22. Geburtstag

1.1K 71 7
                                    

"Wie alt wirst du denn?", fragt Jim mich im Auto und fährt los.
"24", antworte ich und er grinst.
"Ich bin nur drei Jahre älter als du. Aber irgendwie wirkst du älter."
"Na Danke", schnaube ich schmunzelnd und verschränke gespielt beleidigt die Arme vor der Brust.
"Nein! So meinte ich das doch gar nicht! Ich wollte nur sagen dass du nicht so bist wie andere in deinem Alter."
Ich lächle und boxe ihn leicht gegen den Oberarm. Da scheint ihm noch etwas anderes einzufallen und sein Griff um das Lenkrad verstärkt sich. Seine Fingerknöchel treten weiß hervor und er spannt seine Kiefermuskeln an. Nun wirkt er bedrohlich und eiskalt. Erschrocken schaue ich ihn an und ziehe die Hand zurück.
"Was hast du denn?"
"Du bist viel zu jung für all das", sagt er und ich höre Wut und Trauer in seiner Stimme. Er schluckt hart und atmet tief durch.
"Jim... das ist... i-ich...", stottere ich da ich nicht weiß was ich darauf sagen soll. Aber auch weil ich überrumpelt bin dass es Jim so nahe geht was ich erlebt habe.
So schweigen wir eine Weile bis sich Jim ein wenig beruhigt hat und seine Anspannung nachlässt.
"Wir hätten uns sonst nicht getroffen", sage ich leise und ohne wirklichen Zusammenhang, doch Jim dreht den Kopf. Seine dunklen Augen mustern mich, dann muss er sich wieder auf die Straße konzentrieren.
"Ja", antwortet er und atmet tief durch.
"Aber heute ist dein Geburtstag und wir sollten davon nicht sprechen."
Er lächelt schief, doch es ist ein gequältes Lächeln. Da lege ich ihm eine Hand auf den Arm und drücke ihn sanft.
"Denk einfach nicht mehr daran. So mache ich es auch, und du siehst wie gut es mir geht", rate ich ihm und grinse übertrieben. Jim schaut mich an und muss lachen. Die Anspannung und das blöde Gefühl verschwinden und wir beginnen über andere, fröhlichere Dinge zu sprechen.
"Wohin fahren wir eigentlich?", frage ich nach einer Weile und schaue aus dem Fenster. Die Gegend kenne ich nicht, doch da halten wir auf dem Parkplatz eines Restaurants und Jim schaltet den Motor ab.
"Hier hin", meint er und steigt aus. Neugierig schaue ich auf die erleuchteten Fenster, dann steige ich auch aus.
Es ist schon düster und die Straßenbeleuchtung ist bereits angeschaltet. Das Restaurant ist ein kleines Lokal mit rötlichem Holzboden, nett angerichteten Tischen und angenehmer Beleuchtung. Wir betreten es durch die Eingangstür und Jim zieht sich die Jacke aus. Er nimmt mir meinen Mantel ab und hängt beides an die Garderobe. Da kommt ein lächelnder Kellner auf uns zu und bleibt bei uns stehen.
"Mister Moriarty, schön Sie mal wieder zu sehen!"
Er ergreift Jims Hand und schüttelt sie, während ich ihn erstaunt mustere.
"Und Sie sind heute in Begleitung wie ich sehe? Schönen guten Abend Madame."
Er bietet auch mir die Hand an und ich schüttele sie.
"Ihnen auch."
Er lächelt mich freundlich an.
"Und darf ich fragen wie Sie heißen?"
"Klar dürfen Sie. Ich bin Melody Grand."
"Herzlich willkommen bei uns, Miss Grand!"
Er grinst und wendet sich dann an Jim.
"Wie immer?"
Jim nickt und der Kellner bedeutet uns ihm zu folgen. Er führt uns zu einem Tisch für zwei Personen, der am Fenster steht. Bevor Jim sich setzt hält er den Kellner am Arm fest und sagt ihm leise etwas ins Ohr. Dann setzt er sich hin.
"Keine Kerze bitte", meint Jim als der Kellner die Kerze auf dem Tisch gerade anzünden will. Dieser nickt und nimmt sie weg, stattdessen gibt er uns die Menükarte.
"Was kann ich Ihnen denn zu trinken bringen?"
"Für mich eine Cola", bestellt Jim und der Kellner schaut mich an.
"Ähm, ein Wasser, bitte."
"Kommt sofort", verabschiedet sich der Kellner und verlässt unseren Tisch.
Ich schaue Jim mit schiefgelegtem Kopf an und er grinst.
"Was wird das hier?", frage ich ihn und er stützt den Kopf auf die Hände.
"Lass dich überraschen."
"Oh je, hoffentlich wird das nicht so eine Überraschung wie mein vorletzter Geburtstag."
Er hebt eine Augenbraue.
"Wieso?"
"Naja, Katie und ich waren auch erst essen, aber danach waren wir Schlittschuh laufen. Das Problem ist, ich kann nicht Schlittschuh laufen, und so stand ich die ganze Zeit nur am Rand."
"Ou, das ist... ungünstig", meint Jim lachend und ich muss grinsen, während ich in die Karte schaue.
"Jup. Vorallem hat mich dann ein Typ angesprochen, so von wegen einmal mit ihm fahren und so. Ich habe fast einen Herzinfarkt bekommen und wusste vor Panik nicht was ich machen sollte. Und dann kam Katie zu uns und meinte zu dem Kerl er solle sich verziehen. Was soll ich sagen, jetzt sind sie verlobt."
Da muss Jim lachen und ich grinse heftiger. Als er sich wieder beruhigt hat schaut er mich mit einem Blick an, den ich nicht deuten kann. Aber es ist ein freundlicher Blick, der mir ein Kribbeln auf der Haut verursacht.
Da kommt der Kellner mit unseren Getränken und unterbricht diesen Moment um unsere Bestellungen aufzunehmen. Danach sprechen wir einfach über Dinge die uns in den Sinn kommen bis unser Essen kommt. Ich bin ganz entzückt über die Anordnung der Gerichte, denn die an sich sind schon kleine Kunstwerke.
"Ich traue mich gar nicht sie zu essen. Da mache ich doch alles kaputt", klage ich.
"Solltest du aber, es lohnt sich", antwortet Jim mit einem Augenzwinkern. Und er hat recht, es schmeckt tausendmal besser als alles was ich bisher gegessen habe.
Nach dem Essen bleiben wir noch sitzen und reden weiter, bis der Kellner die leeren Teller wegräumt.
"Ich hoffe es hat Ihnen geschmeckt?"
"Oh ja, sehr", erwidere ich lächelnd und trinke noch etwas. Jim pflichtet mir bei und der Kellner bedankt sich lächelnd.
"Sind Sie dann bereit für den Nachtisch?", erkundigt er sich mit einem fragenden Blick zu Jim, der mich kurz anschaut und dann nickt.
"Ich denke ja, danke."
Der Kellner geht mit schnellen Schritten wieder und ich schaue ihm verwundert hinterher.
"Wir haben doch gar nichts bestellt?"
Da legt Jim sich einen Finger auf die Lippen und zwinkert mir zu.
"Psst, die Überraschung."
Grinsend betrachtet er mein Gesicht, in dem sich wahrscheinlich absolute Verwirrung spiegelt.
Da kommt der Kellner wieder, mit einem Tablett auf dem Arm und stellt zwei Schälchen vor uns hin. In ihnen befindet sich anscheinend Mousse au Chocolat, garniert mit frischen Früchten und einem Pfefferminzblatt.
Mit einem Löffel probiere ich vorsichtig und mache große Augen.
"Na, das ist doch was, oder?", fragt Jim grinsend und ich nicke sofort.
"Das ist eine Spezialität des Hauses und wird nur zu besonderen Anlässen frisch gemacht."
Ich schaue Jim schmunzelnd an und lege den Kopf schief.
"Danke dir Jim."
"Keine Ursache."
Er lächelt mich an, dann essen wir unseren Nachtisch bis nichts mehr übrig ist.
"Mann war das gut", seufze ich und strecke mich in meinem Stuhl.
"Besser als der eine Geburtstag?", hakt Jim nach und ich nicke.
"Auf jeden Fall."
Da kommt der Kellner zu uns und räumt das Geschirr weg, dabei nimmt er lächelnd unser Lob entgegen.
"Es freut uns dass es Ihnen geschmeckt hat. Wir wünschen Ihnen noch einen schönen Abend."
Damit geht er und Jim steht auf.
"Warte, was ist mit bezahlen?", frage ich verwirrt und erwarte schon dass Jim sich an den Kopf fasst.
"Ich bezahle immer auf Rechnung", erwidert dieser stattdessen und bietet mir seine Hand an. Ich lasse mich von ihm auf die Füße ziehen und wir gehen zum Ausgang.
"Und was machen wir jetzt?", frage ich, muss aber gleichzeitig ein Gähnen zurückhalten.
"Ich denke, angesichts der Tatsache dass ich morgen arbeiten muss und du bereits müde bist würde ich sagen, nichts mehr", schlägt er vor und gibt mir meinen Mantel.
"Du hast recht", meine ich und wir gehen zum Auto.
"Jim."
Er dreht sich zu mir und schaut mich aufmerksam an.
"Ja?"
Da nehme ich ihn fest in den Arm und flüstere an seinem Ohr:
"Vielen Dank dass du da bist."
Er erwidert die Umarmung, obwohl es am Anfang so wirkte als würde er mich gleich küssen. Doch das tut er nicht.
"Das hat noch nie jemand zu mir gesagt", murmelt er leise und ich löse mich von ihm um ihn anzuschauen.
"Dann wird es aber mal Zeit."
Ich lächle und nehme einer Eingebung folgend seine Hand. Erstaunt schaut er auf unsere Hände, dann grinst er und wir gehen zum Auto. Da lasse ich seine Hand los und wir steigen ein. In einem Film würden die zwei Hauptpersonen sich in so einer Szene immer küssen, doch wir beide nicht. Dafür bin ich noch nicht bereit.
"Ach ja, bevor ich es vergesse, ich habe dir dein Geschenk ja noch nicht gegeben", meint Jim plötzlich im Auto und ich schaue ihn verdattert an.
"Ein Geschenk? Für mich? Aber wie hast du-"
Da legt er einen Finger auf die Lippen und grinst.
"Geheimnis. Ich hoffe es gefällt dir."
Er holt wie aus dem Nichts eine kleine Schachtel hervor und reicht sie mir. Grinsend beobachtet er wie ich es öffne und mir stockt der Atem. Es ist ein nigel-nagelneues Handy der neuesten Generation.
"Aber Jim, das kann ich unmöglich annehmen!"
"Nein, Umtausch ausgeschlossen. Ich bestehe darauf dass du es annimmst."
"Aber das war doch gewiss teuer...", murmele ich nur noch halbherzig und schaue mir das Gerät vorsichtig an. Es ist elegant und sehr flach, aber es gefällt mir sofort.
"Na und? Ich habe genug Geld, außerdem kannst du ein neues Handy gut gebrauchen", wehrt Jim meinen Einwand ab und ich seufze.
"Na schön. Vielen Dank Jim."
Ich schaue ihn warm an und er startet grinsend den Motor.
"Keine Ursache, ist doch dein Geburtstag."
Damit fährt los und ich schmunzele. An seinem Haus lasse ich müde meinen Mantel auf einen Stuhl in der Küche fallen.
"Ich bin vielleicht müde."
Dann gehe ich mich bettfertig machen und Jim folgt mir.
"Ich auch."
Wenig später stehen wir oben im Flur und ich nehme ihn nochmal in den Arm.
"Danke für den Abend, es war wirklich schön."
"Finde ich auch. Wir könnten das gerne öfter machen."
Ich lache und schaue auf den Boden.
"Naja, ich gehe jetzt erstmal ins Bett. Gute Nacht."
"Gute Nacht Melody."

~~~

Moriarty In Love Where stories live. Discover now