Kapitel 56

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Am nächsten Morgen standen wir früh auf, aßen Frühstück und packten unsere Sachen. Wir würden so schnell wie möglich aufbrechen und dann würden wir den Zirkel bezahlen lassen.

Mit eisigem Schweigen trugen wir unsere Taschen vor das Hotel. Aber als wir vor unseren Autos standen, zögerten wir alle. Auch ich.

"Wir müssen sie los werden.", sagte Alex und schob seine Brille wieder zurecht. "Wir können nicht mit denen nach Bristol. Falls man uns gesehen hat...", er ließ den Satz unbeendet, aber wir alle wussten, was er meinte.

"Dann klauen wir uns jetzt zwei.", legte Jason fest und wandte sich an uns. "Jasper und ich und Alex mit Jessy und Sam. Amanda und Kate, nehmt die Taschen und lauft Richtung Norden. Auf diesem Weg fahren wir weiter. Bleibt auf der Straße, wir holen euch ein." Damit war alles gesagt und wir fingen an uns aufzuteilen. Doch Jason wandte sich noch einmal an Alex und Jessy.

"Und bitte das schnellste Auto, das ihr findet.", bat er und musste etwas grinsen. "Ich denke, du wirst eins finden Jes, nicht wahr?" Jessy müsste ebenfalls grinsen und auch Jasper schmunzelte. Ich beobachtete diesen kleinen Insiderwitz stumm und freute mich, dass sie sich langsam alle wieder verstanden.

"Ich wette, meines hat mehr PS, als deines.", behauptete sie und dann machten sich alle eifrig davon, um ja die Wette zu gewinnen. Es gab doch nix besseres, als ein kleiner Wettkampf. Und jetzt schmunzelte auch ich.


"Am. Ich kann nicht mehr. Lass uns doch einfach hier warten.", nörgelte ich und blieb stehen. Die Taschen, die ich trug, klatschten auf den Boden und ich ließ mich auf eine fallen.
Amanda drehte sich zu mir um und tat es mir dann nach.

"Gute Idee.", stimmte sie zu. Inzwischen waren wir ein gutes Stück voran gekommen und fragten uns schon, wo die anderen blieben. Ich stand wieder auf und streckte mich. Dann ging ich die paar Schritte, die es brauchte, um zur nächsten Straßenecke zu kommen und sah nach, wo wir genau uns befanden.

Plötzlich wurde ich gepackt und um die Ecke gezogen. Jemand presste mir eine Hand auf den Mund, so dass ich nicht schreien konnte. Amanda hatte die Augen geschlossen und sonnte sich gerade etwas. Sie bemerkte es also nicht.

Mein Angreifer stieß mich gegen das Mauerwerk des Hauses und baute sich vor mich auf. Er war zwar groß, aber nicht so muskulös, wie erwartet. Ich ließ meinen Blick höher gleiten und...

"Luke?!", rief ich und starrte ihn erschrocken an. "Was tust du hier?"

"Du hast mich hier her eingeladen, schon vergessen? Und zwar eigentlich schon gestern Nacht -", weiter kam er nicht, denn jetzt tauchte Amanda auf, packte Luke und schleuderte ihn zu Boden. Sie sprang vor mich und stürzte sich dann auf Luke.

"Ich lass nicht zu, dass einer von euch mir noch eine Freundin wegnimmt!", schrie sie und verpassteihm einen Kinnhaken, der ihr eine 1 in Kampftechniken eingebracht hätte.

"Am!", rief ich und zerrte sie von meinem besten Freund herunter. "Hör auf! Das ist keiner vom Zirkel! Das ist Luke!" Amanda hatte schon wieder ausgeholt, hielt aber jetzt inne. Sie blickte auf ihn hinunter und ich sah, wie sie zur Besinnung kam.

"Luke?", fragte sie irritiert und ließ sich von mir wegzerren. Ich half Luke auf und untersuchte sein Gesicht.

"Das wird ein ordentlicher blauer Fleck.", warnte ich ihn vor. Luke schüttelte nur fassungslos den Kopf und dann sah er mich wütend an.

"Du hast mich versetzt!", sagte er vorwurfsvoll und verschränkte die Arme vor der Brust. "Und dann finde ich dich und werde von deiner kleinen Psychofreundin angegriffen."

"Hey!", beschwerte sich Amanda und funkelte ihn böse an. "Soll ich dir auch noch ein blaues Auge verpassen?" Ich stellte mich halb vor sie und gab ihr somit zu verstehen, sich zurückzuhalten.

"Luke, ich habe es vergessen und es tut mir leid. Aber wir sind gerade ziemlich beschäftigt. Unsere Freundin wurde entführt und wir sind dabei sie zu retten." Ich verstummte, denn ich bemerkte wie verrückt das alles klang.
Ich wollte gerade wieder Luft holen und versuchen, den Sachverhalt etwas zu beschönigen, als zwei Autos die Straße entlang rasten und schlitternd vor uns zum Stehen kamen.

"Einsteigen, bitte!", rief Jasper, der am Steuer eines weinroten BMW saß und mit dem Gas spielte. Man sah, dass ihm der Wagen gefiel. Alex stieg aus und holte zusammen mit Jessy, die nach ihm aus dem zweiten Wagen kletterte, unsere Taschen.

"Sag mal, habt ihr etwa einen Mustang geklaut?!", stieß da Amanda hervor und starrte auf das weiß schwarze Auto hinter Jason, an dessen Steuer Jason saß. "Aufälliger ging es wohl nicht was?"

"Doch, aber schneller ging es nicht. Das sind die besten Autos, die wir gefunden haben.", erklärte Jason, der gerade ausstieg.

"Diese Autos sind geklaut?", fragte da Luke hinter mir entsetzt. Ich riss meine Augen auf, da ich ihn ganz vergessen hatte. Schon wieder.

"Wer ist das?", fragte Jasper und starrte Luke mit zusammengekniffenen Augen an. Ich ignorierte ihn und fuhr zu meinem besten Freund herum.

"Die sind nicht geklaut. Nur geborgt.", versuchte ich ihn zu beruhigen, aber ich wusste - genauso wie jeder andere hier - dass das nur eine lahme 0815- Ausrede war. Luke schnaubte und sah mich schon wieder wütend an.

Jason kam zu uns und packte mich am Arm. "Steig ein, Kate. Wir müssen los.", drängte er und sah dann zu Luke. "Sag ihm Tschüss und komm. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Chrissy wartet." Ich nickte und sah zu Luke, der jetzt etwas erschrocken dreinblickte.

"Luke, es tut mir leid, aber ich muss jetzt gehen. Du weißt nicht, worum es hier geht." Ich wandte mich ab.

"Kates", setzte er flehentlich an und ließ mich innehalten. "Könnt ihr nicht einfach die Polizei rufen? Ich glaube, das Ganze ist eine Nummer zu groß für euch." Ich sah zu Jason, der Luke empört anblickte und auch ich schüttelte den Kopf. Ich drehte mich halb zu ihm um.

"Luke. Wir sind das zukünftige MI6. Wir sind quasi die Polizei!" Dann bedeutete ich Jason, in Auto zu steigen und folgte ihm. Als ich meine Hand am Türgriff hatte, hörte ich noch einmal Lukes Stimme.

"Du hast mich vergessen!", rief er aufgebracht. "Du hast mich hierher eingeladen und bist nicht aufgetaucht. Ich habe im Auto geschlafen und im Morgengrauen bin ich umhergestreift, um dich zu suchen. Und dann finde ich dich hier, mitten auf der Flucht. Was ist aus dir geworden, Kate? Du hast mir versprochen, nicht so zu werden. Du hast mir versprochen, dass uns das nicht auseinander reißt." Ich schluckte und fuhr herum.

"Das war bevor ein Killer-Zirkel Jagd auf mich macht und meine beste Freundin entführt.", rief ich ihm ins Gedächtnis. Jetzt sah ich ihn flehendlich an und Luke gab sich geschlagen.

"Du wirst nicht bleiben.", sagte er. Es war keine Frage, sondern eine Feststellung, aber ich antwortete dennoch.

"Ich kann nicht." Luke nickte und kam auf mich zu.

"Sie sind dir wichtiger geworden." Wieder stellte er fest. Ich sah ihm nicht ins Gesicht und schwieg. Luke nickte wieder und drückte mir ein kleines Geschenk in die Hand.

"Alles Gute zum Geburtstag, Kates."

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