potter." rief Draco ihr zu.
„Setz dich zu mir." sagte Pansy zu Lucy. Also setzte sich Lucy zu Pansy und den anderen Slytherin-Mädchen.
Sie aßen gerade Müsli, als die ersten Eulen hereinflatterten.
Eine Eule flog über Lucy und ließ einen Brief für sie fallen. Lucy fing ihn auf, ehe er in ihre Müslischüssel fallen konnte. „Wer mir wohl schreibt?" fragte sich Lucy laut. Auch Harry bekam Post. Ein ziemlich großes Paket sogar. Alle Schüler am Gryffindor-Tisch staunten. In dem Paket war der Nimbus 2000. Der aktuell schnellste Besen. Lucy fragte sich, wer ihm wohl so ein Geschenk machen würde. Allerdings freute sie sich innerlich für ihren Bruder.
Sie öffnete nun ihren Brief und darin stand:

Liebe Lucy,

ich kann nicht in Worte fassen, wie leid mir alles tut. Ich könnte es dir nicht ins Gesicht sagen, weil ich dich nicht weinen sehen kann.
Daher schreibe ich dir diesen Brief.
Mir tut es leid, dass ich dir so wenig Aufmerksamkeit schenke. Wir haben doch nur noch uns beide und es wäre schön blöd, wenn wir uns auch verlieren würden. Seit Tagen überlege ich, wie ich dir mitteilen kann, wie unendlich es mir leid tut, dir so weh getan zu haben.
Ich hoffe du kannst mir verzeihen und ich verspreche dir hiermit, dass wir mehr Zeit miteinander verbringen.
Es tut mir auch leid, dass ich dir solche Vorwürfe bezüglich deines Hauses gemacht habe. Das war dumm von mir. Natürlich würdest du niemals auf die dunkle Seite wechseln. Mir ist doch egal, in welchem Haus du bist. Du wirst immer meine Zwillingsschwester bleiben.
Ich würde mich freuen, wenn du morgen früh gegen 10 Uhr bei meinem Quidditch-Training dabei sein wirst. Ich erwarte dich und freue mich dich zu sehen.

In Liebe, Harry.

Er hatte sich tatsächlich entschuldigt. Lucy ging ein Herz auf. Sie hatte ihren Bruder nicht verloren. Er war zwar zu feige gewesen es ihr ins Gesicht zu sagen, aber der Brief war Entschuldigung genug. Natürlich würde sie ihren Bruder morgen früh beim Training zusehen. Sie sah zu Harry rüber und freute sich umso mehr für ihn, dass er nun den schnellsten Besen der Welt besaß. Pansy und die anderen tuschelten. Auch Draco und seine Bande von Jungs flüsterte und deutete zu Harry rüber. Lucy wusste, dass sie es ihm nicht gönnten aber dafür gönnte sie es ihm umso mehr und darauf kam es an. Dass sie zusammen hielten, egal was andere dachten.
Der Schultag ging schnell vorbei und ehe Lucy sich versah, ging es bereits zum Abendessen. Pansy setzte sich zu ihr und sagte aufgeregt: „Wusstest du, dass drei Gryffindors in unserem Alter den Troll vor wenigen Tagen außer Gefecht gesetzt haben?"
„Nein aber das ist doch klasse." erwiderte Lucy
„Nein ist es nicht. Es handelt sich nämlich dabei um Granger, Weasley und deinen ach so tollen Bruder. Die Granger war anscheinend blöd genug dem Troll hinterherzulaufen und die beiden anderen haben sie dann gerettet. Wenn du mich fragst, hätte der Troll dieses hässliche Schlammblut ruhig um die Ecke bringen können." sagte Pansy in einem schnippischen Ton. Lucy war erstaunt, dass ihr Bruder und seine Freunde einen ausgewachsenen Bergtroll besiegt haben. Nun hatte Harry zwei weitere Erfolgserlebnisse. Ein Mal, dass er der jüngste Sucher seit langem war und ein Mal, dass er einen ausgewachsenen Troll besiegt hatte. Lucy hatte leider noch nicht so viel erreicht. Wird sie für immer nur die ,Schwester von' bleiben? Lucy hatte es sichtlich auch drauf. Schließlich war sie im Stande alte Magie auszuführen und auch sonst gelangen ihr bisher alle Zaubersprüche auf Anhieb. Sie konnte ihre Magie sehr gut kontrollieren. Wieso hatte sie dann den Bergtroll nicht besiegen können? Und wieso war sie nicht die jüngste Sucherin seit langer Zeit? Vermutlich, weil ihr Bruder immer zuerst da war. Bereits seit seiner Geburt. Harry hatte nämlich am 31. Juli Geburtstag, während Lucy in der Nacht vom 01. August zur Welt kam. Scheinbar war Harry in allem der Erste. Bei diesen Gedanken wurde Lucy ganz mulmig zumute. Niemand sah, dass sie auch etwas Besonderes war.
„Hey, Potter!" riss Draco sie aus den Gedanken.
„Hast du Lust morgen Vormittag mit den anderen zum schwarzen See zu gehen?" fragte Draco.
„Tut mir leid, Malfoy. Ich bin morgen schon mit Harry verabredet. Er hat morgen sein erstes Training und ich sehe zu." antwortete Lucy.
„Alles klar, wenn du meinst. Du solltest dich nächstes Jahr vielleicht auch fürs Quidditch-Team bewerben. Dann sehen wir, wer den besseren Potter-Zwilling im Team hat." grinste Draco.
„Wieso um alles in der Welt sollte ich mich bewerben, geschweige denn angenommen werden?" fragte Lucy verwirrt.
„Dein Vater war ein Jäger. Und nicht nur irgendein Jäger, er hat sogar eine Schulauszeichnung dafür bekommen. Es liegt scheinbar in eurer Familie und wenn es dein dummer Bruder geschafft hat, dann du erst recht. Denk daran, dass Slytherin gute Spieler braucht um am Ende des Jahres den Quidditch-Pokal zu bekommen." antwortete Draco.
‚Wow, mein Vater war ein Jäger. Und sogar ein sehr guter Jäger.' dachte sich Lucy.
„Ich werde nächstes Jahr daran denken." sagte Lucy und lächelte dabei. Wenn sie ins Team aufgenommen werden würde, dann hätte sie tatsächlich etwas in ihrem Leben erreicht.
Und so brach bereits der neue Morgen herein. Lucy zog sich schnell um, denn sie wollte ja unbedingt Harry nach dem Frühstück begleiten.
Sie ging in die große Halle und winkte ihm freudig zu. Harry winkte zurück. Er hatte bereits seine Quidditch-Sachen an. Sie aßen beide auf und gingen dann gemeinsam zum Quidditch-Feld.
„Es freut mich, dass du gekommen bist." sagte Harry.
„Natürlich Harry, du bist mein Bruder und ich werde dich in allem und jederzeit unterstützen! Und wenn es das Quidditch-Training ist." sagte Lucy und lächelte ihn an.
„Ich war ein ziemlicher Idiot, weißt du. Ich habe gar nicht gemerkt, dass du traurig bist. Du musst dir vorstellen, dass es alles vollkommen neu für mich ist. Also für dich ja sicher auch."
„Ähm ja also was das angeht..." sagte Lucy und ihre Stimme wurde leiser.
„Was meinst du?" fragte Harry sichtlich verwirrt.
„Ich wusste von klein auf Bescheid. Ich bin in der Zaubererwelt groß geworden." Lucy schämte sich.
Harry blieb stehen und starrte sie an.
„Du hast nie etwas gesagt?! Und du wusstest es von Anfang an?!" Harry war wütend.
„Harry, hör mir zu. Ich durfte dir nichts sagen. Tante Petunia und Onkel Vernon haben mir gedroht, dass ich dich nie wieder besuchen dürfe." Lucy versuchte ihn zu beruhigen.
„Ich verstehe.." sagte Harry.
„Tust du das wirklich?"
„Ja. Ich hätte wahrscheinlich dasselbe getan."
Lucy war erleichtert.
Gemeinsam gingen sie weiter zum Feld.
Lucy verabschiedete Harry bei den Umkleiden und setzte sich auf die Tribüne.
Sie konnte von dort aus auf den schwarzen See blicken und sah direkt ihre Freunde. Sie schubsten offenbar einen Ravenclaw-Schüler hin und her. Lucy war froh, lieber bei Harry zu sein. Das ist sinnvoller, als Schüler herum zu schubsen.
Und schon kamen die sieben Quidditch-Spieler aufs Feld und das Training begann.
Lucy schaute Harry zwei Stunden stolz zu.
Nach dem Training gingen sie wieder gemeinsam zurück ins Schloss und Lucy versprach Harry von nun an bei jedem Training und jedem Spiel zuzusehen und ihn anzufeuern.
Zurück im Schloss kam ihnen Draco und seine Bande entgegen. „Na sieh mal an. Potter eins und Potter zwei." Draco sah erst zu Harry und dann zu Lucy. „Potter, ich freue mich schon auf heute Abend." sagte Draco und schaute Lucy mit seinen grauen Augen an.
„Heute Abend?" fragte Lucy.
„Heute Abend findet im Gemeinschaftsraum eine kleine Feier statt. Um die erste Schulwoche einzuweihen. Wir erwarten dich." Draco und die anderen gingen.
„Gehst du da wirklich hin?" fragte Harry.
„Wieso denn nicht? Es ist doch mein Haus."
„Stimmt.. aber Malfoy ist auch da." sagte Harry angespannt.
„Harry.. wir sind in einem Haus. Natürlich ist er da. Außerdem denke ich, dass er dich ein wenig ärgern wollte."
„Mich ärgern? Das schafft er nicht." entgegnete Harry ihr.
„Sicher? Ich meine ihr wisst beide, dass ihr euch nicht ausstehen könnt und ich stehe genau zwischen euch. Ich hatte den Eindruck, dass er es mit Absicht vor dir gesagt hat." sagte Lucy.
„Ach dem Typen hör ich gar nicht richtig zu. Außerdem werden ja noch andere als Malfoy da sein. Also geh und hab Spaß." sagte Harry und gab ihr eine Umarmung. Sie verabschiedeten sich und Lucy ging in ihr Zimmer.
Sie nutzte die Zeit bis zur Feier und überlegte, was sie anziehen könnte. Ein 11-jähriges Mädchen hat üblicherweise keine Klamotten für eine Feier im Schrank. Also zog sie sich ein einfaches grünes Top an (für Slytherin) und eine schwarze Jogginghose. Die Haare lockte sie sich leicht und ging auch schon in Richtung Gemeinschaftsraum.

Und doch liebt sie ihnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt