> 𝗞𝗮𝗽𝗶𝘁𝗲𝗹 𝟯𝟴

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Sprachlos und mit aufgerissenen Augen sitzt sie vor mir und sieht mich einfach nur an. Nach einer Weile findet sie ihre Worte wieder. „Scheiße, Avery!"

„Genau das habe ich mir damals auch gedacht", lache ich humorlos auf.

„Ich hätte nicht gedacht, dass er so ein Arschloch sein kann. Wenn ich ihm das nächste Mal über den Weg laufe, dann..."

„Nein", unterbreche ich sie. „Bitte sag ihm davon nichts. Er erinnert sich nicht mehr daran und das soll so bleiben. Ich möchte es einfach nur vergessen."

Skeptisch zieht Bri ihre Augenbrauen zusammen. „Er erinnert sich nicht an dich?", fragt sie ungläubig. „Du kannst mir doch nicht sagen, dass er sich nicht an das Mädchen erinnert, das ihm seine Liebe gestanden hat und dann monatelang wegen seiner Reaktion darauf ausgelacht wurde."

Sie ist nach wie vor wütend auf ihn. Das verstehe ich, das war ich auch, aber jetzt weiß ich nicht mehr, wie ich darüber denken soll. Wie ich über ihn denken soll. Deshalb zucke ich nur mit den Schultern.

„Aber eine Frage habe ich noch", unterbricht meine Freundin die Stille zwischen uns. Ich hebe meinen Blick. „Er hat dich bloßgestellt und du knutschst trotzdem mit ihm rum?"

Ich spüre Hitze in meine Wangen steigen und würde mein Gesicht am liebsten hinter einem Kissen verstecken. Wenn sie es so sagt, komme ich mir vor wie das naive Mädchen von damals. Aber zwischen meinem Liebesgeständnis damals und... und dem Kuss heute liegen fast zwei Jahre und ich muss zugeben, dass Blake sich seitdem überaus positiv verändert hat.

„Wenn du jetzt sagst, dass er sich doch so sehr verändert habe und ein toller Kerl sei, muss ich dir leider eine Backpfeife geben." Mittlerweile muss ich wohl aussehen wie eine Tomate. Sind mir meine Gedanken denn wirklich so leicht vom Gesicht abzulesen?

„Es war doch nur eine Pflichtaufgabe", murmle ich.

„Nur eine Pflichtaufgabe? Wenn das nur eine Pflichtaufgabe war, will ich gar nicht erst wissen, was gelaufen wäre, wenn es kein gewesen Spiel wäre." Oh Gott. Das hat sie gerade nicht gesagt. „Ich weiß, was ich gesagt habe, Avery. Blake ist eigentlich auch wirklich nett, aber diese Aktion...Ich weiß nicht. Das hätte ich nie von ihm gedacht", sagt sie nachdenklich.

Und ich hätte nie von ihm gedacht, dass er nett sein kann.

„Tut mir leid, Ave, aber das macht mich gerade rasend. Dass der beste Freund meines Bruders bei uns ein- und ausgeht und meine beste Freundin durch die Highschool-Hölle hat gehen lassen. Das ist doch..."

„Ist schon okay, Bri. Es ist doch vorbei", schneide ich ihr das Wort ab und setze ein Lächeln auf.

Doch sie schnaubt nur. „Hätte ich mir ja denken können."

„Was?", frage ich verwirrt.

„Dass du immer noch in Blake verliebt bist."
Ich öffne meinen Mund, um etwas zu erwidern, doch sie spricht weiter. „Das warst du damals und das bist du immer noch. Nur, dass es jetzt keine Schwärmerei mehr für den beliebten Schulquaterback ist, sondern echte Gefühle für einen guten Freund. Es ist okay, Avery. Aber es sich einzugestehen, erleichtert es. Ich meine, nach eurem Kuss sind wir uns wahrscheinlich sowieso alle einig, dass da etwas zwischen euch ist."

„Was? Nein, so ist das nicht", protestiere ich.

„Ach ja?"

„Ja. Egal, lass uns über etwas anderes reden. Hast du gesehen, wie Stella sich die ganze Zeit an Jackson rangeschmissen hat? Das war selbst für mich als Außenstehende echt peinlich", lache ich gekünstelt.

Immer noch skeptisch, mustert Bri mich. Gerade will ich über alles reden, was nicht mit Blake Parker zutun hat. Ich will nicht an seine weichen Lippen denken, weil mich allein schon der Gedanke daran, wie sie meine berührten, mich den süßen Geschmack des Mountain Dews schmecken lassen.

Ich kann mich noch genau an seinen Gesichtsausdruck erinnern, als er sich von mir löste. Seine Pupillen waren geweitet, seine Wangen rosa und seine Lippen leicht geöffnet. Noch nie habe ich diese Farbe in seinem Gesicht gesehen. Er sah mich einfach nur an und das Glitzern in seinen Augen ließ mein Herz höher schlagen. Ich war kurz davor, ihn wieder an mich zu ziehen, doch dann stand er auf und ging. Es fühlte sich an wie ein Stich, der mich durchfuhr, als er ging und ich hasse ihn dafür, weil ich mir wünsche, er wäre jetzt hier und würde mein Gesicht wieder in seine Hände nehmen und mir nochmal das zuflüstern, was er mir vor dem Kuss sagte.

„Avery?"

Erschrocken fahre ich zusammen. Bri verdreht die Augen. „Okay, machen wir für heute Schluss und gehen schlafen."

Ich nicke und wir machen uns bettfertig. Aber Schlaf ist genau das, was mir gerade am wenigsten hilft, weil ich meine Gedanken einfach nicht abstellen kann.

(𝗡𝗼𝘁) 𝗬𝗼𝘂 𝗔𝗴𝗮𝗶𝗻Where stories live. Discover now