> 𝗞𝗮𝗽𝗶𝘁𝗲𝗹 𝟮𝟰

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Zu Ehren von Dads Geburtstag heute, habe ich mich dazu entschieden, eins meiner Kleider für besondere Anlässe zu tragen. Es ist ein knielang und weiß mit kleinen Blumen drauf. Meine Haare lasse ich wie immer offen über meine Schultern fallen. Kurz überlege ich, einfach meine Brille anzulassen, entscheide mich schließlich jedoch dagegen. Die Brille gehört nicht mehr zu der Avery Harrison, die ich jetzt bin. Auch, wenn Blake mich gestern mit gesehen hat, sollte das nicht noch einmal passieren. Ich will nicht, dass er sich vielleicht doch noch erinnert. Also entscheide ich mich für meine Kontaktlinsen.

Wie bereits angekündigt, kommt Familie Parker am Nachmittag zu uns rüber. Maggie hat sich ebenfalls die Mühe gemacht und einen Schokokuchen gebacken, auf dem Happy Birthday steht. Dazu hält Blake eine Flache Champagner in der Hand, die er meinem Dad lächelnd übergibt, als er ins Wohnzimmer kommt. Statt ihm einfach mit einem Handschlag zu danken, zieht Dad ihn in eine Umarmung. Blake wirkt überrascht und etwas verwirrt, als Dad ihn wieder loslässt, doch er überspielt es mit einem Lächeln. Er tritt zur Seite und lässt seine Mom nun zu ihm. Sein Blick findet meinen und sein Lächeln gefriert. Im nächsten Moment kommt er wieder zu sich und tritt auf mich zu.

„Hey", begrüße ich ihn lächelnd.

„Hi. Hast du ihm schon die Muffins gezeigt?", fragt er uns senkt dabei seine Stimme.

Ich schüttle den Kopf. „Ich wollte warten, bis alle da sind. Heute Morgen habe ich ihm schon eine Tasse mit einem Footballs und seinem Namen drauf geschenkt. Er erwartet also nichts mehr und das macht die Überraschung noch besser", antworte ich ebenfalls in einem leisen Ton.

„Gute Idee", sagt er anerkennend.

Mom ruft uns an den bereits gedeckten Tisch. Als Blake sich gerade hinsetze möchte, rufe ich ihn in die Küche und bitte ihn, eins der Bleche mit den Muffins zu tragen. Skeptisch zieht er die Augenbrauen zusammen. Wahrscheinlich fragt er sich, warum ausgerechnet er mir helfen soll, doch das wird er gleich herausfinden.

Als wir aus der Küche treten, schauen alle in unsere Richtung. Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen, als ich zu Dad gehe und Blake mir folgt.

„Als Mom und du gestern nicht da wart, haben Blake und ich uns die Mühe gemacht und Muffins gebacken. Aber es sind nicht nur irgendwelche Muffins. Es sind Muffins in Footballform." Ich nehme die Alufolie, die ich als Abdeckung genommen habe ab und stelle das Blech vor Dad. „Alles Gute zum Geburtstag."

Mit einem Nicken bedeute ich Blake, ebenfalls die Folie abzuziehen und die Muffins auf den Tisch zu stellen.

Auf Dads Gesicht breitet sich ein Grinsen aus. „Wow! Die sehen ja super aus! Wenn die so gut schmecken, wie sie aussehen, ist das das beste Geschenk überhaupt", sagt er glücklich. Auch Mom mustert die Muffins erstaunt. Ein Gefühl von Stolz durchfährt mich. Endlich habe ich es geschafft, meine Mutter, die talentierte Meisterköchin und Bäckerin, zu beeindrucken.
Dad nimmt sich einen ersten Muffin und betrachtet ihn, bevor er hineinbeißt. Genüsslich kaut er und meine Nervosität steigt. Was, wenn ich die Mischung doch nicht richtig angerührt habe und es scheußlich schmeckt? Vielleicht hätte ich Blake gestern doch probieren lassen sollen.

„Die sind echt gut, Avery. Danke." Dad steht auf und umarmt mich. Erleichtert atme ich auf und sehe, wie Blake mich aufmunternd anlächelt. „Und dir auch vielen Dank, Blake."
Wir setzen und wieder und machen uns über die Kuchen und Muffins her.

„Ich hätte nicht gedacht, dass du so gut backen kannst, Avery", sagt Mrs Parker, als sie einen Muffin probiert. Zum Glück scheine ich das Rezept doch richtig gelesen zu haben, denn die Muffins schmecken ziemlich gut. Das-

„Kann sie auch nicht", schaltet Blake sich ein und beißt in einen Footballmuffin. Ich werfe ihm einen warnenden Blick zu, doch er ignoriert ihn.

„Wieso?", fragt meine Mom.

„Ihr hättet ihren ersten Versuch sehen sollen. Die sahen eher aus wie Eishockey Pucks", erwidert er und kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Idiot. „Aber zum Glück bin ich aufgetaucht und konnte ihr helfen." Ungläubig fällt mir die Kinnlade runter. Ich bin froh, dass ich gerade nichts im Mund habe, sonst wäre mir das sicher rausgefallen. Ich glaube das einfach nicht. Warum musste er das sagen?

„Es hätte mich auch gewundert, wenn Avery plötzlich backen könnte", kommentiert Mom leicht enttäuscht.

Meine Wangen werden heiß. Wie kann er mich auch noch vor meiner Familie bloßstellen? An dem Geburtstag meines Dad, wohlbemerkt! Hat ihm das vor der Schule damals nicht schon gereicht?

„Sie kann schon backen, Mrs Harrison. Sie konnte den Teig nur nicht so gut in die Form eines Footballs bringen. Es war auch nicht so einfach, wie man vielleicht denkt."

Misstrauisch verenge ich meine Augen. Gut gerettet. Trotzdem macht es die Situation nicht besser. Blake zwinkert mir kaum merklich zu. Am liebsten würde ich ihm dafür eine scheuern. Findet er das etwa lustig? Ich nämlich nicht.

„Das erleichtert mich. Dann hat unser gemeinsames Backen doch geholfen", sagt Mom und lächelt. Aber ich kann ihr trotzdem noch einen Hauch Enttäuschung ansehen. Sie weiß, dass ich kein Talent fürs Kochen oder Backen habe und eine weitere Bestätigung hat Blake ihr gerade gegeben. „Aber nenn mich doch Sally."

„Gerne doch, Sally", erwidert er ebenfalls lächelnd. Er ist so charmant, dass er selbst meine Mom um den Finger wickeln kann. Ich lasse den halb angebissenen Muffin auf dem Teller liegen. Der Appetit ist mir vergangen.

(𝗡𝗼𝘁) 𝗬𝗼𝘂 𝗔𝗴𝗮𝗶𝗻Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt