17. Die Feier

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Meine Aufregung wächst als wir die Stufen hinaufgehen und Jim an der großen Eingangstür klingelt. Während wir warten, dass uns geöffnet wird, höre ich auf die Geräusche der Umgebung.
Irgendwo höre ich in weiter Ferne eine Straße, von drinnen leise Musik und Gelächter. Der Wind in den Büschen und Bäumen, sowie Grillen. Der Duft von Blumen steigt mir in die Nase und auch der Duft von Jims Aftershave.
Plötzlich öffnet sich die Tür vor uns und meine Aufmerksamkeit wird sofort darauf gelenkt. Ein braunhaariger, schlanker Mann, etwa in Jims Alter, aber etwas größer als er, steht in der Tür und lächelt uns freundlich an. Er trägt einen schwarzen Anzug, dunkelrote Krawatte und schwarze Lackschuhe.
"Jim! Schön dich zu sehen. Wie geht's dir?"
"Danke, gut. Arthur, darf ich vorstellen, Melody Grand, meine Begleitung. Melody, das ist Arthur Identhal, ein alter Freund von mir."
"Guten Abend, Melody. Herzlich Willkommen in meinem Haus, ich hoffe, du wirst dich hier gut amüsieren. Ich darf dich doch duzen?"
Er lächelt und reicht mir seine Hand. Seine freundliche, lockere, unkomplizierte Art ist sehr angenehm und ich schüttele seine Hand.
"Aber natürlich Arthur. Jims Freunde sind meine Freunde."
Da lacht Arthur und tritt einen Schritt zurück, um uns einzulassen.
"Wie lange kennst du Jim schon?", fragt er als wir eingetreten sind und schließt die Tür hinter uns. Jim entzieht mir seinen Arm um meinen Mantel aufzuhängen und stellt sich dann wieder neben mich.
"Seit etwa vier Monaten."
Da klingelt es erneut an der Tür.
"Ah. Entschuldigt mich, ich muss noch andere Gäste empfangen. Jim, du weißt ja wo alles ist."
"Ja, bis gleich Arthur", antwortet dieser und führt mich dann durch den Flur durch das Haus. Erst jetzt habe ich wirklich die Gelegenheit mich ein wenig umzuschauen.
Das Haus ist schon älter, mit hohen Decken, warmen Farben und goldenen Verzierungen. Die Möbel wirken mal antik, aber zwischendurch entdecke ich modernere Möbel, die allerdings dennoch in die Umgebung passen. Das Licht ist warm und gelblich, in den größeren Räumen, durch die wir gehen, kommt es von alten Kronleuchtern mit elektrischen Kerzen.
"Mannomann, ganz schön protzig", murmele ich vor mich hin und Jim lacht.
"Der Buckingham Palace ist viel schlimmer."
"Du warst mal im Buckingham Palace?", frage ich erstaunt, denn das habe ich noch nicht gewusst.
"Naja, schon, aber nur ein Mal."
Die Stimmen und die Musik, die ich schon draußen gehört habe, werden etwas lauter und wir gelangen in einen großen Raum, mit Kamin, gemütlichen Sofas und Sesseln, einem kleinen Buffet und einer Menge Menschen. Männer und Frauen stehen in Abendgarderobe lachend und redend beieinander. Einige halten ein Sekt- oder Champagnerglas in der Hand und ich sehe zwei bis drei Butler mit Tabletts durch die Menge laufen. Da kommt einer von ihnen auf uns zu und bietet auch uns ein Glas an.
"Vielen Dank", sagt Jim und nimmt sich ein Glas.
"Danke."
Ich nehme mir auch ein Glas und nippe vorsichtig an dem Sekt. Es perlt ein wenig und schmeckt aber gut. Ich habe schon schlimmeren Sekt getrunken.
"Und, was sagst du? Ist doch gar nicht so schlimm, oder?", erkundigt sich Jim grinsend und stupst mir in die Seite.
"Ja, ist ja schon gut! Du hast recht", lache ich und achte darauf, nichts zu verschütten. Da lacht auch Jim und trinkt ein wenig von seinem Glas. Langsam gehen wir weiter in den Raum hinein und ich habe die Möglichkeit, mir die Leute mal genauer anzusehen. Da sind dicke, dünne, große, kleine, breite, schmale Männer und Frauen, in Anzügen und Kleidern. Manche sehen etwas aufgetakelt aus, andere nicht. Aber alle haben etwas gemeinsam: Sie alle scheinen reich zu sein.
"Ich fühle mich etwas fehl am Platz", raune ich Jim zu und er nickt.
"Ich mich auch", flüstert er zurück und trinkt noch einen Schluck von seinem Glas. Ich tue es ihm nach und beobachte weiterhin die Leute um mich herum.
Einige haben uns mittlerweile bemerkt und nicken uns zur Begrüßung kurz zu, obwohl wir uns nicht kennen. Ich grüße stets zurück und versuche mich normal zu verhalten.
Da entdecke ich einen jungen Mann, der mir nur allzu vertraut vorkommt. Auch er hat mich bemerkt, beendet sein Gespräch freundlich und kommt freudestrahlend, aber auch überrascht auf mich zu.
"Henry!", begrüße ich ihn erfreut und er grinst. Seine kurzen blonden Haare liegen wie damals wirr auf seinem Kopf und er hat seine Krawatte nur locker gebunden.
"Melody! Wie schön dich nach all der Zeit mal wiederzusehen."
Er beugt sich zu mir herunter und nimmt mich freundschaftlich in den Arm, was ich ein wenig überrumpelt erwidere.
Jim schaut mich mit einer hochgezogener Augenbraue fragend an und ich trete zur Seite damit die beiden sich ebenfalls begrüßen können.
"Henry, das ist Jim. Jim, das ist mein ehemaliger Tanzpartner Henry."
Jim lächelt freundlich, aber zurückhaltend und schüttelt Henrys Hand. Dieser grinst immernoch und schaut mich überrascht an.
"Seid ihr ein Paar?"
"Nein, wir sind nur so befreundet", erwidere ich mit einem Seitenblick auf Jim und lache nervös. Jim lächelt und nickt zustimmend.
"Sag, was hast du die ganze Zeit getrieben?", erkundige ich mich bei Henry und beginne so ein Gespräch, bei dem wir Jim ebenfalls mit einbeziehen.
Ich erfahre, dass Henry vor kurzem im Lotto gewonnen hat und mit Arthur befreundet ist, dass er immernoch tanzt und dass er nur teilweise von dem weiß, was mir widerfahren ist. Aber ich erzähle ihm nicht die ganze Geschichte, denn das hier soll ein schöner Abend werden.
Nach einiger Zeit wird Jims Aufmerksamkeit auf einen Mann in einer Ecke des Raumes gelenkt.
"Ich bin kurz weg, aber ich komme gleich wieder", sagt er leise an meinem Ohr und geht dann an mir vorbei zu diesem Mann. Erst schaue ich ihm hinterher, da schnippt Henry mit zwei Fingern vor meiner Nase und ich schrecke auf.
"Erde an Melody", sagt er lachend und grinst.
"Du scheinst ihn ja ganz schön zu mögen. Sicher dass ihr nicht zusammen seid?", fragt er augenzwinkernd.
"Wie bitte? Nein, wir sind nicht zusammen, ich habe es zumindest nicht vor."
"Aber du magst ihn."
Ich gebe ihm einen Klaps vor den Bauch, den er grinsend abwehrt. Resigniert lasse ich die Schultern hängen.
"Ist es so offensichtlich?", frage ich ihn dann nervös und er schüttelt den Kopf.
"Nicht wirklich, aber wenn man euch ansieht ist es als wärt ihr komplett, als würde nichts fehlen. Ausserdem, du weißt doch was früher mein Lieblingshobby war."
Ich verdrehe die Augen, bin innerlich aber erleichtert. Ich will nicht dass man sieht wie sehr ich Jim tatsächlich mag, denn das würde bedeuten, dass er es schon längst weiß.
Henry's Hobby war es damals, herauszufinden wer in wen verknallt war und diese dann zusammenzubringen. Nicht dass er nicht erfolgreich gewesen ist, aber diese Verbindungen hielten nie lange.
"Aber bei mir versuchst du es nicht!", ermahne ich ihn mit gespielt streng erhobenem Zeigefinger und er senkt den Kopf.
"Das würde ich doch nie wagen."
Wir reden noch eine Weile lang, da tritt Arthur in die Mitte des Raumes und erhebt die Stimme.
"Meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte folgen sie mir in den großen Saal, dort wird zum Tanz aufgespielt."
Freudestrahlend schaue ich Henry an.
"Tanzen?", frage ich aufgeregt und hüpfe schon fast vor Freude.
"So richtiges Standardtanzen?"
"Ja", antwortet Henry und wirkt ebenfalls hocherfreut.
"Yes! Aber es ist eine Ewigkeit her seit ich das letzte Mal getanzt habe... ich hoffe ich kann es noch."
"Da bin ich mir sicher."
Henry bietet mir freundlich seinen Arm an und ich hake mich bei ihm unter, dann führt er mich hinter anderen Leuten her aus dem Saal. Jim wird von der Menge verschluckt, sodass ich ihn nicht mehr sehen kann.
Wir gelangen schließlich in den größten Ballsaal, den ich je gesehen habe und ich schaue mich staunend um. Auf einer leicht erhöhten Bühne befindet sich eine kleine Band, auf der kurzen Seite des Raumes, gegenüber den Fenstern, befindet sich eine Bar. Es gibt auch Tische und Stühle, damit man sich hinsetzen, sich ausruhen und etwas trinken kann. Das Licht ist gedämpft und es herrscht eine gemütliche Atmosphäre.
"Möchtest du tanzen?"
Henry schaut mich aufmerksam an, denn er weiß, dass ich Männern gegenüber eventuell etwas abweisend sein könnte.
"Aber klar doch!", antworte ich und strahle glücklich. Tanzen ist mein liebstes Hobby, nichts habe ich jemals lieber getan.
"Sehr gut."
Die Band beginnt zu spielen und wir gehen als erstes Paar auf die Tanzfläche. Es ist ein Disco Fox.
An zwei Händen wirbeln wir herum, in Figuren und wieder heraus, immer im Kreis. Wir bleiben natürlich nicht die einzigen auf der Fläche, nun nutzen viele Paare die Gelegenheit um zu tanzen. Überglücklich stelle ich fest, dass ich alle Figuren noch beherrsche, mit nur wenigen Fehlern. Henry kann immernoch sehr gut führen, sogar besser als früher.
Schließlich ist der Disco Fox vorbei und es kommt ein ChaCha. Natürlich tanzen wir weiter, eine halbe Stunde lang immer weitere Tänze, bis Henry mich von der Tanzfläche führt. Geradewegs auf Jim zu, der sich suchend am Rand der Menge nach mir umschaut, und erfreut lächelt als ich mich neben ihn stelle.
"Hey", meint er und mustert mich schmunzelnd.
"Hey", antworte ich leicht ausser Atem, aber grinsend und mit leuchtenden Augen.
"Du siehst echt glücklich aus."
"Bin ich auch! Tanzen ist wundervoll, das beste! Übrigens, wo ist Henry hin?"
Doch dieser ist nirgends zu sehen und Jim zuckt mit den Schultern.
"Keine Ahnung. Meinst du, wenn du wieder zu Atem gekommen bist, wir zwei könnten es mal probieren?"
Er schaut mich mit schiefgelegtem Kopf fragend an und ich nicke lachend.
"Gerne! Jetzt brauche ich aber erstmal etwas zu trinken."
Grinsend geht Jim neben mir her zur Bar und ich bestelle mir etwas zu trinken, was ich dann aber auch schnell leergetrunken habe. Meine Atmung hat sich wieder beruhigt, als die Band einen wundervollen Wiener Walzer spielt.
"Oh, komm, den müssen wir tanzen!"
Lachend ziehe ich Jim auf die Fläche und er folgt mir ein wenig überrascht über meine Euphorie. So hat er mich ja noch nie erlebt, so enthusiastisch und begeistert.
Wir stellen uns auf und Jim legt behutsam seine Hand auf meinen Rücken. Er hält mich in einer sehr guten Tanzhaltung und ich muss unwillkürlich grinsen, da macht er auch schon den ersten Schritt. Wir fliegen fast schon über die Fläche und ich muss feststellen, dass Jim ein extrem guter Tänzer ist, sogar besser als Henry. Mit ihm macht es richtig Spaß und ich genieße die Nähe zu Jim.
Schließlich ist der Wiener Walzer vorbei und wir lösen uns wieder, wobei Jim mich am Arm festhält falls ich stürzen sollte.
"Das war... umwerfend gut! Von wegen ganz passabel. Du bist Profi-Tänzer", meine ich begeistert und Jim grinst verlegen.
"Oh, danke."
Er horcht kurz auf die neue Musik, dann reicht er mir die Hand.
"Noch einen Tanz?"
"Oh ja!"
So tanzen wir eine weitere halbe Stunde, bis wir beide eine Pause brauchen.
"Wow, ich hatte doch recht, dich kann man unglaublich gut führen", schwärmt Jim und ich kichere. 
"Wie meinst du denn das?", hake ich nach und setze mich mit Jim an einen leeren Tisch.
"Du folgst jeder noch so kleinen Bewegung, du kannst es einfach!"
"Vielen Dank."
Ich strahle Jim an und er grinst.
"Wie wäre es mit einer Erfrischung?", erkundigt er sich und ich nicke eifrig.
"Sehr gerne!"

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Oh Mann, ich habe gerade gesehen dass dieses Buch schon 500 reads hat! Ich bin von maximal 100 ausgegangen XD
Danke ♥

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