Kapitel 44

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Ich weiß noch, wie in Trance drehte ich mich um und lief weg. Das tat ich immer. Wenn ich verletzt war und ich ein Problem sah, dass ich nicht bewältigen konnte, haute ich ab. Ich war ein Feigling.

Jason hatte mich am Waldrand stehen lassen und ich huschte jetzt zwischen einzelnen Bäumen vor zur Straße. Es dämmerte bereits, doch ich hieß die sich anbahnende Dunkelheit willkommen. Sie bot mir Schutz und den brauchte ich jetzt.

Ich kam an die Straße, die nach Penzance führte und nach einem kurzen Blick über meine Schulter, lief ich durch das Tor hinaus. Ich rannte den ganzen Weg bis zum kleinen Küstenstädtchen und versteckte mich im Gebüsch, wenn mir Autos entgegenkamen. Heute waren das erstaunlich viele.

Und dann war ich da. Ich lief vor zur Promenade und setzte mich auf die Bank bei Luigi's, auf der mich Luke immer erwartete.

Doch diesmal war nicht alles geschlossen und still, sondern es herrschte reges Treiben. Das kleine Bistro hatte geöffnet und einige Tische standen davor, die schon gut besetzt waren. Kurzerhand entschloss ich mich, mich an einem niederzulassen. Ich wühlte in meiner Hosentasche und fand tatsächlich noch ein paar Münzen.

"Guten Abend, mia signora, was kann ich für dich tun?", wurde ich darauf von einem kleinen Italiener begrüßt. Er war bestimmt schon Mitte vierzig und stolzer Papa von zwei kleinen Töchtern.

"Eine Cola, bitte.", bestellte ich und der Kellner nickte und lächelte mich aus braunen Augen freundlich an. Er erinnerte mich an Martha aus der Küche und ich nahm mir vor, mal wieder bei ihr vorbeizuschauen.

Eine kurze Zeit später kam er mit meinem Getränk wieder und ich bedankte mich höflich. Eine Weile nippte ich gedankenverloren daran. Wenn Luke jetzt hier wäre, dann wäre es irgendwie nicht ganz so langweilig, dachte ich und spürte, wie ich meinen besten Freund vermisste.

Später ließ ich meinen Blick kreisen und entdeckte ein Zeitungsregal im Bistro. Schnell stand ich auf und holte mir eine Zeitschrift, mit der ich mich wieder nieder ließ. Das Datum sprang mir ins Auge und ich stockte kurz. In einer Woche hatte ich Geburtstag! Ich musste Luke schreiben und fragen, ob er her kommt. Wir haben bis jetzt jeden Geburtstag zusammen verbracht.

Ohne groß zu Überlegen riss ich eine Werbeseite aus der Zeitung, nahm den Stift, der anbei (wahrscheinlich für Kreuzworträtsel) klemmte und begann zu schreiben.


Luke,

hier geht gerade alles drunter und drüber. Ich habe mich mit Jason gestritten, so richtig und ich habe Angst, dass das nicht wieder grade zu biegen ist. Das würde ich mir nie verzeihen.

Ich sitze gerade bei  Luigi's, allein und sinniere über die Welt. Das Bistro ist recht schön, wenn es geöffnet hat. Wundere dich auch nicht über das Papier. Ich habe es aus einer Zeitschrift herausgerissen. Siehst du das Datum? In etwas mehr als einer Woche habe ich Geburtstag und ich würde mich freuen, wenn du wieder her kommen würdest?

Dann kannst du unseren kleinen Treffpunkt auch mal in seiner vollen Pracht sehen. Ich lad' dich auf eine Pizza ein. Schreib schnell zurück, Luke.

Hab dich lieb,

Kate.


Dann faltete ich das Blatt zusammen und steckte es in meine Tasche. Ich trank den letzten Schluck meiner Cola, warf die Münzen auf den Tisch und verschwand.

Mein nächstes Ziel war eine Poststelle und nach weniger als fünf Minuten hatte ich auch eine gefunden. Ich betrat das Gebäude, kaufte einen Briefumschlag, eine Briefmarke und schrieb Luke's Adresse darauf. Dann gab ich den Brief ab und versicherte mich, dass er noch heute Abend raus ging.

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