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Isabell. Sie stand dort mit einem Tablett in den Händen und sah mich mitfühlend an. "Irgendwann wirst du dich schon daran gewöhnen und dann wirst du es auch nicht mehr als so schlimm empfinden" sagte sie beruhigend, was aber in meinen Ohren ganz und gar nicht beruhigend klang.

Ich wischte schnell die Tränen weg und richtete mich ein wenig auf. Das Tablett stellte Isabell vor mir auf dem Boden ab, dann wollte sie wieder gehen.

"Wie lange bist du schon hier?" fragte ich.

Sie hielt in ihrer Bewegung inne und drehte sich um. "Zwei Jahre"

"Oh Gott" murmelte ich.

"Irgendwann gewöhnt man sich dran"

"Es ist trotzdem an fast jedem anderen Ort besser als hier. Wie bist du denn eigentlich hier gelandet?"

Ihr Blick wurde mit einem Mal traurig. "Meine Eltern... Sie sind bei einem Autounfall gestorben. Danach musste ich in ein Kinderheim und dort haben die Vampire unsere Betreuer mithilfe von ihren Manipulationskräften dazu gebracht die Jugendlichen an sie abzugeben. Aber nur einige damit das nicht so auffällt. Die Jungs haben sie dann zu Vampiren verwandelt und bei sich aufgenommen so wie zum Beispiel Leon und die Mädchen haben sie dazu gebracht ihnen zu dienen... so wie mich"

Ich hörte ihr wie gebannt zu und bei dem Namen 'Leon' weiteten sich meine Augen.

"Leon war mit dir im Heim?"

Sie nickte. "Er war sogar ein guter Freund für mich und war immer so nett und hilfsbereit zu jedem. Aber seit er zu einem Vampir verwandelt wurde, ist er kalt und abweisend, beachtet mich nicht einmal und wenn er es tut, dann behandelt er mich wie... naja das hast du ja selbst gesehen"

In der Tat. Der Klaps auf den Hintern sprach Bände und trotzdem hatte ich jetzt nur noch Verständnis für ihn. "Da ist es nur selbstverständlich, dass er so kalt und abweisend ist und nichts von seinen wahren Emotionen preisgibt. Er wurde von Vampiren umgebracht, wo er noch sein ganzes Leben vor sich hatte nur, um selbst einer zu werden und muss nun genau diesen Leuten gehorchen und mit ihnen leben. Das muss schlimm sein"

Sie zuckte mit den Schultern. "Wahrscheinlich. Wenn es wirklich so schlimm für ihn ist, dann lässt er es sich aber kaum anmerken"

Ich nickte in Gedanken versunken. Jetzt verstand ich warum er so reagiert hat als ich erwähnt habe, dass er auch mal ein Mensch war. Er hat eine Mauer um sich gebildet, hinter der er seine ganzen Emotionen versteckt und hinter die er niemanden blicken lässt aber als ich ihn an sein früheres Leben und seine Verwandlung erinnert habe, ist diese Mauer für einen kurzen Moment gefallen. Er wurde wütend. Wütend auf mich, weil ich das erwähnt habe und wütend auf die Vampire, die ihm das angetan haben.

"Ich gehe dann mal. Guten Appetit" wünschte Isabell mir dann und ging.

Jetzt nahm ich auch auf einmal diesen herrlichen Geruch von gebratenen Kartoffeln mit Zwiebeln wahr. Wie aufs Stichwort begann mein Magen zu knurren.

Mein Blick wanderte nach unten und ich entdeckte tatsächlich gebratene Kartoffeln mit Zwiebeln, dazu zwei Scheiben Brot und ein Glas Wasser auf dem Tablett.

Endlich essen.

Ich probierte die Kartoffeln und musste zugeben, dass diese ziemlich gut schmeckten. Schnell verschlang ich alles und lehnte mich mit vollem Magen zurück.

Meine Gedanken kreisten noch eine Weile um Isabell und Leon bis ich dann versuchte zu schlafen, was mir aber leider nicht gelang. Es war viel zu kalt und ich zitterte am ganzen Leib. Die Kerze, die Isabell vorhin angezündet hatte, half nun kaum noch. Langsam hielt ich die Kälte nicht mehr aus und lief zur Tür.

His Secret ✓Where stories live. Discover now