> 𝗞𝗮𝗽𝗶𝘁𝗲𝗹 𝟰𝟴

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Das Gespräch zwischen Bri und mir hat mich so durcheinander gebracht, dass ich mein Geschichtsbuch im Spind liegen gelassen habe. Und das habe ich leider erst gemerkt, als ich bereits Zuhause war und meine Hausaufgaben machen wollte. Deshalb stehe ich jetzt vor Blakes Haustür und hoffe, dass er seins mitgenommen hat und ich es mir ausleihen kann. Vor ungefähr fünf Minuten habe ich gehört, wie er zurückgekommen ist und bin deshalb etwas verwirrt als Ash mir lächelnd die Tür öffnet. „Hey, Avery." Genau das gleiche Lächeln wie das seines großen Bruders. Ich schlucke. „Hey. Ist Blake da?"

„Ja. Komm rein." Er rennt in den Flur und ruft ganz laut durch Haus nach seinem Bruder. Ich folge ihm und schließe hinter mir die Tür.

„Was ist denn?" Blake kommt die Treppe heruntergelaufen. Als er mich sieht, bleibt er stehen. „Ist alles okay?" Er legt seinen Kopf schief und mustert mich.

„Äh, ja. Ich habe nur mein Geschichtsbuch in der Schule vergessen und wollte fragen, ob ich mir deins ausleihen kann."

Erleichterung huscht über sein Gesicht. „Natürlich. Du hättest mir auch schreiben können, dann hätte ich es vorbeigebracht."

„Ach was. Du musst dir doch nicht solche Mühe machen."

„Das wäre wirklich kein Problem gewesen, Avers", erwidert er und mein Her macht wie immer einen Satz. Erst bei näherer Betrachtung wirkt Blake wie ein Engel. Von hinten fällt das Licht auf ihn, sodass es fast schon aussieht, als hätte er goldene Haare. Und diesesn Lächeln...

„Was?"

„Ich habe gefragt, ob ich es schnell holen soll", wiederholt Blake. Gott, wie peinlich. Ich muss meine Gedanken echt mal unter Kontrolle kriegen.

„Ja, das wäre nett. Danke."

Und schon verschwindet er wieder und lässt mich mit seinem Bruder allein. Der die ganze Szene mitangesehen hat und mich jetzt breit angrinst. „Magst du Blake?"

Mit offenem Mund wende ich mich ihm zu. „Wir sind Freunde. Natürlich mag ich ihn." Ist es schon so offensichtlich, dass es seinem 9 jährigen Bruder auffällt?

„Ich meine, ob du ihn genau so sehr magst wie ich Mary Ellington."

„Wer ist Mary Ellington?", frage ich neugierig. Bisher hat Ash mir kaum etwas über seine Freunde erzählt.

„Das Mädchen, das ich heiraten werde", antwortet er selbstbewusst, dass mir die Kinnlade runterfällt. Oh Gott. Das ist noch schlimmer.

„Blake ist nicht meine Mary Ellington", erwidere ich schnell. Moment... was rede ich hier eigentlich für eine Müll?

„Was bin ich nicht?" Mit dem Geschichtsbuch unter dem Arm joggt Blake die Treppe runter.

„Nichts." Meine Stimme klingt viel zu schrill und Ashton lächelt viel zu amüsiert. Nie hätte ich gedacht, dass er so ein boshaftes Lächeln draufhaben könnte.

Ich reiße Blake fast schon das Buch aus der Hand, als er es mir hinhält, was ihn stutzig macht. „Geht es dir gut?"

„Ja, alles bestens. Danke nochmal. Bis dann."
Ich drehe mich um und mache, dass ich endlich die Parker-Jungs hinter mir lasse.

*

Meine Konzentration ist so gut wie gar nicht mehr vorhanden, als ich den letzten Satz meiner Geschichtshausaufgabe schreibe. Selten war ich so froh, ein Schulbuch zuschlagen zu können und mich auf mein Bett fallen zu lassen. Ich frage mich, ob ich damals auch ständig mit meinen Gedanken bei Blake hing und mich kaum konzentrieren konnte.

Seufzend stehe ich auf und setze mich an mein Keyboard. Musik wird mir helfen, mich abzulenken. Musik hilft schließlich immer.
Doch leider hilft Musik mir nicht, wenn ich fast vom Stuhl falle, weil Blake plötzlich in meinem Zimmer steht. „Meine Güte! Kannst du nicht klingeln, so wie ich das vorhin gemacht habe?"

„Sorry. Ich habe dich spielen hören und dachte, weil du Zuhause bist, kann ich mal schnell mein Buch holen kommen."

Wie könnte ich ihm böse sein, wenn er mich mit einem entschuldigenden Lächeln ansieht. Seufzend drehe ich mich wieder zu meinem Keyboard. „Es liegt oben auf dem Stapel. Danke nochmal."

Ich lege meine Finger wieder auf die Tasten, als...

Ich will dich nicht so mögen,
kann es aber nicht ändern.
Ich muss ständig an dich denken,
will es aber nicht."

Oh Gott. Oh Gott oh Gott. Oh. Mein. Gott. Wie von einer Horde Wespen verfolgt springe ich auf und reiße Blake das Blatt Papier mit meinem Gedicht aus den Händen. Mit rotem Kopf zerknülle ich es und muss dem Drang widerstehen, es mir in den Mund zu stopfen. Jetzt gerade würde ich am liebsten im Erdboden versinken.

„Was ist das?", fragt er neugierig und streckt seine Hand danach aus, doch ich schlage sie weg. „N-Nichts. Ich, äh, ich musste ein Gedicht für Englisch schreiben", stammle ich. Wo ist der Abgrund, wenn ich ihn mal brauche?

Überrascht zieht Blake seine Augenbrauen hoch. „Mr Cunningham lässt euch Gedichte schreiben?"

Mist. Natürlich weiß er, dass Mr Cunningham lieber analysiert, als uns selbst etwas schreiben zu lassen. „Nein. Ich meine ja. Es ist eine Art Zusatzaufgabe." Bitte glaube es. Bitte glaube es.

„Okay. Ziemlich untypisch für ihn, aber e muss ja auch irgendwann mal seine Unterrichtsmethoden ändern." Gott sei Dank. „Jedenfalls ist es ein schönes Gedicht. Behandelt ihr gerade Romeo & Julia?"

„Was?"

„Dein Gedicht, Geheime Liebe. Das passt doch zu den beiden."

Natürlich hat er alles gelesen bevor ich es ihm entrissen habe. Ich muss einen Seufzer zurückhalten und verziehe meine Lippen zu einem Lächeln. „Ja. Nein, wir behandeln es nicht, aber ich dachte, das wäre ein passendes Thema. Also nicht, dass es zu mir passt." Bitte hör einfach auf zu reden, Avery. „Ich meine nur, dass jeder das Gefühl von geheimer Liebe doch irgendwie kennt. Und äh, ich habe versucht, mich in Julia hineinzufühlen."

„Coole Idee. Wie gesagt, es ist wirklich treffend." Wenn du nur wüsstest, wie treffend es ist. „Dafür bekommst du sicher eine Eins."
Blake dreht sich um und geht zu meinem Fenster. „Treffen wir und heute Abend noch?"
Ich nicke und er verlässt mein Zimmer. Hinter ihm schließe ich sachte mein Fenster. Dann nehme ich mir ein Kissen, halte es an mein Gesicht und schreie die ganze Peinlichkeit hinein.

(𝗡𝗼𝘁) 𝗬𝗼𝘂 𝗔𝗴𝗮𝗶𝗻Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt