Prolog

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Sie rannte gehetzt die Straßen entlang. Ihre Verfolger hingen ihr dicht an den Fersen. Sie spürte, wie ihr der Schweiß an der Stirn hinab rann und die kleinen Härchen im Nacken an ihrer Haut klebten.

An der nächsten Ecke bog sie ab und rannte weiter. Etwas war schief gelaufen. Man hatte sie entdeckt. Und nun rannte sie durch die dunklen Straßen der Stadt, wohl wissend, dass sie einen Fehler begangen hatte.

An der nächsten Kreuzung entschied sie sich für die dunkle Seitengasse. Sie wusste, dass sie würde kämpfen müssen, aber vorher wollte sie ihre alte Taktik des Untertauchens anwenden.

Sie war vollständig in Schwarz gekleidet, ihr Haar hatte sie erst heute Morgen schwarz getönt. Alles nur, damit sie nun mit den Schatten verschmelzen konnte.

Aber die Verfolger hinter ihr waren keine blutigen Anfänger, die man ihr sonst immer auf den Hals hetzte. Nun hatten sie die Profis geschickt und sie wusste, sie würde alle Tricks anwenden müssen, um ihren Fängen zu entgehen. Bloßes Unsichtbarwerden nützte ihr hier nichts mehr. Sie musste auf Überraschung setzen.

Schließlich landete sie im Hinterhof eines kleinen Cafés. Ohne nachzudenken, drückte sie sich gegen die Hauswand, hielt den Atem an und wartete. Als der erste neben sie trat, sprang sie aus dem Schatten und schlug ihn nieder. Sie landete einige Treffer, ehe sein Komplize sie von hinten in den Schwitzkasten nahm.

»Denkst du, du kannst uns schon wieder entwischen?«, hauchte er ihr höhnisch ins Ohr. Sie biss die Zähne zusammen und entwand sich aus seinem Griff. Sofort gingen sie aufeinander los. Der zweite Verfolger stand nun auf und schnitt ihr den Fluchtweg ab. Grimmig biss sie die Zähne zusammen.

Sie war immer schon klein gewesen. Auf der Akademie hatte nie jemand Rücksicht genommen und sie war dankbar dafür. Das Leben nahm keine Rücksicht. Das Schicksal nahm auch keine Rücksicht. Und die zwei Angreifer vor ihr würden erst Recht keine Rücksicht auf sie nehmen.

Sie nahm noch einmal alle Kräfte zusammen, schlug dem ersten ins Gesicht und nutzte die Ablenkung, um ihm in einer fließenden Bewegung das Genick zu brechen. Dann drehte sie sich elegant in der Luft, während sie ihr Bein hochriss und den anderen Angreifer gegen die Brust stieß. Dieser taumelte nach hinten und sah sie mit vor Wut verzerrtem Gesicht an.

Sie sah seine Hand, die an seine Waffe langte und warf sich sofort zu Boden, bevor er sie zur Gänze herausziehen konnte, um sie noch in seiner Bewegung zu erschießen. Plötzlich wurde ein Schuss abgefeuert und sie rollte sich sofort zur Seite an die Hauswand, wo sie schließlich aufsprang. Sie war noch immer in dem Glauben, dass er sie verfehlt hatte und jetzt erneut auf sie zielen würde. Um das zu verhindern, musste sie in Bewegung bleiben.

Doch als sie aufsprang und ihren Todestanz beginnen wollte, bemerkte sie, wie ihr Angreifer auf die Knie sackte. Selbst in der Dunkelheit sah sie die rote Flüssigkeit auf seiner Brust schimmern. Er fiel vornüber und starrte mit leeren Augen gen Himmel. Sofort fuhr sie herum und blickte in zwei vertraute Augen. Ihr alter Freund grinste nur kurz und verstaute seine Waffe im Hosenbund seiner Jeans.

»Es waren nur die zwei unterwegs, um dich zu beschatten.«, teilte er ihr mit. Sie nickte mechanisch und näherte sich ihm.

»Sie haben sie gesehen.«, flüsterte sie und ihre Stimme zitterte. »Sie wissen, wo sie wohnt. Sie wissen, wie sie aussieht.«

»Ich weiß.«, sagte er mit seiner typisch festen Stimme. Er übernahm immer sofort die Kontrolle und obwohl sie sich oft in die Haare kriegten, war sie dankbar, dass er heute hier war. Sie vertraute niemandem mehr als ihm.

»Wir überlegen uns etwas.«, versprach er und sofort ergriff eine Ruhe von ihr Besitz. Erleichtert ließ sie die Schultern hängen. Er versprach nie etwas leichtfertig, denn seine Versprechen waren ihm heilig.

»Sie muss es lernen.«, sagte sie nun und richtete sich wieder auf. »Sie muss in die Akademie.«

»Sie besitzt keinerlei Vorkenntnisse. Weder im Nahkampf, noch in Waffentechnik. Sie würde gnadenlos untergehen.«, widersprach er.

»Dann hilf ihr!«, flehte sie und griff nach seiner Hand. »Ich bitte dich, hilf ihr! Sie muss in die Akademie. Dort ist sie in Sicherheit.«

»Fürs Erste.«, erinnerte er sie.

»Aber sie wird alles lernen, was sie wissen muss. Danach wird sie selbst zurechtkommen, das weiß ich.« Sie sah ihn bittend an. Schließlich seufzte er.

»Gut. Ich werde alle Formalitäten erledigen. Wir holen sie an die Akademie. Aber du weißt, was das heißt. Sie muss von dir erfahren.« Sie nickte betrübt und ließ den Kopf hängen.

»Ich weiß. Aber die Zeit ist gekommen.«

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