15. Freunde

1.3K 82 10
                                    

Den ganzen restlichen Tag höre ich Musik, schreibe mit Katie und fühle mich glücklich.

Katie: Sag mal, hat Jim eigentlich auch WhatsApp?

Me: Keine Ahnung, ich schau mal kurz.

Ich gehe aus der Konversation mit Katie raus und dann auf Kontakte. Tatsächlich erscheint J. Moriarty in der Liste. Kurzerhand beschließe ich, ihn anders einzuspeichern und gehe zu meinen Kontakten. So ändere ich seinen Kontakt von "J. Moriarty" zu "Jim".
Zufrieden gehe ich wieder auf WhatsApp und dann auf Jims Kontakt um mal zu schauen wie er so auf WhatsApp rüberkommen will. Sein Profilbild sieht schonmal nett aus, da grinst er niedlich in die Kamera und das Bild ist schwarzweiß. Sein Status offenbart seine romantische, aber auch nette Seite. Gleichzeitig aber merke ich, dass es da noch etwas an ihm gibt was ich noch nicht kenne.
"Nerds are the best kissers and when we love, we are thankful. But don't mess with me, I'll shoot you down."
So kannte ich ihn noch gar nicht.
Ich gehe wieder auf die Konversation von mir und Katie.

Me: Ja, hat er. :D

Katie: Cool! Schreib ihn doch mal an ^^

Me: .-.

Katie: Komm schon, ich merke doch dass du ihn magst ;)

Me: -_- Du bist blöd.

Katie: Ha, du machst es! @-@

Grinsend rufe ich Jims Kontakt auf und eine neue Konversation öffnet sich.

Me: Seit wann hast du WhatsApp?

Jim: Seit etwa einem Monat ^^

Me: Cool! :D

Jim: Ouh, so gute Laune? ;)

Me: Ja, Katie hat mir etwas geschenkt. Ich kann jetzt Musik hören *^*

Jim schickt einen Tränen lachenden Smiley zurück und schreibt dann noch weiter.

Jim: Das freut mich für dich ^^ Was hörst du denn so für Musik?

So schreibe ich mit Katie und Jim gleichzeitig, wobei Katie die ganze Zeit wissen will worüber ich und Jim schreiben. Aber ich erzähle es ihr nicht ganz, weswegen sie nicht locker lässt. Doch schließlich bin ich müde, verabschiede mich von beiden und gehe dann ins Bett.

* * *

So geht das die nächsten zwei Monate, ich telefoniere Abends mit Katie oder Jim, gehe arbeiten und schaffe es sogar, mich ein wenig in der Gehaltsliste hochzuarbeiten.
Jeden Samstag treffe ich mich mit Jim, mal in einem Café, mal in einem Park und wir reden miteinander. Ich bin mittlerweile schon so weit, dass ich Jim zur Begrüßung und zum Abschied kurz umarme, so wie man es täglich auf den Straßen sieht. Es geht mir so gut wie schon lange nicht mehr, meine Angst geht zurück und ich merke wie ich mich verändere. Auch spüre ich, dass meine Zuneigung zu Jim stärker wird, aber dann ist da noch meine Angst, die mich zurückhält. Ich kann mir nicht sicher sein.
Jetzt sitzen wir gerade in einem Café, Jim trinkt seinen Kaffee und ich sitze vor meinem Tee. Ich trage eine dunkelblaue Bluse und eine schwarze Jeans, Jim eine blaue Jeans und ein grünes T-shirt.
"Melody, ich wollte dich gerne etwas fragen", meint Jim plötzlich und schaut mich aufmerksam an.
"Klar, frag nur."
Da holt er tief Luft und stützt die Ellenbogen auf den Tisch.
"Mel, du weißt, dass ich viel mit meinen Klienten zu tun habe. Unter ihnen sind manchmal auch Freunde von mir, und einer dieser Freunde hat mich auf eine Abendveranstaltung bei sich zu Hause eingeladen. Er meinte ich könnte mit Begleitung kommen, und da dachte ich mir, naja, dass du doch mitkommen könntest. Wir würden als Freunde dorthingehen und du würdest mal andere Menschen kennenlernen."
Er schaut mich fragend an und ich nicke langsam.
"Ja, warum nicht. Das ist bestimmt lustig", antworte ich lächelnd und Jim grinst verlegen.
"Cool. Naja, eigentlich bin ich etwas überrascht darüber, dass du mitkommen willst."
Ich persönlich auch, aber ich sage Jim nichts davon. Der Gedanke mit ihm auf eine Art Party zu gehen ist aufregend.
Also zucke ich nur mit den Schultern und trinke von meinem Tee.
"Ich bin halt mutiger geworden."
"Oh ja, das bist du. Katie und ich sind sehr stolz auf dich."
Geschockt schaue ich ihn an.
"Du und Katie? Wie? Seit wann? Und warum hört sich das so seltsam in meinen Ohren an?", frage ich verwirrt und Jim lacht.
"Keine Sorge, das ist nichts schlimmes. Ich habe mich nur mit ihr ausgetauscht, damit ich dir am besten helfen kann. Und sie hat mir ein paar Tips gegeben."
"Gut zu wissen. Trotzdem hört es sich so an, als wärt ihr zwei meine Eltern oder sowas", sage ich lachend und schaue Jim über den Rand meiner Tasse hin an. Auch er lacht und nimmt einen Schluck von seinem Kaffee.
"Ne, ich glaube dafür bin ich zu jung."
Mit einem schelmischen Grinsen schaut er mich an und ich lache.
"Hm, dieser Kaffee tut echt gut", murmelt Jim, schaut traurig in seine Tasse und trinkt dann den letzten Schluck.
"Wollen wir gehen?", frage ich ihn, er nickt und will gerade sein Portemonnaie herausholen, da halte ich ihn auf.
"Halt! Heute bezahle ich."
Mit diesen Worten winke ich die Kellnerin heran und bezahle unsere Bestellung freundlich lächelnd. Jim beobachtet mich und steht dann mit mir auf.
"Es freut mich zu sehen, dass es dir besser geht. In jeder Hinsicht."
"Danke."
Fröhlich grinsend verlasse ich das Café und Jim folgt mir, dann gehen wir nebeneinander durch die Straßen.
"Also, auf dieser Abendveranstaltung, da muss ich Abendgarderobe tragen, richtig?", erkundige ich mich und Jim nickt bestätigend.
"Genau. Nichts zu förmliches, ich persönlich darf wieder einen Anzug tragen. Westwood wohlgemerkt."
Er lächelt verträumt und ich muss lachen.
"Oh mann, du scheinst deine Anzüge ja regelrecht zu vergöttern."
"Naja, sie sind toll! Aber vergöttern würde ich das nicht nennen..."
"Oh doch! Jedes Mal wenn du Leute mit billigen Anzügen siehst verziehst du das Gesicht. Und weißt du noch der Typ, der uns in einem Westwood Anzug entgegengekommen ist?"
"Jaaaa, okay", gibt Jim es zu und hebt beide Hände.
"Aber was kann ich dafür wenn Westwood einfach fantastische Anzüge fertigt, die qualitativ hochwertig und perfekt geschnitten, sowie großartig verarbeitet sind."
"Du solltest Werbesprecher werden."
Er wirft mir einen Ist-das-dein-Ernst-Blick zu und verdreht dann die Augen während ich kichernd neben ihm herlaufe.
"Womit habe ich das verdient", murmelt er, doch ich weiß, dass er das nicht ernst meint.
"Naja, ich muss aber zugeben dass dir diese Anzüge verdammt gut stehen."
Da grinst er wieder.
"Dankeschön! Siehst du, sie sind einfach gut."
Nun bin ich diejenige, die die Augen verdreht.
"Nun ja, das ist leicht wenn einem sowieso alles unverschämt gut steht", murmele ich so leise wie möglich und zu mir selbst, doch Jim wird hellhörig.
"Wie war das?"
"Nichts."
Ich strahle ihn unschuldig an doch er zieht skeptisch eine Augenbraue nach oben.
"Aha", meint er nur, dann kommen wir an eine Bank und setzen uns darauf. Nebeneinander sitzen wir da und schauen auf den Straßenverkehr. Zwischen uns befindet sich ein, für unsere Beziehung zueinander, angemessener Abstand, was für mich auch mittlerweile absolut okay ist.
Da kommen auf einmal zwei junge Frauen vorbei und die eine scheint vollkommen überwältigt von Jims Erscheinung zu sein. Mit großen Augen schaut sie ihn an, doch er beachtet sie gar nicht. Amüsiert beobachte ich, wie die andere Frau ihre Freundin grinsend mit sich zieht und mit ihr im nächsten Laden verschwindet.
"Ist was?", fragt Jim nach als ich nach einer Weile immernoch nichts gesagt habe.
"Nein, nicht wirklich. Ich habe mich nur gefragt warum du keine Freundin hast. Die Frauen liegen dir zu Füßen und du hast ja selbst gesagt dass manche dir ihre Adresse hinterherschmeißen, also verstehe ich nicht warum du Single bist. Und das seit ich dich kenne, was mittlerweile etwas mehr als vier Monate sind."
"Ähm, he, das... das ist eine interessante Frage."
Unsicher, verlegen und irgendwie niedlich schaut er mich an und lächelt gekünstelt.
"Ich... ich habe einfach kein Interesse an diesen Frauen."
"Bist du etwa... schwul?", frage ich vorsichtig nach, da schaut Jim ein wenig schockiert.
"Nein! Ich habe nur seit vier Monaten keine Freundin mehr weil die letzte mir gezeigt hat dass es schnell nicht immer das beste ist."
"Oh. Entschuldigung."
"Schon okay. Diese Annahme war ja berechtigt, wenn auch seltsam."
Er lächelt verschmitzt.
"Aber wie steht es bei dir? Irgendwelche Verehrer?"
Ich schaue auf meine Hände.
"Nein. Ich lasse niemanden an mich heran, das weißt du doch. Aber ich bin nicht lesbisch!"
"Hm, interessant."
"Was?"
"Ach, nichts."
Doch er beißt sich grinsend auf die Unterlippe und ich atme tief durch.
"Du bildest dir schon wieder etwas auf die Tatsache ein, dass ich nur mit dir so umgehen kann, habe ich recht?"
"Vielleicht. Aber ich habe doch allen Grund dazu, finde ich zumindest."
Ich verdrehe die Augen und rutsche demonstrativ von ihm weg.
"Wie auch immer."
Da lacht Jim auf und rutscht mir hinterher. Er legt mir einen Arm um die Schultern und grinst mich an.
"Ach komm, ich mach doch nur Spaß."
Ich schaue kurz zu ihm und muss dann auch grinsen.
"Ich weiß", seufze ich gespielt auf und Jim nimmt seinen Arm von meinen Schultern.
"Bevor ich's vergesse, die Veranstaltung ist am Samstag um 19 Uhr, also nächste Woche. Ich hole dich um halb bei dir zu Hause ab, okay?"
"Jap, das hört sich gut an."
Plötzlich klingelt Jims Handy und er geht überrascht ran.
"Ja?"
Ich höre weg und beobachte die Straße, damit auch die Leute um uns herum. Die meisten fallen nicht wirklich auf, sie entsprechen der Norm und haben sich bereits angepasst. Doch dann sind da auch welche, die unbedingt aus der Masse herausstechen wollen.
Eine kleine Gruppe von Goths kommt vorbei, alle haben schwarze Sonnenschirme aufgespannt und tragen viele Spikes und Nieten überall. Auf der anderen Straßenseite laufen zwei Punk-Mädchen mit Pink gefärbten Haaren vorbei. Doch besonders fällt mir ein Pärchen auf, ein typischer Badboy mit geöffnetem Hemd, an dessen Seite eine fett geschminkte blonde Barbie hängt.
"... okay Seb. Ich bin gleich da."
Ich drehe den Kopf zu Jim zurück, der gerade auflegt und mich entschuldigend anschaut.
"Tut mir leid, das war Seb. Anscheinend muss einer meiner Klienten unbedingt mit mir sprechen."
Er verzieht missmutig das Gesicht und steht auf.
"Ich muss sofort los. Du kommst doch alleine nach Hause?"
"Aber klar! Ich bin hier aufgewachsen!", sage ich und stehe auch auf.
"Gut. Wir sprechen uns."
Er nimmt mich kurz in den Arm, dann eilt er auch schon davon, während ich zur nächsten Bushaltestelle gehe. Jim wirkt wirklich traurig darüber, dass er jetzt weg muss, was ich ehrlich gesagt auch bin.

* * *

Moriarty In Love Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt