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Was würde ich tun wenn ich wirklich in dieser Situation wäre?

Warum?

Warum fragte ich mich dasselbe die ganze Zeit? Warum?

Es war nur die Liebe. Es lag an der Liebe.

Auch wenn ich in Wirklichkeit mehr brauchen würde außer Liebe um gut zu leben, würde es die Liebe nicht geben würde ich mir auch nicht ausmalen wie ich starb.

Es ist doch alles ein verdammtes Hass-Spiel um die Liebe.

Einerseits ist sie frei und wunderschön. Wenn man ein Picknick im Park macht oder auf der Brücke die vorbeifahrenden Schiffe beobachtet.

Doch sie engte dich auch ein. Wenn nur ein anderer Junge dein Mädchen ansieht musst du darauf achten, dass ihr euch nicht in die Haare bekommt.

Liebe war wie ein Tunnel.

Man konnte alleine nie alle Auswege versperren, man kann immer vor ihr flüchten.

Ich musste automatisch an diesen Tunnel denken. An diesen einen Tunnel.

Ich erinnerte mich daran wie ich drinnen stand und wartete. Wie ich diesen Gang entlang ging. Wie meine Füße schmerzten doch nicht stehen bleiben wollten.

Und ich mich dann versteckte.

Was wäre gewesen wenn sie mich gesehen hätten?

Diese Vorstellung war komisch.

Wenn sie mich gefragt hätten wer ich bin und was ich hier mache.

Ich hätte gesagt: „Ich bin ein Engel. Ich verkrieche mich normalerweise in meinem Schuppen oder verkaufe ohne Geld einem anderen Mann Liebe und deshalb haben mich meine Füße hier her getragen um auch dir Liebe zu geben."

Wenn ich so dachte war es mehr als nur skurill. Wenn ich das wirklich gesagt hätte, hätte er mich für dumm verkauft und mich nach der Wahrheit gefragt.

Genau so wäre es gekommen.

Dann hätte ich ihm erklärt, dass ich nicht lüge.

Und dann hätte ich ihm erklärt, „Was fühlst du? Fühlst du Liebe? Fühlst du tief in dir Liebe? Wenn ja dann ist das der Beweis, dass ich nicht lüge. Es ist egal was du dir ein zu reden versuchst, doch es ist so. Glaube mir."

Doch das hätte ich nur gerne alles gesagt.

In Wirklichkeit hätte ich zu stottern und zu piepsen begonnen. Ich hätte ihm irgendwie weis zu machen versucht, dass ich ein ganz normaler Mensch bin.

Ich hätte alles komplett vermasselt und wäre am Ende aus dem Tunnel gerannt.

Ich hätte...

Ich hätte.

Ich hätte alles tun können. Doch es ist hätte. Leitet sich von hatte ab und das ist eine Vergangenheitsform. Eine Vergangenheitsform für etwas was man tun hätte können aber nicht getan hat. Oder eine Gegenwartsform für alles was man haben könnte aber nicht hat.

Beides traf zu.

Ich hätte.

Ich hätte.

Ich hätte.

Ich hätte.

Ich hätte.

Nun verlor das Wort langsam seine Bedeutung.

Ich hätte.

Es verlor seine Bedeutung.

Ich rutschte am Taxisessel wieder richtig hin und dachte noch mal kurz nach bei was ich stehen geblieben war.

Meine Hand stützte sich an dem Fenster ab und mein Blick glitt über die Stadt draußen.

Über einen neuen Stadtteil.

Ich hatte es hier noch nie gesehen und außerdem fuhren wir schon ziemlich lange.

„Entschuldigen sie, aber wann sind wir denn da?", fragte ich vorsichtig.

„Sie sagen so in den Gedanken aus, deshalb dachte ich fahre ich einen Umweg... wenn sie wollen kann ich sie auch gleich zum Hyde Park bringen", erklärte er mir.

Ich wusste genau, dass in der Nacht nie viel los war und er deshalb genug Geld brauchte deshalb fuhr er so lange. Also genau genommen, dass ich mehr zahlen musste.

Doch ich konnte ihn nicht bezahlen. Aber das werde ich dann erst spontan klären wie ich das machen werde.

So war ich und so würde ich immer bleiben. Arm.

„Nein, nein passt schon... fahren sie ruhig weiter", meinte ich.

Langsam wurden die Lichter dunkler als eine Lärmschutzwand an der Seite auftauchte. Dann wurde es wieder hell.

Die Laternen strahlten um die Wette und die Lichter in den Wohnungen gaben ein schönes warmes Licht von sich.

Es war ruhig.

Manchmal fuhr ein Auto an uns vorbei oder auch hin und wieder kamen ein paar Fußgänger auf uns zu.

Da kamen auch schon zwei.

Zwei.

Ich brauchte nicht zu erwähnen welchen Schmerz es in mir auslöste.

Wie immer versuchte ich meinen Kopf auf die Seite zu neigen um nicht hinsehen zu müssen. Doch wie immer blieb mein Blick trotzdem an ihnen hängen.

Es war immer die Liebe.

Die Liebe die ich mir nur einredete haben zu wollen.

Immer nur die Liebe, Liebe, Liebe.

Ich würde alles so gerne mit anderen Augen sehen.

Aus einer Sicht einer andern Person.

Oder einfach mit der Wahrheit im Gedanken.

Mit Zuversicht.

Doch all das konnte ich nicht.

All das war eine Gabe die ich nicht besaß.

Stattdessen huschten mir alle Bilder vor den Augen umher.

Wie ein Film. Wie ein Film der auf Dauerschleife lief.

Sie wurden erneut und erneut abgespielt.

Und bei jedem Mal tat es noch schlimmer weh.

Bei jedem Mal bohrte sich das Messer noch schlimmer in meine Brust.

An Angel Will DieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt