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Ein angenehmer Schauer lief mir den Rücken runter und ich bekam Gänsehaut. Allein dieser Satz machte mich verrückt. Und das Wort. Babe.

Oh Gott Liam und ich sind wirklich zusammen... Jess und Emy würden eskalieren, wenn sie das wüssten. Anscheinend hatten die beiden immer recht, was Liam und mich angeht.

Ich musste lächeln und war in diesem Moment einfach so glücklich, dass ich näher an ihn rückte und mich an seine Brust schmiegte. Sofort legte er seine Arme um mich und fing an meinen Oberarm mit seinen Fingern zu streicheln während ich seinen Duft einsog, die Wärme genoss und seinem Herzschlag lauschte.

"Wir haben nur noch heute, morgen fliegen wir wieder nach Hause. Was möchtest du machen?" fragte er mich behutsam.

"Am liebsten für immer nur noch hier sitzen" murmelte ich mit geschlossenen Augen.

Ich spürte wie seine Brust vor Lachen vibrierte. "Ich auch aber wir sollten den letzten Tag hier am Meer genießen, meinst du nicht?"

"Du hast recht. Aber erst später"

"Wie du möchtest" hörte ich ihn grinsen und spürte wie er über meinen Kopf strich und ihn dann sanft noch enger an seine Brust drückte.

So saßen wir dann noch eine Weile während ich über Liam und unsere Beziehung zueinander nachdachte. Ich wusste schon vieles über ihn aber das war noch längst nicht alles. Da ist mehr, viel mehr.

"Wie alt bist du wirklich?" unterbrach ich die Stille.

Seine Finger an meinem Oberarm blieben an einer Stelle stehen und hörten auf sich zu bewegen. "Für einen Menschen wäre ich sehr alt"

"Wie alt denn?"

"Schätz mal"

Ich schmunzelte. "Ich weiß nicht. Vielleicht 100?"

"So alt bin ich dann doch noch nicht"

Ich grinste. "Dann vielleicht 80?"

"Nah dran aber immer noch falsch"

"70?"

"72 wäre richtig, ja. Ich bin am 9. Januar 1947 geboren" erwiderte er.

"Wow" brummte ich nur. Liam ist einfach mal fast so alt wie mein Opa. Irgendwie war der Gedanke beängstigend. Und komisch.

"Naja für unsere Verhältnisse ist das noch ziemlich jung. Da gibt es deutlich ältere"

"Wie alt ist Tyler denn?" wollte ich wissen.

"Er ist erst 54"

Erst... Schon klar. "Und ihr verändert euch gar nicht mehr?" ich sah zu ihm auf.

"Nein, gar nicht" schmunzelte er.

"Hmm" brummte ich nachdenklich. "Aber wenn du schon so lange auf der Welt bist, dann hast du doch bestimmt schon sehr viele Menschen kennengelernt und... sehr viele feste Freundinnen gehabt, oder?"

Er lachte. "Tatsächlich bist du meine erste feste Freundin"

Mir klappte der Mund auf. Ich konnte es nicht glauben. "Wirklich?"

Er nickte. "Ich habe zwar schon viel Erfahrung mit Frauen und habe ehrlichgesagt viel mit ihnen zu tun gehabt aber da war noch nie was ernstes"

Dass er schon viel Erfahrung mit Frauen hatte, war mir durch seinen Badboy Status von Anfang an klar. Ich lächelte. "Du bist 72 Jahre auf dieser Welt und willst mir sagen, dass ich die erste bin, mit der du eine Beziehung führen willst?"

Er nickte und blickte mir fest in die Augen. "Irgendwas an dir ist anders. Du hast mich zu dem Menschen gemacht, der ich ganz am Anfang immer war. Selbst deine sture und neugierige Art ist etwas an dir, was ich liebe"

Ich senkte beschämt den Kopf, legte ihn wieder an seine Brust und flüsterte: "Danke".

Kurz herrschte Stille, bis Liam sie durchbrach und seine Streicheleinheit an meinem Oberarm fortsetzte. "Und du? Hattest du schon einen Freund?"

Ich nickte an seiner Brust. "Aber nur einen und das war Max"

Ich spürte wie er sich bei diesem Namen verspannte, doch schnell wieder locker wurde. "Das habe ich schon von anderen Schülern zu hören bekommen. Und sonst hattest du niemanden?"

Ich schüttelte den Kopf. "Nein"

Wieder Stille.

"Darf ich dich etwas sehr persönliches fragen?" hörte ich Liams Stimme fragen.

"Klar"

"Du hast als wir Wahrheit oder Pflicht gespielt haben, gesagt, dass du dein erstes Mal noch nicht hattest, stimmt das?"

Ich spürte wie mir die Röte ins Gesicht stieg und mein Herz begann zu rasen. "Natürlich stimmt das!"

Er löste sich ein wenig von mir, sodass er seine Hand unter mein Kinn legen konnte und mich dazu zwang ihm in die funkelnden grün-blauen Augen zu sehen. "Gut. Ich möchte nämlich nicht, dass dich irgendein anderer anfasst. Ich mochte es schon immer nicht"

Meine Wangen fingen an zu glühen und seine Augen strahlten mir so intensiv entgegen, dass ich schon Angst hatte, er würde vielleicht doch Gedankenlesekäfte besitzen und gerade anwenden.

Er zog mich erneut in eine Umarmung und küsste meinen Scheitel. Diese Umarmungen sagten so viel aus. Sie können so viel ausdrücken, was man gar nicht in Worte fassen kann. Man kann die Gefühle des anderen in diesem Moment förmlich spüren und ist demjenigen so nah wie man nur sein kann - eine ganz einfache Geste mit so viel Emotion dahinter.

Hätte mir noch vor paar Wochen jemand gesagt, dass Liam so eine liebevolle Seite hat, hätte ich demjenigen niemals geglaubt.

"Erzähl mir mal über deine Wünsche"

Ich runzelte verwirrt die Stirn. "Meine Wünsche? Warum?"

"Naja ich als dein Freund sollte sowas doch wissen, oder?"

Ich schmunzelte und überlegte. "Jeder Mensch hat natürlich viele Wünsche aber meine sind hauptsächlich, dass sich meine Familie wieder vereint und einmal im Leben Helikopter zu fliegen"

"Helikopter fliegen?" fragte er überrascht.

Ich nickte. "Ich liebe es einfach zu fliegen und nachts die beleuchteten Städte von oben zu betrachten. Im Flugzeug war ich aber schon oft und im Hubschrauber noch nie"

"Hm" brummte er in Gedanken versunken.

"Und du? Was sind deine größten Wünsche?"

"Ich habe keine. Für übernatürliche Wesen, die ewig auf der Erde leben und schon so gut wie alles ausprobiert haben, spielen materielle Dinge keine Rolle"

Ich verdrehte die Augen. "Jeder hat irgendwelche Wünsche"

"Dann ist mein größter Wunsch mehr Zeit mit dir zu verbringen"

Ich schmunzelte. "Wir werden noch genug Zeit haben"

"Hoffentlich"

Wir saßen noch schweigend Arm in Arm da, bis das gedämpfte Klingeln eines Handys die Stille durchbrach. Aus Reflex wollte ich auf und unter der Bettdecke danach suchen und es greifen doch da fiel mir ein, dass meine kleine Umhängetasche mit meinem Handy seit meinem Aufenthalt bei den Vampiren von Leon weggenommen wurde. Ich hatte kein Handy mehr.

Liam ließ mich los, holte es unter der Decke hervor und hielt es sich ans Ohr. "Ja Ty?... Klar". Dann hielt er mir sein schwarzes iPhone hin. "Dein Vater" sagte er noch und nickte mir einmal aufmunternd zu.

Ich riss es ihm sofort aus der Hand und drückte es ans Ohr. "Dad?"

"Das bin ich, wie geht's dir?"

Ich ignorierte Dads Standartfrage und stellte stattdessen meine: "Wo bist du?"

"Ich bin gerade im Flughafen und fliege gleich zurück nach Amerika"

Meine Augen weiteten sich. "Du kommst wieder nach Hause?"

"Nein, ich denke nicht Schatz. Das ist viel zu kompliziert. Aber dafür werde ich fürs erste bei den Blacks wohnen und dann können wir uns auch öfter sehen"

"Das ist wenigstens schonmal ein Anfang. Ich bin froh, dass du dich dazu entschieden hast zurückzukommen Dad"

"Ich auch. Ist alles gut bei euch? Tyler hat mir gesagt, dass Liam bei dir ist und auf dich aufpasst"

Ich blickte rüber zu Liam, der mich interessiert musterte und musste lächeln. "Ja er ist hier. Einen besseren Beschützer hätte ich niemals finden können"
Dieser lächelte zurück und zwinkerte.

"Dann muss ich mir ja keine großen Sorgen machen" antwortete er und im Hintergrund hörte man eine typische Flughafendurchsage. "Ich muss dann mal los. Pass auf dich auf, ja? Wir sehen uns bald, wenn du morgen auch nach Hause kommst"

Scheinbar haben ihm die Blacks schon erzählt wann ihre Kinder von der Klassenfahrt zurückkommen und daher wusste er auch, dass wir morgen abreisen.

"Ja Dad, bis bald" ich legte auf und reichte Liam lächelnd das Handy.

"Freust du dich, dass dein Vater wieder in deiner Nähe wohnen wird?" fragte Liam schmunzelnd und strich mir behutsam eine Haarsträhne hinters Ohr.
Ich nickte. "Auf jeden Fall. Ich hätte nicht gedacht, dass er dieses Land wirklich verlassen wird aber anscheinend hat er dank den Vampiren hier sowieso keine Wahl mehr. Er hat sich gegen sie gestellt"

"Das stimmt" murmelte er und betrachtete mein Gesicht.

"Glaubst du sie kommen nochmal?"

"Die Vampire?" hakte er nach.

Ich nickte.

"Ja. Sie werden nochmal kommen das spüre ich. Aber ich bezweifle, dass sie mich noch in ihren Reihen haben wollen, sondern eher mich und alle die mir wichtig sind töten wollen. Die meisten Vampire sind vorhersehbar. Wenn man sie wütend macht und sie eine Niederlage einstecken müssen, dann wollen sie nur noch Rache. Egal was sie dafür verlieren"

Meine Augen weiteten sich, mein Mund öffnete sich ein Spalt und ich rieb mir unbewusst über die Bisswunde am Hals, die mir Leon verpasst hatte und erschauderte.

Sein Blick wurde hart und angespannt und er fasste mir mit beiden Händen an die Schultern. "Du brauchst keine Angst zu haben, ich bin da. Und dieses mal werde ich keine Sekunde von deiner Seite weichen egal was passiert. Das verspreche ich dir"

His Secret ✓Where stories live. Discover now