- Kapitel 2: Trügerische Hoffnung -

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Ihr Retter wirkte jung , kaum älter als sie. Asavi schätzte ihn auf Mitte zwanzig, aber das kokette Grinsen auf seinem kantigen Gesicht mit spitzem Kinn wirkte wie das eines selbstüberzeugten Teenagers. Überzeugt davon, mit dem Heben einer Augenbraue einen gesamten Raum voller pubertierender Mädchen vor sich in Verzückung geraten zu lassen.

»Das ist nicht gerade der rechte Augenblick, um einen Anmachspruch loszulassen, meinst du nicht?«, konterte Asavi so ruhig wie möglich und hielt ihre Hände reglos auf Schulterhöhe.

Der Kerl hob eine Augenbraue und grinste. »Tut mir Leid. Vor sechs Jahren hätte mir das aber ziemlich sicher noch einen One-Night-Stand verschafft«, wandte er ein und nahm endlich den Finger vom Abzug.

»Woher hast du denn diese Überzeugung? Aus dem Internet?«

Der Typ strich sich die nassen Haare nach hinten und hob grinsend die Schulter. »Selbstversuche.«

Asavi sagte nichts, denn die Worte ihres Vaters hallten in ihrem Kopf nach. Es gab bei ihr mehr zu stehlen, als ihre Besitztümer und sie war nicht erpicht darauf, Teil seiner Selbstversuche zu werden.

»Ich meins ernst, bist du verletzt?«, fragte er auf ihr Schweigen hin und nickte zu ihrem Bein.

Asavi stemmte sich auf wackeligen Knien auf die Füße. Sie klammerte sich an die Fahrertüre des umgestürzten Vans und spuckte ein weiteres Mal aus.

»Nach was siehts denn aus? Du hast einen Engel über meinem Kopf in tausend Stücke geballert. Von deinen neun Schüssen hätten mich vier beinahe ebenfalls durchbohrt.«

Er legte den Kopf schief und ließ endlich die Waffe sinken. »Neun? Bist du sicher?«

Asavi starrte ihn stumm zurück an und lehnte sich gegen den Kleintransporter, um nicht wieder auf den Boden zu sinken.

Der Kerl verzog das Gesicht verstimmt, als sie nicht antwortete und entfernte das Magazin seiner Waffe mit einer flüssigen Bewegung. Er kniff die Augen leicht zusammen und zählte eigenhändig nach.

»Das ist doch wohl ein Scherz«, sagte Asavi und spuckte, wie sie hoffte, den letzten Rest des widerlichen Blutes auf die Straße. Selbst das Mundgefühl war scheußlich. Asavi hatte als Kind mit ihren ebenso dümmlichen Klassenkameraden ausprobiert, was passierte, wenn sie ihre Zunge auf die Kontakte einer Blockbatterie drückte. Saures Kribbeln. Das Blut rief einen ähnlichen Effekt hervor.

»Blöderweise hast du Recht.«

»Dass das ein Scherz ist?«

»Nein«, seufzte der Kerl und lud das Magazin zurück in die Waffe. »Es waren neun Schuss.«

»Spielt das denn eine Rolle?« Asavi blickte auf den toten Engel hinab und verzog angewidert das Gesicht. Sein dunkles Blut spülte vermischt mit dem Regen um ihre Stiefelsohlen, die leeren Augen waren allesamt weit geöffnet und seine langen, blassbraunen Haare verdeckten zum Glück sein menschliches Gesicht.

»Wie mans nimmt. Hast du Munition für die hier?« Er hielt untermalend seine Waffe in die Höhe, als gäbe es irgendeine Möglichkeit, dass Asavi nicht wusste, wovon er sprach.

»Nein«, gab sie zurück und sah sich nach ihrem eigenen Revolver um. Ohne dieses alltagstaugliche Erinnerungsstück ihres Großvaters hatte sie nicht vor, diese Kreuzung zu verlassen.

»Schade. Ich dachte, du würdest zu Joskas Klan hier in der Nähe gehören. Und wenn nicht zu dem ... vielleicht zu den Varai

»Was?« Asavi wandte ihm wieder den Blick zu und hielt sich das schmerzende Knie. Der Typ mochte keine akute Bedrohung darstellen, aber schlau wurde sie trotzdem nicht aus ihm.

[Sci-Fi/Fantasy] Starfall - Wenn der Himmel fälltWhere stories live. Discover now