> 𝗞𝗮𝗽𝗶𝘁𝗲𝗹 𝟭𝟮

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Außer Atem komme ich am nächsten Morgen in den Englischraum gelaufen und lasse mich auf den Platz neben Bri fallen. Bevor ich meine Tasche neben mich stelle, hole ich schnell mein Mäppchen und meinen Schreibblock heraus.
Mit hochgezogenen Augenbrauen mustert meine Freundin mich. „Was ist denn mit dir passiert?"

Ich räuspere mich und versuche meine Atmung unter Kontrolle zu kriegen. „Mein Bus... hatte Verspätung. Ich bin... erst vor einer... einer Minute angekommen", keuchte ich und bemühte mich, nicht jeden Moment erschöpft vom Stuhl zu fallen. Ich sollte wirklich mal wieder anfangen zu trainieren.

Eigentlich habe ich kein Problem damit, den Bus zu nehmen, aber so einen sportlichen Morgen brauche ich nicht noch einmal. Tja, wenn man nie zu spät kommen will, sollte man sich wohl nie auf öffentliche Verkehrsmittel verlassen.

Als Brianna gerade etwas sagen möchte, kommt Mr Cunningham in den Raum und beginnt den Unterricht mit einem Zitat aus Othello.

*

Warum müssen Lehrer uns eigentlich immer so viele Hausaufgaben aufgeben? Schon den ganzen Nachmittag sitze ich nun an meiner Analyse von Shakespeares Werk Othello. Vielleicht brauche ich aber auch nur so lange, weil ich sichergehen möchte, dass ich dafür eine gute Note bekomme. Zum Glück bin ich gerade bei der Zusammenfassung meiner Ergebnisse, als ich etwas Helles in meinem Augenwinkel wahrnehme. Automatisch hebe ich den Kopf von meinem Laptop und schaue in die Richtung, aus der das Licht kommt. Ich habe gar nicht bemerkt, dass es draußen bereits dunkler geworden ist und mir dieses Licht erst deshalb aufgefallen ist.

Da sehe ich, dass mein lieber Nachbar gerade in sein Zimmer gekommen ist. Wahrscheinlich hatte er bis eben noch Footballtraining.
Seufzend stehe ich auf, um meinen Vorhang zuzuziehen, damit ich mehr Privatsphäre habe und er nicht auch noch in mein Zimmer schauen kann.

Als ich jedoch sehe, was er macht, bleibe ich wie angewurzelt stehen und kann meine Beine nicht mehr bewegen. Blake steht mitten in seinem Zimmer und zieht sich sein Trikot über den Kopf. In meiner Kehle formt sich ein Kloß und mein Mund wird trocken. Verdammt. Ich weiß ja, dass er trainiert, aber so einen Anblick habe ich ehrlich nicht erwartet. Nicht, dass ich überhaupt etwas erwartet oder auch nur irgendwelche Vergleiche vorzuweisen hätte, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass dieser Oberkörper der Perfektion schon ziemlich nahe kommt. Die Muskeln, die seinen Bauch umspielen sind einfach... Himmel, ich kann nicht mehr klar denken. Mein Kopf ist wie leergefegt. Alles, was ich nur noch wahrnehme ist Blake, der so unverschämt gut aussieht und... gerade genau in meine Richtung guckt. Scheiße! Blitzschnell drehe ich mich um und lasse mich wieder auf meinen Stuhl fallen, sodass ich fast Bekanntschaft mit dem Boden mache. Doch ich halte mich noch schnell genug am Tisch fest und senke meinen Blick auf die Tasten vor mir.

Meine Wangen brennen so sehr, dass sie wahrscheinlich wie ein Warnlicht bis in sein Zimmer leuchten. Gott, ist das peinlich! Blake hat mich dabei erwischt, wie ich ihn beobachtet habe, während er sich sein T-Shirt ausgezogen hat. Das ist ja wirklich mal ein neuer Tiefpunkt in meinem Leben. Ich traue mich gar nicht mehr, aus dem Fenster zu gucken, ob er immer noch zu mir rüberschaut, so sehr schäme ich mich. Scheiße! Wie kann ich ihm denn jemals wieder unter die Augen treten? Beschämt verberge ich das Gesicht in meinen Handflächen. Ich glaube, so sehr im Erdboden versinken wie heute wollte ich nicht einmal damals. Na ja, zum Glück habe ich nicht angefangen zu sabbern. Hoffe ich zumindest.
Aber warum muss er sein Shirt auch genau vor seinem Fenster, und somit auch vor meinem Fenster, ausziehen? Hat er noch nie etwas von einem Badezimmer gehört? An meine Englischanalyse ist nicht mehr zu denken, also speichere ich das Dokument und fahre meinen Laptop herunter. Jetzt brauche ich erstmal eine Ablenkung.

Ich greife nach meinem Handy und rufe Fiona an. Es klingelt einige Male, bis ihre Mailbox ertönt. Mist. Ich mache mir erst keine Mühe, eine Nachricht zu hinterlassen und lege auf. Wahrscheinlich unternimmt sie gerade etwas mit Trevor.

Na gut, dann muss wohl ein Film her. Ich greife erneut nach meinem Laptop und setze mich damit aufs Bett. Nachdem er wieder hochgefahren ist, öffne ich Netflix und schaue mir das Filmangebot an. Hmm. Ich brauche irgendwas leichtes, bei dem ich nicht so viel nachdenken und einfach entspannen kann. Da kommt mir eine Idee. Mean Girls war schon immer einer meiner Lieblingsfilme, den selbst Fiona gut gefiel, als ich ihn zum ersten Mal mit ihr zusammen gesehen habe. Also ist es entschieden. Ich lehne mich zurück und starte den Film in der Hoffnung, nicht mehr an Blake und seinen nackten Oberkörper denken zu müssen.

(𝗡𝗼𝘁) 𝗬𝗼𝘂 𝗔𝗴𝗮𝗶𝗻Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt