Kapitel 49

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Jason's POV


Ich klopfte bei meinem Onkel an und öffnete die Tür. Als ich eintrat bemerkte ich, dass niemand anwesend war. Ich war allein.

Vielleicht war es auch besser so, dachte ich und ließ mich auf den Stuhl von meinem Onkel fallen. Jessys Worte haben mich wirklich getroffen. Vor allem weil sie recht hatte. Chrissy lag uns allen am Herzen und wir mussten langsam wirklich mal etwas in Bewegung setzen.

Ich ließ meinen Blick schweifen und blickte auf die Ordner auf die andere Seite des Raumes, die im Regal neben der Tür standen. Ohne nachzudenken stand ich auf und lief schnurstracks auf sie zu. Und dann begann ich in den Akten meines Onkels herumzuwühlen. Ich las mir Geheimdienstaufzeichnungen durch, durchstöberte vergangene Fax-Mitteilungen und warf sogar einen Blick in die ausgedruckten Telefonprotokolle. Nichts. Ich fand nicht die geringste Spur, aber irgendwie ahnte ich das schon. Immerhin war der Zirkel eine ziemlich wichtige Angelegenheit und die würde mein Onkel wohl kaum einfach zu dem üblichen Zeug in die Akte stecken.

Ich drehte mich wieder um und schlenderte auf den Schreibtisch von Callum zu. Entspannt zog ich die Schubladen auf und wühlte mich etwas durch die Unterlagen. Plötzlich wurde ich von hinten gepackt und in einem Klammergriff gehalten.

"Habe ich dir nicht beigebracht, dass man seine Nase nicht in die Angelegenheiten anderer steckt?", zischte mir mein Onkel ins Ohr. Wir rangen kurz miteinander, ehe er mich los ließ und ich ein paar Schritte vorwärts stolperte. Sofort fuhr ich herum und starrte ihn wütend an.

"Hast du was zu verbergen?", fragte ich provozierend und hob eine Augenbraue. Mein Onkel ignorierte den stichelnden Ton in meiner Stimme, schubste mich zur Seite und ließ sich auf seinem Schreibtischstuhl nieder.

"Was willst du?", fragte er und ich setzte mich ungefragt auf einen Stuhl vor den Schreibtisch.

"Ich will Antworten.", forderte ich. "Ich will wissen, wie du in der Sache Christal weiter vorgehen willst."

"Das habe ich doch schon gesagt. Wir bekommen keine Unterstützung vom Geheimdienst. Und wir haben nicht die Mittel diese Rettungsoperation durch zuführen. Wir müssen abwarten." Mein Onkel fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und seufzte.

"Abgewartet haben meine Eltern auch und dann sind sie gestorben.", fauchte ich und sprang auf.

"Cal, ich bitte dich, als dein Schüler, aber vor allem als dein Neffe. Unternimm etwas! Du warst einmal einer der besten Agenten unter den englischen Geheimdiensten und jetzt? Jetzt sitzt du hier und hast aufgegeben." Müde sah mein Onkel zu mir auf.

"Während du dich entwickelst, größer und stärker wirst, entwickle auch ich mich. Ich werde älter und schwächer. Dieser Job ist gut für mich. So habe ich immer ein Auge auf dich. Das war Mauras letzter Wille." Sein Blick huschte über meine Schulter und auch ich drehte mich unwillkürlich um, um meine lachende Mutter auf dem Foto an der Wand zu sehen. Ich ballte meine Hände.

"Wenn du kein Rettungskommando zusammen bekommst, dann lass uns gehen. Leg es als Mission aus und lass uns unsere Freundin retten gehen!" Meine Stimme wurde gen Ende lauter und ich bemerkte, dass ich Chrissy als meine Freundin bezeichnet hatte. Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und wusste plötzlich genau, dass es der Wahrheit entsprach.

"Das ist zu gefährlich.", lehnte mein Onkel sofort ab und schüttelte verhemmend den Kopf.

"Du hast uns gut ausgebildet, Cal. Wir schaffen das.", hielt ich dagegen uns stumm starrten wir uns eine Weile in die Augen.

"Das könnte deinen Tod bedeuten.", widersprach er energisch und ich lachte verächtlich auf.

"Alles in diesem Buisness kann meinen Tod bedeuten.", entgegnete ich und zitierte damit Kate, als sie mir diese Worte ihrerseits an den Kopf knallte. "Du kannst keinen von uns zu 100% beschützen, Cal. Wir haben uns für diesen Weg entschieden." Schließlich nickte mein Onkel.

"Gut, ich überlege es mir.", willigte er schlussendlich ein.

"In Ordnung.", sagte ich und wandte mich zum Gehen.

"Oh und Cal?", rief ich noch, als ich schon an der offenen Tür stand. Mein Onkel blickte auf. "Wir wären so oder so gegangen. Mit oder ohne deine Erlaubnis." Dann drehte ich mich um und verschwand im Flur.


Nach dem Abendessen hämmerte ich meine Faust gegen die Zimmertür von Jessy und den anderen. Als Jessy öffnete, konnte ich gerade so innehalten, sonst wäre meine Faust jetzt in ihrem Gesicht.

"Jason.", sagte sie etwas verblüfft und ich drängte mich sofort in den Raum.

"Packt eure Badesachen, Mädels.", ordnete ich an und wandte mich dann an Jessy, die mich etwas wütend anstarrte. Grinsend beugte ich mich zu ihr hinunter.

"Wollen mal sehen, ob du immer noch so gut im Salto machen bist, was Jes?", hauchte ich in ihr Ohr, drehte mich um und ging.

Bei meinen Freunden machte ich das gleiche noch einmal und so standen wir bald darauf vor dem Schloss und schlichen Richtung Wald.

"Ich glaub's nicht, dass wir das ernsthaft machen.", lachte Amanda, als wir fast da waren.

"Es wird vielleicht das letzte Mal sein.", murmelte ich leise und dann erreichten wir den See. Von einer Seite war er von ein paar Klippen umschlossen. Sie waren nicht hoch, aber dienten hervorragend zum Springen. Und das taten wir jetzt. Durch das Unterholz bahnten wir uns einen Weg zum Vorsprung und legten unsere Sachen ab.

"Und was jetzt?", kam es von Kate und ich wandte mich zu ihr. Ich hatte völlig vergessen, dass sie das noch nie gemacht hat.

"Jetzt springen wir, kleine Kate.", kam es von Jasper, ehe er Anlauf nahm, sich vorne an der Kante abstieß und dann mit einem eleganten Sprung in den See eintauchte.

"Es ist wie ein Rausch.", erklärte Amanda. "Und manchmal haben wir das einfach nötig." Dann sprang sie ebenfall. Sam war der nächste.

"Na los, Jes. Lass zeigen, was deine Salti machen.", neckte ich Jessy, die sich ihren Pullover auszog und in T-Shirt und Badehose ebenfalls Anlauf nahm, sich wirklich in der Luft drehte und dann steil eintauchte.

"10 Punkte!", brüllte Sam von unten und ich lachte. Dann drehte ich mich wieder zu Kate um. Wir waren allein und in der Dunkelheit konnte ich ihr Gesicht nicht komplett erkennen. Sie stellte sich an die Kante und starrte in das schwarze Gewässer unter ihr, in dem schon die anderen schwammen und sich gegenseitig vollspritzten. Plötzlich fuhr sie herum und starrte mich misstrauisch an.

"Du wirst mich doch nicht schubsen, oder?", fragte sie argwöhnisch. Ich grinste und schüttelte den Kopf.

"Das muss jeder allein machen, Katie." Demonstrativ ging ich noch ein paar Schritte nach hinten und verschränkte die Arme vor der Brust. Schließlich wandte sie sich wieder um, beugte die Knie, drückte sich ab und sprang. Sie schwebte eine Sekunde lang mit ausgestreckten Armen und Beinen in der Luft, ehe sie hinabsauste und kurz bevor sie einen Bauchklatscher machte, zog sie die Beine und Arme an. Ich wartete nicht lange und rannte nach vorn. Mit einem Fuß stieß ich mich ab und sprang. Der Rausch erfasste mich. Das Adrenalin jagte durch meinen Körper und in diesem Moment glaubte ich, alles schaffen zu können. Ich war frei.

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