Kapitel elf

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Nach dem Essen ging ich schließlich hinaus auf den Großen Hof und Fotografierte ein wenig den Garten und das schöne Haus, in der Hoffnung man konnte eines dieser Bilder für den Artikel verwenden. Einige Minuten verbrachte ich noch hier draußen, bevor ich Gesellschaft bekam.

„Ist es viel Arbeit?", fragte eine männliche Stimme, die sich als Nelio heraus stellte. Er stand dicht hinter mir, die Hände in den Anzugtaschen. Stirnrunzelnd betrachtete ich erst die Bilder auf meiner Kamera, dann ihn.

„Was denn?", fragte ich schließlich, da ich nicht wusste was er meint.

„So ein Artikel zu schreiben", erkläre er mir, was mich wissend nicken ließ.

„Naja, ich muss alle Informationen zusammen sammeln und einige schöne Fotos machen, das passiert meist Vor Ort. Danach schreibe ich aus den Stichpunkten einen Artikel und füge die Bilder dazu, das dauert um die ein bis fünf Stunden, je nachdem wir groß der Artikel sein soll", sprach ich, während ich durch den kleinen Kiesweg zwischen den Blumen lief.

„Macht dir das Spaß?", fragte er mich weiter aus.

„Ich habe lang dafür gekämpft also ja, macht es", beantwortete ich ihm seine Frage, bis mir hinter dem Haus ein Pavillon ins Auge sprang. Zufrieden mit dem Anblick fotografierte ich diesen, da im Hintergrund das Meer schön glitzerte.

„Komm ich in deinem Artikel auch drin vor?", fragte er mit einem schelmischen grinsen auf den Lippen. Dies konnte ich sehen, da er mir nun vor die Linse gesprungen war und mir den Blick auf das Meer versperrte.

„Wenn du etwas spannendes machst, was man berichten könnte, dann vielleicht", erwiderte ich Schulterzuckend. Nelio dachte offensichtlich nach, bis er mich wieder ansah.

„Hab leider keine Harmlosen Talente, die ich dir zeigen könnte", sprach er selbstsicher und kam auf mich zu. Ich kniff meine Augen leicht zusammen und umfasste meine Kamera enger.

„Nelio verpiss dich! Wenn sie hier nicht wieder heile vom Hof kommt, gibt es keinen Artikel und ohne Artikel sind wir ziemlich am Arsch", schrie Keno wütend.

„Weil du dann wieder in den Knast kommst?", provozierte Nelio seinen Cousin.

„Weil dann nahe liegend ist, dass wir ihr was angetan haben und dieses mal warst es erneut du und nicht ich", knurrte Keno als Antwort, weshalb sich die Augen von Nelio verdunkelten.

„Ich konnte da auch nichts für, Sie ist einfach -„ fing Nelio grinsend an, wurde jedoch unterbrochen.

„Halt deine verfickte Schnauze du elender Lügner. Und jetzt verpiss dich von unserem Grundstück", schrie Keno ihn an und zeigte mit dem Finger auf die Hofeinfahrt.

„War mir eine Freude dich kennen gelernt zu haben, Valentina", sprach er nun an mich gewandt, küsste meinen Handrücken und verschwand dann durch den Garten nach vorne auf die Hofeinfahrt.

„Du solltest aufpassen mit was für Menschen du redest", warnte mich Keno vor. Sehr Lustig. Woher soll ich den bitte wissen wer gefährlich und wer ungefährlich ist? Seufzend lief ich auf ihn zu und machte direkt vor ihm halt.

„Weshalb habt ihr gestritten?", fragte ich direkt.

„Das werde ich dir niemals beantworten", erwiderte er sofort, was mich unzufrieden machte.

„Sie müssen mir mehr aus ihrem Alltag zeigen. Ich brauche Material", wechselte ich das Thema.

„Keno", meinte er.

„Was?", erwiderte ich total verwirrt.

„Du kannst mich ruhig duzen, ich habe keine Lust auf diese Förmlichkeiten. Schlimm genug das du jetzt die nächsten Tage oder Wochen hier sein musst", seufzte er frustriert.

„Ich bin auch nicht begeistert", konterte ich plump.

„Warum tust du es dann?", hakte er nach.

„Ich bekomme mein eigenes Büro und mehr Geld. Außerdem ist es ein gutes Sprungbrett für diesen Job wenn man so ein großen Artikel schreibt", beantwortete ich ehrlich seine Frage.

„Keno!", schrie eine tiefe Stimme nun aus dem Haus, weshalb sich mein Gegenüber sofort abwandte und hinein lief. Ich folgte ihm schnell, in der Hoffnung etwas spannendes mitzubekommen.

„In mein Büro", verlangte sein Vater, der im Flur stand. Er warf seine Anzugjacke einer kleinen Frau in schwarz weißer Kleidung zu, die sie an einen Hacken hing. Keno folgte seinem Vater in den Flur, rechts von der Treppe und verschwand schließlich aus meinem Blickfeld.

„Valentina, komm ruhig zu mir in das Wohnzimmer, wir können etwas trinken und ich beantworte deine Fragen", bot mir Raniya an und so lieb es gemeint war, ich war mir zu hundert Prozent sicher, dass eine Strategie ausgearbeitet wurde bevor ich gekommen war. Die Jungs führten weiter ihre Sachen durch und damit ich nicht zu tief graben konnte sollte Raniya mich ablenken.

Das ließ ich bestimmt nicht auf mir sitzen. Wenn diese Artikel ein Reinfall wird, kann ich mir den Job direkt wieder abschminken. Mit einem leichten lächeln drehte ich mich zu der Frau, die mich auffordernd musterte. Ich folgte ihr ins Wohnzimmer, wo bereits Tee bereit gestellt wurde. Dann wollen wir mal alle oberflächlichen Fragen klären, bevor ich tiefer graben werde.

***

Als ich aus dem Aufzug stieg wollte ich bereits in die hinterste Ecke der Sammelbüros, bis mir einfiel, dass ich dort nicht mehr hin musste. Ich machte auf dem Absatz kehrt und lief auf mein großes Büro zu. Als ich eintrat hielt ich Inne. Es stand bereits ein zweiter Schreibttisch vor meinem, der mit Computer ausgestattet war. Wir hatten einen eigenen Drucker in der rechten Ecke und die graue Wand war bereits voll mit schönen Bildern und Sprüchen.

Karen war gerade dabei ein neues Bild aufzuhängen, als sie mich bemerkte und alles stehen und liegen ließ. Sprachlos betrachtete ich unser helles Büro und stellte fest, das einer meiner Träume soeben wahr geworden ist.

„Und?", fragte die Brünette prüfend.

„Ich finde es klasse", erwiderte ich zufrieden und hing meine Handtasche über meinen Schreibtischstuhl. Mein Bullet Journal legte ich ordentlich auf den Schreibtisch und rückte dann die Stiftebox zurecht. Es war alles da. Von Locher, bis Tacker und Tesafilmrolle hatten wir endlich alles für uns.

„Wahnsinn", hauchte ich und ließ mich auf den Stuhl nieder.

„Erzähl mir erst einmal, wie war es bei den Morettis?", fragte Karen neugierig und ließ sich auf ihren Schreibtischstuhl nieder um mich anzusehen.

„Förmlich", brachte ich nach kurzem überlegen zögernd hervor.

„Wir wurden mit einem großen Auto zur Mansion gebracht und Karen, ich sage dir, die ist riesig. Die Mutter könnte ein Victoria Secret Model sein und der Vater entspricht das Ebenbild eines Mafiabosses", seufzte ich auf, was meinen Gegenüber strahlen ließ.

„Klingt total spannend", warf Karen fasziniert ein.

„Und dann gibt es da noch die Cousine, die die Perfektion selbst ist, den Cousin der irgend ein Geheimnis mit Keno hat und den kleinen Bruder, der soweit ich das mitbekomme wohl gegen alle förmlichen Regeln verstößt die es gibt", lachte ich auf, wohl eher aus Frustration, da mir jetzt bewusst wurde was ich hier eigentlich tat.

„Du nennst ihn Keno?", quickte die Brünette überrascht.

„Wir duzen uns alle, außer Mister Moretti. Der hat sowieso kein richtiges Wort mit mir gewechselt", erklärte ich ihr.

„Die haben ganz dunkle Geheimnisse Karen, aber da komm ich wohl noch hinter", versprach ich ihr selbstsicher.

„Da bin ich mir sicher", ermutigte sie mich grinsend und wandte sich dann wieder ihrer Arbeit zu. Ich holte schließlich auch meine Notizen raus und fing an den Artikel zu schreiben. Ich hatte mich mit Miss Thompson darauf geeinigt, dass jetzt jeden Montag ein neuer Teil in die Aktuelle Ausgabe kommt. Somit hatte ich noch eine halbe Woche um genug Informationen zu sammeln. Ich werde direkt morgen wieder zu dem Anwesen fahren und alle noch ein wenig mehr auf die Nerven zu gehen.

𝐌𝐨𝐫𝐞𝐭𝐭𝐢 ✓Where stories live. Discover now