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Schweigend saß ich mit Dad in dem ausgeliehenen Auto von Liam und starrte auf einen Punkt in der Ferne.

Man konnte die Anspannung förmlich in der Luft spüren, denn es war endlich soweit. Mom würde nach 5 Jahren erfahren, dass Dad noch lebt und Lena würde ihren Vater das erste Mal so richtig treffen.

"Ich weiß nicht was ich ihnen sagen soll", murmelte Dad und blickte auf seine Hände.

"Sag einfach das, was du für richtig hältst."

"Ich werde ihnen die halbe Wahrheit erzählen", entschlossen drückte er nach einer Weile die Tür auf und stieg aus, was ich ihm nachtat.

Obwohl er derjenige ist, der aufgeregt sein muss, war ich selbst kurz vorm Explodieren. Ich hatte keinen blassen Schimmer wie die beiden auf Dad reagieren würden.

Kurz blieb er unschlüssig vor mir stehen, jedoch schob ich ihn schnell weiter bevor er sich umentscheiden konnte. "Du schaffst das."

Ich atmete selbst schwer aus und drückte mit einer leicht zitternden Hand den Knopf. Mein Herz pochte so schnell, als hätte ich einen ganzen Marathon hinter mir.

Als wir angespannt warteten, entfernte ich mich ein paar Schritte von der Tür und blickte zu Dad, der konzentriert die Tür fixierte und sich nicht bewegte. Ich war mir nicht einmal sicher, ob er überhaupt atmete.

Einige Sekunden später wurde die Tür von Mom geöffnet. Als ihr Blick auf mich fiel, lächelte sie, doch ihr Lächeln verfiel schnell und machte einem erschrockenen Gesichtsausdruck Platz.

"Nein, das kann nicht sein", murmelte sie mit brüchiger Stimme und lief in Zeitlupe rückwärts wieder rein. Sie hielt sich die Hand vor den Mund und versuchte mit der anderen Hand an der Wand Halt zu finden. Sie war kurz davor in Tränen auszubrechen.

"Michelle", flüsterte mein Dad, näherte sich ihr bedächtig, nahm ihre Hände vorsichtig in seine und umarmte sie.

Ich sah ihr Gesicht und erkannte wie ihr die Tränen kamen und sie anfing zu schluchzen. Ihre Hände krallten sich in seinen Rücken und sie hatte die Augen fest zusammengepresst.

Ich war so berührt von diesem Wiedersehen, dass ich lächelte und bemerkte wie sich eine Träne tatsächlich auch aus meinem Augenwinkel stahl und wischte sie schnell weg.

"Wir dachten du wärst tot. Wo warst du die ganze Zeit?", schluchzte sie ohne ihn loszulassen.

"Shhh, das ist eine lange Geschichte."

So standen sie noch Arm in Arm während Dad versuchte sie zu beruhigen, bis hinter ihnen eine hohe Stimme ertönte und sie außeinanderfuhren.

"Mommy? Wer ist das?"

Mom wischte sich schnell mit den Händen die Tränen von den Wangen und nahm meine Schwester an die Hand. "Das ist dein Vater"

Lenas Kulleraugen wurden, wenn möglich, noch größer. "Aber du hast gesagt er ist im Himmel."

Mom schluchzte erneut auf und wischte sich eine neue Träne weg. "Er ist zurückgekommen."

Langsam, ohne Moms Hand loszulassen, verschwand Lena hinter ihrem Rücken und lugte vorsichtig hervor während sie ihre Unterlippe durch die Zähne gleiten ließ.

So schüchtern hatte ich Lena noch nie erlebt. Sie war nie schüchtern - im Gegenteil.

Dad beugte sich mit liebevollem Blick zu ihr runter und musste sich selbst eine Freudenträne wegwischen, bevor er anfing zu sprechen: "Du bist schon so groß geworden, Lena. In welche Klasse gehst du denn?"

"In die erste", langsam kam sie hervor und blickte Dad schüchtern entgegen.

"In die erste schon?", fragte Dad gespielt überrascht.

His Secret ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt