ein anderer Blickwinkel

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"Du siehst müde aus."

Ich schniefe etwas und drehe mich nur zur Seite. Müde war kein Ausdruck, als ich heute Morgen in den Spiegel geschaut habe, da hatte ich Augenringe bis zum Boden, so tief das sie wie dunkle Schlunde wirkten. Habe nicht eine Sekunde geschlafen die Nacht und mir nur Gedanken gemacht. Ich bleibe weiter still und atme durch, während mein Blick starr aus dem Fenster gerichtet ist.

"Jamie?"

"mhh?" brumme ich nur und wende langsam meinen Blick zu meinem Bruder, der mich ausdruckslos anschaut und lange nichts mehr sagt, bis er mir durch die wilden, ungemachten Haare fährt:"Hör auf so ein Gesicht zu ziehen. Ich ertrag es einfach nicht..." er erträgt es nie wenn ich traurig oder gekrängt bin. Austin betrachtet mich noch lange, bevor er zu seinem Entschluss kommt:

"Lass uns am Wochenende feiern gehen!" mein Bruder stupst mich leicht gegen die Schulter und ich nicke nur abwesend, was ihn nicht gerade aufmuntert, doch er hackt es ab und steigt zusammen mit mir aus dem Wagen:"Jamie, du machst dir zu viele Gedanken. Er wird schon keinen Scheiß machen, dafür hat er zu viel Angst vor mir." Nein, dass hat er ganz sicher nicht, denn er will sich durchsetzen und rennt damit auch gegen Wände wenn es sein muss.

Ich biege ab in einen anderen Gang und schleiche durch die noch Menschenleeren Flure, meine Stunde beginnt erst zur zweiten, aber ich wollte schon zur ersten, daich ein wenig allein sein wollte. Zu Hause wären Mum und Dad und darauf habe ich gerade sehr wenig Lust, also verkrieche ich mich nach Draußen auf den Schulhof, wo mir zwischen den Blättern der Bäume die Sonne entgegen lächelt und ich mich auf eine Bank fallen lasse.

"Diese ganze Scheiße kotzt mich an!" stöhne ich und vergrabe das Gesicht in meinen Händen.

"Tut es das nicht oft in letzter Zeit?" Erschrocken blicke ich auf und gehe schon in Schutzstellung mit erhobenen Händen, was meine beste Freundin nur grinsend entgegen nimmt und sich neben mich fallen lässt. Ich brauche einige Augenblicke bevor ich realisiert habe das sie nun da ist und keine Bedrohung ist, naja... keine Schlimme zumindest. "Was mnachst du hier?" frage ich und entspanne mich wieder etwas. "Das könnte ich dich auch fragen." kontert sie und ich knirsche etwas mit den Zähnen:"Ich hab zu erst gefragt!" Sie pfeift durch die Zähne:"Wohl keine gute Laune oder wie?" Ich nicke nur knapp und lege mit geschlossenen Augen den Kopf zurück, was sie mit einem Seufzen hinnimmt:"Nennen wir es Dummheit." Wieder herrscht Schweigen und kein gutes, was ich Leo sofort anmerke und sie wieder anschaue, dieser Anblick wenn sie nervös wird und beginnt auf ihrer Lippe zu kauen oder mit ihren Armbändern zu spielen, wirklich amüsant immer.

Leocadia Emmeth, jetzt wo ich sie so anschaue und zurück denke, da hat sie damals genauso gelacht und mich angestrahlt als wir uns das erste Mal in der Schule kennengelernt haben. Wir waren beide allein. Sie hatte damals viel angst vor anderen Schülern, da sie in der Grundschule schikaniert worde, doch nun ist sie Schülersprecherin und Liebling von jedem, auch wenn sich oft viele über ihren eigenständigen Kopf aufregen, doch genau das zeichnet sie aus und macht sie so special. Mit einem Mal muss ich auflachen und sehe wie verwirrt sie inne hält, doch dann auch lächelt:"Ich schaff es jedes Mal." diese blöde... ach, völlig egal. Ich schüttle den Kopf und entschuldige mich. Wieso muss ich mich immer gleich selbst unter Druck setzen? Selbst wenn es die ganze Schule wüsste, so hätte ich immer noch Freunde und Familie die hinter mir steht, was bin ich doch nur für ein bescheuerter Idiot.

"Du glaubst er wird was sagen?" fragt sie, während sie mit ihren Finger, wie ein Kamm durch meine Haare fährt und ich meinen Kopf auf ihrem Schoß platziert habe:"Ja... nein... ach, ich weiß nicht." Sie lächelt nur verschmitzt und schüttelt den Kopf:"Glaub mir, so wie er dich angehört und umsorgt hat, dass sagt er nicht. Erinnere dich daran, als du mir das vor zwei Jahren gesagt hast wie hab ich da reagiert?" Ich grinse:"Du hast drei tage nicht mit mir gesprochen?" Sie grinst verlegen und schüttelt den Kopf erneut:"Doofi! Ich war geschockt! Ich meine... wir sind so gute Freunde und so eine Nachricht ist schon nicht ohne. Du machst dir so dumme Gedanken! Kein Wunder das du so schlecht gelaunt bist." 

Sie ist wie ein Ventil und sie baut mich immer so gut auf, deswegen werde ich dem jenigen weh tun, der ihr weh tut. Es klingelt und genervt stehen wir auf, um uns zum Klassenraum zu bewegen, nun setzt die Realität wieder ein und wir begeben uns ins Schulgebäude zurück.

"Wir wollen am Wochenende feiern gehen. Naja, eher Austin hat es vorgeschlagen und wenn du willst kannst du ja mit ihnen gehen?" schlage ich vorsichtig vor, doch da harkt sie sich schon bei mir ein und meint lachend:"Ohne dich? NEEEE! Ich brauch doch jemanden der mich einfach so küsst! Ich weiß doch das du auf mich stehst!" stichelt sie und ich verdrehe nur die Augen, doch dann stocke ich und löse mich vorsichtig von meiner Freundin, die nun von einem Klassenkamerad abgefangen wird und ich meinen Blick weiter auf eine person gerichtet habe. Nun verkrampft sich mein magen bei dem Gelächter das durch den ganzen Flur zu hören ist oder fällt es nur mir auf?

Da steht er und ist einfach wie immer. Ich atme tief durch und tippe kurz Leo an, um ihr Bescheid zugeben das sie nicht auf mich warten muss, dann setze ich einen Fuß vor den anderen, genau auf ihn zu. Mark.

Behind His EyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt