Kapitel 22

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"Geht's?", fragte ich und hielt Jessys blonde Haare zurück, während sie über der Kloschüssel hing.
Zur Antwort erbrach sie sich erneut.

"Meine Güte.", murmelte ich, "was zur Hölle hast du alles getrunken?"

"Keine Ahnung, ich hab aufgehört zu zählen.", krächzte sie.

"Jason!", brüllte ich, "ich brauche ein Glas Wasser und ein frisches Handtuch. Sofort!" Kurz darauf erschien er mit dem gewünschten Zeug.

"Wie geht es ihr denn?", fragte er belustigt und reichte mir das Glas Wasser.

"Los, verschwinde", herrschte ich ihn an und ignorierte seine dämliche Frage.

"Hier, Jessy. Trink das.", sagte ich nun etwas sanfter und hielt ihr das Glas hin. Sie nahm einen Schluck, schluckte ihn und erbrach sich nach ein paar Minuten erneut.

"So wird das nichts.", murmelte ich und stand auf. "Ich bin gleich wieder da. Ich hab dir ein Handtuch neben die Toilette gelegt, falls du dir den Mund abwischen willst. Und spül ab und zu."

Als sie bestätigend nickte, drehte ich mich um und marschierte aus dem Badezimmer. Vor mir entdeckte ich die Jungs die alle irgendwo im Zimmer herum saßen und lachten. Jasper bemerkte mich als erster.

"Oh Kate.", sagte er. "Und, alles klar?"

"Nein, es ist nicht alles klar! Ich gehe jetzt zu Madame Triffey, damit sie sich um Jessy kümmert.", fauchte ich und setzte meinen Weg Richtung Zimmertür fort.

"Warte! Du kannst doch nicht einfach zu unserer Schulschwester marschieren!", rief er panisch. "Sie wird wissen wollen, was Jessy alles zu sich genommen hat."

"Und sie wird es vor allem riechen. Jes stinkt wie ein Schnapsfass.", meinte Jason trocken.

"Ich dachte bei euch gibt es keinen Alkohol?", entgegnete ich und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.

"Diesmal schon.", meinte Jason nur und funkelte mich genervt an. Ich glaube, ich machte ihn allmählich wütend.

"Ist ja auch egal, ich werde Madame Triffey trotzdem holen gehen.", zischte ich zurück und marschierte wieder zur Zimmertür. Neben der geschlossenen Tür stand ein Baseballschläger und ich packte ihn. Ohne zu zögern fuhr ich herum und wollte ihm einen der Jungs drüber ziehen. So langsam begann ich wie ein Agent zu denken. Ich wusste, dass mir einer gefolgt war. Sie würden mich nicht einfach so zur Schulschwester gehen lassen und riskieren, dass ihr kleines Vergehen aufflog.

Doch Jason besaß schnelle Reflexe und wieder einmal unterschätze ich ihn. Sofort fing er den Schläger ab und drückte ihn nach unten.

"Kate, du reagierst über.", meinte er sachlich und sah mir in die Augen. Ich kniff die Augen zusammen und riss den Baseballschläger aus seiner Hand. Abwehrend hielt ich ihn vor mich und auf Jason gerichtet.

"Versuch mich aufzuhalten, Jason Penhallow, und es wird die leid tun.", fauchte ich und verzog keine Miene. Jason sah mir stattdessen forschend ins Gesicht, als würde er rausfinden wollen, ob ich bluffte oder nicht.

"Oh komm schon, kleine Kate. Sei nicht so naiv. Du kannst es nicht mit vier Jungs gleichzeitig aufnehmen.", höhnte Jasper aus dem hinteren Teil des Zimmers.

"Aber ich kann schnell rennen und wenn ich einmal bei der Schulleitung war, dann könnt selbst ihr nichts mehr ausrichten.", konterte ich uns stellte mit Genugtuung fest, dass Jasper's Grinsen verschwand.

Ich trat einen Schritt zurück und als ich feststellte, dass keiner der Jungen sich bewegte, drehte ich mich um und rannte los. Den Baseballschläger nahm ich mit. Für den Fall der Fälle.

Jason's POV

"Lassen wir sie jetzt einfach so gehen?", fragte Alex fassungslos und richtete sich im Schreibtischstuhl auf.

"Nur über meine Leiche", knurrte ich. "Jas, Sam, kommt mit. Wir kreisen Kate ein. Alex, geh zu Christal und den anderen Mädchen und sag Bescheid, dass sie Jessy's Bett fertig machen sollen. Sie braucht nur viel Schlaf. Sobald wir Kate haben, kommen wir wieder und dann verfrachten wir Jessy in ihr Bett."

"Alles Klar.", meinte Alex und ging ins Bad, um Jessy Bescheid zu sagen, dass sie bald auf ihr Zimmer gebracht wurde.

Währenddessen lief ich, flankiert von Sam und Jasper, los, um Kate zu suchen.

"Wir sollten uns aufteilen!", rief Sam und ich nickte.

"Ich gehe zur Schulschwester. Jasper du übernimmst den Ost- und Westflügel und Sam du kümmerst dich um den Rest. Sie wird nicht weit gekommen sein."

Als beide mir zustimmten, bogen wir an der nächsten Ecke unterschiedlich ab und ich hastete weiter über die Flure. Beim Krankenflügel angekommen, lief ich direkt in Madame Triffey hinein. Shit, was fragte ich jetzt am Besten, ohne mich selbst zu verraten?

"Oh, Jason! Nicht so stürmisch!", lachte sie und tätschelte mir die Schulter. Sie lief zu ihrem Schreibtisch und legte einige Formulare beiseite.

"Madame Triffey, war Kate hier?", fragte ich nun und stellte mich zum Schreibtisch.

"Kate? Nein, ich habe sie nicht gesehen. Warum? Ist sie verletzt? Hat sie Schmerzen?"

"Ähh, nein sie hatte nur Kopfschmerzen und äh .. wollte zu Ihnen, um sich Schmerztabletten zu holen.", log ich und trat schon wieder den Rückzug an. "Aber wenn sie nicht hier war, dann sind ihre Kopfschmerzen bestimmt schon wieder weg."

"Warte. Ich gebe dir ein Aspirin mit, falls du sie doch noch triffst.", hielt sie mich auf und kam auf mich zu. "Und falls ihre Schmerzen wieder schlimmer werden, soll sie ruhig herkommen, verstanden?" Ich nickte mechanisch.

"Ach, es ist so schön, dass ihr euch alle umeinander kümmert. Sie ist noch so neu und schwach und hilflos, da kann sie etwas Hilfe von einem großen, starken Jungen, wie dir gut gebrauchen, nicht wahr?", lächelte sie und kniff mir als Krönung auch noch in meine Wange. Ich lächelte einfach nur schnell und sah zu, dass ich sofort abhaute. Wenn sie wüsste, dass Kate alles andere als hilflos war...

Kurz blieb ich auf dem Gang stehen. Wo könnte sie sonst sein? Ich lief etwas ziellos durch die Korridore, bis ich bei den kleineren Schülern raus kam. Einige 13jährige Mädchen standen herum und kicherten dämlich. Ich blieb stehen, sammelte mich und setzte dann ein charmantes Lächeln auf. Selbstbewusst schlenderte ich auf sie zu und machte einen auf Jasper.

"Na, Ladies?", flötete ich und legte einer meinen Arm um die Schultern. Sofort wurde sie rot und kicherte wieder.

"Habt ihr hier ein Mädchen mit braunen Locken gesehen?", fragte ich.

"Meinst du die mit dem Baseballschläger?", hakte eine Freundin nach.

"Ja genau", bestätigte ich und schenkte der Kleinen ein strahlendes Lächeln. Auch sie wurde rot und deutete in eine Richtung.

"Sie ist da lang.", informierte sie mich und ich bedankte mich, nicht ohne den Mädchen noch einmal gekonnt zu zuzwinkern. Sie kicherten noch mehr und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Es war immer wieder schön zu sehen, was für eine Wirkung ich auf Mädchen hatte.

Nach ein paar Metern stellte ich jedoch fest, dass dies der Weg zum Direktorenbüro war und ich beschleunigte meine Schritte. Sollte sie es tatsächlich wagen, meinem Onkel etwas davon zu erzählen, dann machte ich sie kalt.

Als ich um die nächste Ecke bog, sah ich sie. Sie hatte den Baseballschläger zur Seite gestellt. Er lehnte jetzt an der Wand. Sie war gerade im Inbegriff an die Tür zu klopfen, als ich auf sie zu sprintete und mich ohne nachzudenken auf sie drauf warf.

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