> 𝗞𝗮𝗽𝗶𝘁𝗲𝗹 𝟱𝟱

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Ich habe keine Ahnung, wie ich das Essen überstehen soll, ohne vor Scham im Boden zu versinken. Wie kann ich jetzt noch so tun, als wäre nichts passiert, wenn Blake genau vor mir sitzt und nicht damit aufhört, mich anzustarren?

Nachdem ich gestern geflohen bin, hat er mir haufenweise SMS geschrieben, die ich jedoch weder gelesen, noch beantwortet habe. Ich weiß, dass er darüber reden will, aber ich will das auf keinen Fall. Am liebsten würde ich einfach alles vergessen und so tun, als wäre nie irgendwas passiert. Auch, wenn das an meinen Gefühle für ihn nichts ändern würde.

„Avery, stimmt etwas nicht?", höre ich meine Mom fragen und schaue zu ihr auf. Alle am Tisch blicken ebenfalls zu mir. Habe ich gerade etwa laut gedacht? Oh Gott, bitte lass das nicht passiert sein.

„Wieso?", frage ich leise.

„Du schiebst die Erbsen auf deinem Teller hin und her, ohne sie zu essen."

Ich senke den Blick und bemerke, dass sie recht hat. Bisher habe ich kaum etwas auf meinem Teller angerührt. „Ich... ich hätte die Schokolade vorhin weglassen sollen."

Vorsichtig hebe ich meinen Blick wieder und begegne Moms, die ihre Augen zusammengekniffen hat. Du hast doch heute keine Schokolade gegessen, sagt ihre Miene. Die Stille am Tisch gerade ist so unerträglich, dass ich am liebsten aufspringen und vor ihr flüchten würde.

„Ah, das kenne ich, Avery", wirft Maggie ein und ich bin ihr sehr dankbar dafür. „Einmal in Monat habe ich auch so eine Phase."

Mit aufgerissenen Augen sehe ich zu ihr und nehme meine empfundene Dankbarkeit zurück. Oh Gott. Sie denkt doch nicht etwa, dass... na ja, eigentlich wäre das nicht schlimm. Es ist ja war total Normales, aber... Oh. Mein. Gott. Das ist etwas, das Blake wirklich nicht wissen muss. Meine Wangen brennen. Hoffentlich denkt er nicht, dass ich ihn wegen meinen Hormonen gestern geküsst habe. Obwohl... ich weiß nicht, ob diese Ausrede besser wäre oder nicht. Schnell lade ich mir so viele Erbsen auf die Gabel, wie diese nur tragen kann und tue so, als hätte ich ihren Kommentar nicht gehört.

*

Als ich nach dem Essen die Teller in die Küche bringe, mit der Ausrede, nach dem Nachtisch zu sehen, lehne ich mich an den Kühlschrank und schließe die Augen. Mir entfährt ein Seufzen und ich reibe mir mit den Händen übers Gesicht. Verdammt! Wie komme ich aus dieser überaus peinlichen Situation wieder raus?

Ein Räuspern lässt mich zusammenzucken und ich stoße mit meinem Ellbogen gegen die Kühlschranktür. Ich unterdrücke einen Fluch und presse meine Lippen zusammen als ich sehe, dass Blake vor mir steht. Einen Moment sehen wir uns einfach an, bis ich mich umdrehe und so tue, als würde ich das Geschirr sortieren.

„Avery", sagt er, doch ich ignoriere ihn. Jedoch macht er keine Anstalten, den Raum zu verlassen. Stattdessen kommt er mir immer näher und stellt sich schließlich neben mich. Ich versuche ruhig zu atmen und nicht an seine warmen Hände in meinen zu denken. Oder an seine Hand in meinem Nacken. Oder an seine weichen Lippen an meinem. Oh mein Gott!

„Bitte lass uns reden." Seine Stimme ist so leise, dass sie fast schon einem Flüstern gleicht.

Bevor ich etwas sage, nehme ich mir eine Sekunde und schlucke meine wahren Gefühle für ihn runter. „Es gibt nichts, worüber wir reden müssten."

„Doch", antwortet er entschlossen. Sanft legt er eine Hand auf meine Schulter und dreht mich vorsichtig zu ihm. Ich habe keine Kontrolle mehr über meinen Körper. Alles, was ich noch wahrnehme ist Blakes Hand, dessen Führung ich folge. Unwillkürlich wird mir heiß, doch ich kann mich nicht zurückziehen. Blakes braune Augen bohren sich in meine. „Es ist wichtig, Avers."

Hätte er doch nur nicht meinen Spitznamen benutzt und mich so angesehen. Vielleicht hätte ich dann weiterhin standfest sein können. Ich schließe meine Augen und nicke kaum merklich.

„Lass uns auf dem Dach reden, nachdem wir den Nachtisch gegessen haben."

Ich öffne meine Augen wieder uns sehe in seine. „Okay", erwidere ich leise und Blake lässt mich los. Bevor er sie Küche verlässt, wirft er einen letzten Blick zu, den ich nicht deuten kann.

Warum kann er es nicht einfach darauf beruhen lassen? Ja, ich habe ihn geküsst. Und? Ist ja nicht so, als wäre es das unser erster Kuss gewesen. Das passiert in intensiven Momenten. Glaube ich. Wie auch immer. Und warum kann ich nicht anders und muss immer nachgeben, wenn er mich um etwas bittet? Ich weiß jetzt schon, dass das Gespräch später noch schlimmer wird als das gestern. Und da dachte ich schon, dass es nicht noch peinlicher werden könnte. Ugh. Ich bin einfach noch bereit dafür.

(𝗡𝗼𝘁) 𝗬𝗼𝘂 𝗔𝗴𝗮𝗶𝗻Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt