43. Wanzen und Worte

923 63 18
                                    

Es macht wirklich unglaublich Spaß mit Jim im Wohnzimmer zu tanzen, vorallem weil er mich manchmal so führt dass er mich küssen kann. Dadurch und durch die Musik, vergesse ich die Zeitung, aber auch den Einbruch und lasse mich von diesem guten Gefühl mitreißen.
Doch irgendwann kommt ein Lied auf das man keinen Tanz tanzen kann und wir bleiben lachend stehen.
"Ich trinke kurz was."
Damit geht Jim aus dem Raum und ich höre ihn in der Küche hantieren.
"Mel?", fragt er plötzlich und ich folge ihm.
"Ja?"
"Was hat es mit diesem Brief vom Scotland Yard auf sich?"
Er hat den Brief in der Hand, vor sich ein Glas Wasser und schaut mich leicht besorgt an.
"Ach der... während ich weg war ist hier anscheinend jemand eingebrochen. Nichts wurde gestohlen, also-"
Da legt mir Jim einen Finger auf die Lippen und ich schaue ihn überrascht an. Er bemüht sich seine Stimme zu dämpfen, aber er klingt irgendwie wachsam.
"Kein Wort mehr."
Verwirrt schaue ich ihm zu wie er langsam durch die Küche geht und sich umschaut, als er plötzlich in eine Lücke zwischen Wand und Schrank greift. Als er sie wieder hervor zieht, hält er etwas kleines zwischen seinen Fingern. Sofort lässt er es in sein Wasserglas fallen, wo es versinkt, und ich sehe was es ist. Ein kleines Metallplättchen, kaum größer als die Fingerkuppe meines Zeigefingers.
"Eine Wanze", sagt Jim leise und ernst, dann geht er aus der Küche. Er verhält sich so als hätte er das schonmal erlebt und sucht systematisch die ganze Wohnung ab. Erst starre ich nur verblüfft auf die Wanze im Wasserglas, doch dann gebe ich mir einen Ruck und helfe Jim.
Schließlich stehen wir wieder in der Küche und in dem Wasserglas befinden sich insgesamt zehn der kleinen Metallplättchen. Jim schaut erst ausdruckslos auf das Glas, doch auf einmal fährt er sich mit beiden Händen durch die Haare und wirkt sehr unruhig.
"Nein, nein, nein...", murmelt er und presst sich die Handballen auf die Augen. Kurz bleibt er so stehen, dann atmet er tief durch, lässt die Hände sinken und sein Blick huscht unruhig im Raum umher, fast als würde er etwas suchen.
So habe ich Jim noch nie gesehen und ich weiß nicht so recht was ich davon halten soll. Schweigend mustere ich ihn und bemerke seine Anspannung. Nun zieht er die Augenbrauen zusammen, runzelt die Stirn und scheint fieberhaft zu überlegen.
Doch so schnell dieses merkwürdige Verhalten gekommen ist, verschwindet es auch wieder und Jim entspannt sich langsam, bis er wieder der Alte ist. Er lächelt leicht und kommt zu mir.
"Tut mir leid dass du sowas mitbekommen musst. Ich kann manchmal etwas... seltsam sein", sagt er leise und lehnt seine Stirn gegen meine. Dass er seltsam sein kann habe ich schon mitbekommen.
"Ich weiß. Und ich kann damit leben", antworte ich und schließe die Augen. Seltsamerweise berührt mich die Tatsache, dass meine Wohnung verwanzt und ich abgehört wurde, nicht so sehr wie es sollte. Ich habe jetzt schon einiges in meinem Leben durchgemacht, so langsam habe ich keine Lust mehr ständig die Nerven zu verlieren, in Tränen auszubrechen oder mich sonst wie aufzuführen. Deswegen lasse ich Jims beruhigende Art auf mich wirken und bleibe relativ entspannt, was wesentlich angenehmer ist.
"Und was machen wir jetzt?", frage ich schließlich und öffne die Augen wieder.
"Ich würde sagen, wir genießen diesen Sonntag zu zweit und du überlässt mir die Sache", schlägt Jim vor und ich lege nachdenklich den Kopf schief.
"Du sagst mir aber falls sich da etwas ergibt, oder?"
Er schaut mich unschlüssig an, so als wüsste er nicht was er antworten soll.
"Okay", sagt er dann und ich lächle zufrieden. Ich gebe ihm einen Kuss auf die Lippen und gehe danach wieder ins Wohnzimmer.

***

Die Wochen vergehen und werden zu zwei Monaten, in denen ich unter der Woche arbeite und mich am Wochenende mit Jim treffe. Und diese zwei Monate sind zwei der besten meines Lebens, denn Jim macht mich so glücklich, dass ich es manchmal kaum halten kann. Er ist so süß zu mir, überrascht mich und schenkt mir mehr Liebe als jemals jemand zuvor. Und das obwohl keiner von uns dem anderen das bisher gesagt hat.
Manchmal ist Jim 'seltsam' oder ich bekomme mit dass irgendetwas nicht stimmt, aber immer wenn er mich bemerkt wird er wieder normal. Trotz meines Glücksgefühls werde ich das Gefühl nicht los dass er etwas vor mir verbirgt. Aber Jim sagt kein Wort.
Mittlerweile ist es Herbst geworden und Weihnachten rückt immer näher. Draußen wird es kalt, früher dunkel und regnerisch, aber das stört mich nicht mehr. Früher war das für mich ein Problem, aber in meiner jetzigen Wohnung funktionieren Heizung und Licht einwandfrei und sowieso vertreibt ein Gedanke an Jim jede Kälte.
Da Jim so oft bei mir ist und ich ja auch einen Schlüssel zu seinem Haus habe, habe ich ihm einen Schlüssel zu meiner Wohnung gegeben. Auch wegen der Möglichkeit dass er mal schnell rein muss.
Die Wanzen aus meiner Wohnung hat Jim untersuchen lassen und es hat sich ergeben dass diese Wanzen weder etwas aufgenommen, noch etwas gesendet haben. Es waren nur Metallplättchen. Wahrscheinlich sollte es eine Art Warnung sein - oder eine Drohung.
Es ist Freitag Abend, das letzte November-Wochenende diesen Jahres, und ich komme gerade von der Arbeit nach Hause. Auch jetzt, Monate nachdem ich mich dort beworben habe, macht mir mein Job Spaß und ich mache ihn gerne, aber heute war einiges los. Jim war die letzten drei Tage auf Geschäftsreise und konnte sich nicht melden, deswegen freue ich mich besonders auf dieses Wochenende.
Es ist schon relativ dunkel und die Straßenbeleuchtung ist an, als ich in meine Straße einbiege und ein mir wohlbekanntes Auto entdecke. Lächelnd schließe ich die Haustür auf und komme ins warme Treppenhaus.
Oben an meiner Wohnungstür beeile ich mich mit aufschließen. Im Flur höre ich bereits leise Musik aus dem Wohnzimmer dringen und hänge meinen Mantel an die mittlerweile gekaufte Garderobe.
Generell habe ich nun mehr Möbel und meine Wohnung ist endlich richtig heimelig.
Ich schaue ins Wohnzimmer und sehe Jim in meinem neuen roten Hängesessel sitzen. Naja, sitzen ist der falsche Ausdruck, er liegt fast schon kopfüber und grinst als er mich sieht. Der helle Schatten eines leichten Bartes zeichnet sich auf seinen Wangen ab und er trägt sehr lockere Klamotten.
"Guten Abend die Dame."
Ich grinse zurück und lege den Kopf schief.
"Guten Abend der Herr. Was wird das Jim?"
"Ähm, es ist sehr gemütlich hier drin", antwortet er und versucht aus dem Hängesessel zu kommen.
"Ich weiß, deswegen habe ich ihn ja gekauft und hier aufgehängt", meine ich lachend und gehe zu ihm hin um ihm zu helfen, da schafft er es alleine und steht mit leuchtenden Augen vor mir.
"Weißt du was heute ist?", fragt er und zieht mich an der Taille zu sich.
"Feierabend?", antworte ich scherzhaft und Jim lacht.
"Nun, fast. Heute sind wir genau zwei Monate zusammen."
"Genau?"
"Naja, eigentlich zwei Monate und sechs Tage, aber ich war doch weg und konnte es dir so nicht sagen. Außerdem war es ja mein Ziel eh länger als zwei Monate mit dir zusammen zu sein, also..."
Er küsst mich sanft und ich schmiege mich enger an ihn während ich den Kuss lächelnd erwidere.
"Und da ich dieses Ziel erreicht habe, will ich mir ein höheres setzen", meint Jim schließlich und schaut mir tief in die Augen.
"Ich will ein Leben lang mit dir zusammen sein", flüstert er bedächtig und löst damit ein Kribbeln in meinem gesamten Körper aus.
"Ich liebe dich."
Mein Herz setzt bei diesen Worten gefühlt einen Schlag lang aus, um danach nur noch heftiger zu klopfen. Sprachlos schaue ich ihn an und kann es kaum fassen.
"Ich weiß, ich hätte es dir schon früher sagen sollen, aber ich wollte warten bis du bereit bist. Und ich glaube das bist du jetzt."
Er lächelt, da löst sich meine Zunge endlich.
"Ich liebe dich auch."
Noch während ich das sage, spüre ich dass es die Wahrheit ist und ein mehr als intensives Glücksgefühl durchströmt mich bis in die Zehenspitzen. Es fühlt sich fast so an als könnte ich davonfliegen, wären da nicht Jims Arme die mich festhalten. Ich lege meine Hände an sein Gesicht und seinen Hinterkopf und küsse ihn liebevoll auf den Mund. Jim erwidert den Kuss ebenso liebevoll und hält mich so fest er kann.
Irgendwann unterbrechen wir den Kuss um wieder zu Atem zu kommen und ich strahle Jim an. Er lächelt zurück und küsst mich erneut, doch dieses Mal wird der Kuss intensiver.
"Hast du Hunger?", fragt er mich als wir uns lösen und ich nicke schwer atmend.
"Okay."
Grinsend führt er mich in die Küche und hilft mir so gut er kann beim Essen machen.
Später sitzen wir mit jeweils einem Teller Spaghetti Bolognese im Wohnzimmer auf dem Sofa und essen. Draußen ist es inzwischen ganz dunkel geworden.
"Wenigstens kann einer von uns kochen, ich glaube sonst wäre ich schon längst verhungert", überlegt Jim und ich lache.
"Das glaube ich nicht, es gibt doch Lieferservice und Dutzende Restaurants."
"Mag sein, trotzdem habe ich die letzten drei Tage nichts gegessen."
"Wirklich?"
Erschrocken schaue ich ihn an und er verbessert sich.
"Kaum etwas. Das hier ist meine erste richtige Mahlzeit seit ich weggefahren bin."
"Kein Wunder dass du so eine gute Figur hast!"
Da lacht er und verschluckt sich fast.
"Oho, eine gute Figur habe ich also", meint er augenzwinkernd und ich erröte.
"Nun ja, besser als andere..."
"Interessant, wo du das doch kaum beurteilen kannst."
Er grinst während ich vergeblich nach einer Antwort suche.
"Dieses Gespräch driftet ab", murmele ich schließlich und Jim schmunzelt.
"Ich finde dich auch attraktiv. Sehr sogar."
Nun verschlucke ich mich fast. Einerseits freut mich dieses Kompliment sehr, andererseits macht es mir klar dass Jim mehr will. Dieser merkt dass mir dieses Thema unangenehm ist und spricht nicht mehr davon, stattdessen hilft er mir widerspruchslos beim aufräumen.
"Bleibst du heute Nacht?", frage ich Jim als wir fertig sind und er lächelt.
"Klar, wenn du das willst."
Ich nicke glücklich und wir gehen gemeinsam ins Bad. Jim ist anscheinend direkt vom Bahnhof aus zu mir gekommen, denn er hat seinen Koffer dabei und damit auch Wechselsachen.
Zehn Minuten später gehe ich in mein Zimmer um mich umzuziehen, dann schaue ich zu Jim ins Gästezimmer.
"Schläfst du heute Nacht bei mir?", bitte ich ihn während ich um die Ecke schaue und schaue ihn mit großen Augen an. Überrascht hält er inne mit dem was er macht, dann nickt er. Grinsend nehme ich seine Hand und ziehe ihn in mein Schlafzimmer, wo wir uns beide ins Bett legen nachdem ich das Licht ausgemacht habe. Tief atmet Jim meinen Geruch ein und seufzt glücklich.
"Ich liebe dich Mel."
"Ich liebe dich auch Jim."
Einen Moment betrachte ich ihn im schwachen Licht, dann schließe ich die Augen und kuschele mich an seinen warmen Körper. Ich spüre noch wie Jim die Decke zurechtzupft und einen Arm über mich legt, danach schlafe ich schon ein.

~~~


Soo, ein etwas längeres Kapitel ^^ Ich hoffe es gefällt euch :D Ach ja, danke für eure ganzen Votes, dank euch hatte (oder hat) dieses Buch den Rang 856 in FanFiction *-* Mag vielleicht nicht groß klingen, aber in FanFiction ist das relativ schwer, also ein riesen Danke an euch! ♥
Sobald ihr die 2K knackt gibt es noch ein Kapitel, versprochen.

Funfact: Als ich dieses Kapitel geschrieben habe, habe ich nochmal 'The Stag' geschaut, einen Film mit Andrew Scott, und dort war er gerade zwei Monate und eine Woche mit seiner Freundin zusammen xD
Zufall? Ich denke nicht ^^

See you!♥

Moriarty In Love Where stories live. Discover now